Zweispannungsbordnetz

Von Fahrzeugen mit einem Zweispannungsbordnetz ist oft die Rede, wenn neben dem 12-V-Netz noch ein 48-V-Bordnetz vorhanden ist. Damit lassen sich sich ein Niedrigvolthybrid realisieren und bestimmte elektrische Verbraucher versorgen.

Vorteile Zweispannungsbordnetz
Auf einen Blick: Vorteile des 48-V-Bordnetzes und mögliche Einbauorte für die E-Maschinen eines 48-V-Hybridsystems. Da dieses unter der definierten Spannungsgrenze liegt, ab der man von Hochvolt spricht, entfallen aufwendige Sicherheits- und Qualifizierungsmaßnahmen, sowohl bei der Fahrzeugkonzeption/-produktion als auch im Werkstattservice. Bild: Schaeffler

Juni 2014: Seit einigen Jahren arbeiten Zulieferer wie das zu Schaeffler gehörende Unternehmen Continental, aber auch Valeo oder Delphi und TRW am 48-V-Bordnetz, das parallel zum 12-V-Bordnetz in Fahrzeuge Einzug halten soll.

Die Idee für ein zweites Bordnetz ist nicht neu

Vielen Kfz-Technikern ist sicher noch das in den späten 1990er und Anfang der 2000er Jahre diskutierte 42-V-Bordnetz in Erinnerung. Zur Serienreife gelangte es nie. Der damalige Grund, neben dem 12-V-Bordnetz ein zweites Netz ins Fahrzeug zu integrieren, war der stetig steigende Energiebedarf durch immer mehr Komfort- und Sicherheitssysteme sowie der zunehmende Elektrifizierungsgrad.

Zum Beispiel hielt zu dieser Zeit in vielen Modellen die elektrische Lenkung Einzug. ‚Brake by Wire’, die vollelektrische Bremse, wurde ebenfalls diskutiert. Somit lag der Gedanke nahe, energieintensive Komponenten wie Lenkung, Lüfter, Bremse, verschiedene Pumpen et cetera mit dem leistungsfähigeren 42-V-Netz zu betreiben. Damit einher wäre eine Reduzierung der Kabelquerschnitte und der Bauteilegröße gegangen – Stichwort ‚Ohmsches Gesetz’: Durch Anheben der Spannung lässt sich die Stromstärke verringern und somit der Leitungsquerschnitt reduzieren, ohne Einbußen bei der elektrischen Leistung hinnehmen zu müssen.

Prinzip / Grafik Zweispannungsbordnetz
Duale Netzstruktur: Die Spannungsversorgung des herkömmlichen Bordnetzes stellt das 48-V-Netz sicher. Dazu transformiert der Gleichspannungswandler (DC/DC-Wandler) die vom 48-V-Generator erzeugte Spannung auf eine Niveau von 12 bis 14 V. Bild: Krafthand

Doch trotz gleichbleibender beziehungsweise gar höherer Leistungswerte ist das 42-V-Konzept gescheitert. Nicht zuletzt aus Kostengründen. Außerdem standen zum damaligen Zeitpunkt als wirtschaftliche Batterietechnologie nur herkömmliche Blei-Säure-Akkus zur Verfügung.

Gegenwart: 48 V pusht Rekuperation

Bei dem seit geraumer Zeit diskutierten und parallel zum 12-V-Bordnetz angedachten 48-V-Bordnetz können die Entwickler inzwischen auf die leistungsfähigeren und damit vergleichsweise kompakteren Lithium-Ionen-Akkus zurückgreifen. Darüber hinaus ist der Ansatz für das seit etwa 2011 von verschiedenen Zulieferern propagierte 48-V-Netz im Vergleich zu dem vor Jahren diskutierten 42-V-System ein anderer – wenn auch Parallelen bestehen. In erster Linie soll es höhere Rekuperationsleistungen und eine kostengünstige Hybridisierung ermöglichen.

Einerseits hat ‚48 V’ den Vorteil, unterhalb der kritischen 60-V-Grenze zu liegen – dem Gleichspannungswert, ab dem man von Hochvolt spricht und ab dem aufwendige Sicherheitsvorkehrungen vorhanden sein müssen, damit ein Fahrzeug eigensicher hinsichtlich der elektrischen Gefährdung ist. Andererseits jedoch ermöglicht das 48-V-Spannungslevel elektrische Leistungen, die einen elektrischen Zusatzantrieb erlauben. Die Anfangsidee für 48 V zielt(e) allerdings auf die Ausweitung der Start/Stopp-Funktion und das Anheben der Rekuperationsleistung ab. Schließlich lässt sich mit einem 48-V-Generator deutlich mehr Bremsenergie zurückgewinnen als mit einer 12-V-Lichtmaschine.

