Der eTrailer von Trailer Dynamics (im Bild der Krone eCool-Liner, inklusive Celsioneo e-Aggregat) verfügt über eine eigene, intelligente eAchse. Sie rekuperiert und sorgt für zusätzliche Energie. Bilder: Georg Blenk
Im Gespräch mit Jochen Mählmann, Trailer Dynamics

„Wir haben eine große Verantwortung“

Jochen Mählmann hat eine Doppelfunktion. Er ist Leiter Konzernstrategie-Nutzfahrzeuge bei der Bernhard Krone Holding sowie seit Januar 2022 Managing Director beim Start-Up Trailer Dynamics. Er ergänzt im jungen Eschweiler Unternehmen das Management-Team rund um Abdullah Jaber und Michael W. Nimtsch. Krone ist einer der weltweit führenden Unternehmen im Trailerbau. Trailer Dynamics hat sich auf die Fahnen geschrieben, den Trailer neu zu definieren – weg von der rein gezogenen Einheit, mit dem eTrailer hin zu einem aktiv eingebundenen Transportsystem. Das Ziel: Eine deutliche Senkung der Schadstoffemissionen und die Steigerung der Gesamtperformance. Krafthand-Truck hat mit Jochen Mählmann über die Güterverkehrsbranche, die Technik und den ‚Menschen‘ gesprochen.

Sehr geehrter Herr Mählmann, wie sieht Ihre Bilanz nach der IAA-Transportation aus?

Der große Andrang während der Messe und die damit verbundene hohe Zahl an Reservierungen, haben den technisch innovativen und wirtschaftlich sinnvollen Charakter des eTrailers voll bestätigt.

Ein zentraler Schwerpunkt auf der Messe waren ehedem die alternativen Antriebe. Es gab quasi ein Feuerwerk an Neuvorstellungen. Dennoch bleiben viele Fragen offen, beispielsweise zur Ladeinfrastruktur oder zur Produktion von grünem Strom. Wie sehen Sie die weitere Entwicklung?

Die technologieoffene Herangehensweise hat zu einer Vielzahl an Neuvorstellungen alternativer Antriebe geführt. Diese Entwicklung begrüße ich sehr. Der Ausbau der Ladeinfrastruktur wird jedoch weiterhin der Engpass, was die Skalierung der Lösungen angeht, bleiben. In unseren Gesprächen mit den Kunden evaluieren wir gemeinsam genau, auf welcher Strecke welcher eTrailer in der richtigen Konfiguration sinnvoll einsetzbar ist. Hierfür haben wir ein fundiertes Analyse-Tool auf der IAA eingesetzt, um die eTrailer-Konfiguration mit der vorhandenen Ladeinfrastruktur und dem Use Case unserer Kunden zu synchronisieren.

 

Jochen Mählmann auf der IAA Transportation.

Zur Person

Jochen Mählmann (40) ist studierter Wirtschaftsingenieur. Nach Stationen bei ZF in China und Claas startete er 2006 bei Krone. Hier leitete er kurz darauf die Logistik der gesamten Nutzfahrzeug Gruppe. Heute ist Mählmann, der als gut vernetzt gilt, Leiter der Konzernstrategie Nutzfahrzeuge. Auf der einen Seite richtet er gemeinsam mit dem Krone-Vorstand die Nutzfahrzeug-Gruppe strategisch auf die Zukunft aus und fädelt auf der anderen Seite strategische Partnerschaften ein. Im Fall von Trailer Dynamics begleitet er auch die Partnerschaft in der Umsetzung. Jochen Mählmann ist verheiratet und hat zwei Kinder.

 

Wie würden Sie Ihren eigenen, beruflichen Antrieb beschreiben?

Ich freue mich in einer Zeit zu leben, in der die Bedeutung der Nachhaltigkeit auf technologische Lösungen trifft, die es ermöglichen einen Weg zur CO2-armen Logistik zu gestalten. Dadurch hat insbesondere meine Generation aktuell eine sehr große Verantwortung entsprechende Lösungen auch umzusetzen, um einen wesentlichen gesellschaftlichen Beitrag zu leisten. In der Strategie von Krone forcieren wir stark die Themen Digitalisierung, Automatisierung und Elektrifizierung. Am Beispiel Trailer Dynamics bedeutet dies operationalisiert: Jeder eTrailer spart gegenüber einem konventionellen Trailer in Verbindung mit einer Dieselsattelzugmaschine, mindestens 20t CO2 im Jahr ein. Durch den Markthochlauf des eTrailers reduzieren sich so die Mengen an CO2 signifikant.