Das eröffnet folgende Perspektiven: Komponenten wie Lenkung, Lüfter, elektrische Zuheizer und andere leistungsintensive Systeme können mit 48 V effizienter betrieben werden, bei gleichzeitig geringen Kabelquerschnitten und Bauteilabmessungen. Denkbar ist mit 48 V auch, den riemengetriebenen Klimakompressor durch einen elektrischen Verdichter (12 V würden dafür nicht ausreichen) zu ersetzen, wodurch dem Motor nicht mehr so viel Nebenantriebsleistung abverlangt wird.

Außerdem: Mit 48 V lassen sich elektrisch angetriebene Verdichter zum Aufladen des Motors realisieren, die 12-V-Ladern und konventionellen Abgasturboladern überlegen sind.

48 V pusht Start/Stopp

Hinzu kommt noch ein weiterer Aspekt, der sich durch die höhere Spannung ergibt: So arbeiten die Entwickler daran, den Motor nicht nur bei Ampelstopps, sondern auch in höheren Geschwindigkeiten automatisch über das Start/Stopp-System abzustellen – Stichwort ‚Segeln’: Immer dann, wenn der Fahrer kein Gas gibt und es die Betriebsbedingungen zulassen, wird der Verbrennungsmotor abgestellt und vom Antriebsstrang entkoppelt. Somit gleitet das Fahrzeug im Segelmodus de facto ohne Motorbremsmoment und Kraftstoffverbrauch dahin. Voraussetzung dafür: Systeme wie Bremskraftverstärkung, Klimaanlage und Lenkung müssen zwingend elektrisch und somit unabhängig vom Verbrennungsmotor arbeiten.

Prototyp Zweispannungsbordnetz
Prototypen: Hauptkomponenten des 48-V-Netzes sind der Generator, der Spannungswandler und die Batterie. Bild: Schmidt

Diese Ausweitung des Start/Stopp-Modus auf höhere Geschwindigkeiten gekoppelt mit der höheren Rekuperationsleistung durch 48 V soll letztendlich zu einer deutlichen Kraftstoffersparnis führen. Von etwa 15 bis 20 Prozent ist die Rede.

Niedrigvolthybrid

Noch mehr Perspektiven hinsichtlich CO2-Ersparnis als die erwähnten Features verspricht ein 48-V-Elektroantrieb, der den Verbrennungsmotor beim Antrieb unterstützt. Sogar ein echtes Vollhybridauto soll damit möglich sein. Wie Experten von Continental in Wolfsburg darlegten, genügt die Leistung des 48-V-Systems nicht nur zum Boosten, sondern auch für elektrisches Fahren in niedrigen Geschwindigkeiten. Auch wenn diese Leistungen nicht an die eines Hochvoltsystems heranreichen – zu einer Kraftstoffersparnis oder je nach Systemauslegung zu einer verbesserten Fahrdynamik und Agilität trägt der 48-V-Elektroantrieb auf jeden Fall bei.

Für die auch als ‚Niedrigvolthybriden‘ bezeichneten Fahrzeuge mit 48-V-Elektroantrieb gibt es verschiedene Ansätze. So besteht wie bei Hochvolt-Hybridfahrzeugen die Möglichkeit, eine (mit)antreibende E-Maschine an der Hinterachse oder am Getriebe zu platzieren. Eine dritte Variante: Der E-Motor wird am Verbrennungsmotors platziert. Bei diesem Konzept handelt es sich um einen in den Riementrieb integrierten Starter/Generator. Bei entsprechender Gestaltung des Riementriebs kann er nicht nur als Starter, sondern auch als Booster dienen. In diesen Phasen überträgt der Riemen das vom Starter/Generator erzeugte Drehmoment an die Kurbelwelle. Der Verbrennungsmotor wird damit zum Spritsparen entlastet.

Oder: Das höhere Gesamtdrehmoment trägt zu besseren Fahrleistungen bei, ohne die Verbrauchswerte negativ zu beeinflussen.

Zuletzt Aktualisiert am 02.05.2024