Privat stellen Sie sich ebenfalls hohen Herausforderungen, sie sind leidenschaftlicher Kletterer. Gibt es Parallelen zum Berufsleben?

Ja, es gibt viele Parallelen. Die wichtigste Erkenntnis für mich ist, dass eine gute Planung wichtig ist und vieles im Vorfeld absichert. Dennoch muss man flexibel bleiben, um beispielsweise auf unvorhersehbare Wetterumschwünge reagieren zu können. Genauso wichtig wie die Planung ist einfach anzufangen und die offenen Fragen zu klären.

Es ist wichtig einfach anzufangen und offene Fragen zu klären.

Wie gelingt Ihnen in Ihren Positionen im Tagesgeschäft der Spagat zwischen einem Großunternehmen wie Krone und dem ‚Start-up‘ Trailer Dynamics?

Wir haben uns bei Krone bewusst dafür entschieden bei wichtigen Themen in einer Art dualem Betriebssystem zu arbeiten. Das managementgesteuerte Großunternehmen sichert dabei vieles ab und ist stark in der industriellen Skalierung. Das Schnellboot – hier das ‚Start-up‘ Trailer Dynamics – nimmt die Abkürzungen und geht auch mal bewusst Risiken ein. Beide Systeme haben ihre Relevanz und müssen an der Schnittstelle gesteuert werden. Im Übrigen: Diese Art der Zusammenarbeit macht die Kooperation Krone und Trailer Dynamics so erfolgreich.

Der eTrailer dient mit seiner e-Achse als Range-Extender für Diesel- und E-Lkw (BEV/FCEV), kann beispielsweise ein elektrisches Kühlaggregat versorgen oder als Energiespeicher verwendet werden. Aber der eTrailer darf (noch) nicht aktiv für zusätzlichen Vortrieb des Gespanns sorgen?

Genau richtig. Der eTrailer besitzt einen nachgelagerten Antriebsstrang und unterstützt die Sattelzugmaschine, er schiebt die Sattelzugmaschine aber nicht an. Alle regulatorischen Einordnungen für den Straßenbetrieb und auch unsere Entwicklung fokussieren sich voll auf dieses Sze-
nario. Perspektivisch entstehen natürlich durch den Antriebsstrang im eTrailer neue Möglichkeiten des Rangierens auf nicht öffentlichen Betriebshöfen.

 

Das modulare Batteriesystem (Lithium-Eisen-Phosphat) ist zentral unter dem Leiterrahmen des eTrailers platziert.

 

Kürzlich ist Trailer Dynamics eine Kooperation mit dem chinesischen Batteriehersteller CATL eingegangen. Wie sieht die zukünftige Zusammenarbeit aus?

CATL ist für Trailer Dynamics ein strategisch sehr wichtiger Partner. Vor allem beim Anlauf der Serienproduktion gilt es, jeden Schritt eng abzustimmen. Zusätzlich werden wir die Auswirkungen bei der Entwicklung der Batterietechnologie für den eTrailer eruieren. Zudem möchten wir die Möglichkeiten von Batterie-Swapping für eTrailer validieren.

 

Battery-Swapping

Battery-Swapping bezeichnet eine Vorgehensweise, bei der eine entladene Batterie an einer lokalen Batterie-Wechselstation gegen eine voll aufgeladene Batterie ausgetauscht wird. Es entfällt der Schnellladevorgang, die Batterie kann schonender wieder aufgeladen werden. Damit verlängert sich die Lebensdauer, der Lkw ist mit geladener Austausch-Batterie sofort wieder einsatzbereit.

 

Eine weitere, zentrale Herausforderung der Straßengüterverkehrs-Branche ist der Mangel an Nachwuchskräften. Ich denke hier an Lastkraftfahrer(innen) und Nfz-Mechatroniker(innen). Wie begegnen Sie dem Thema bei Krone und Trailer Dynamics?

Auf der einen Seite müssen diese Berufe attraktiver gemacht werden. Auf der anderen Seite werden die Automatisierung und Digitalisierung die Auswirkungen des Fahrermangels abfedern. Daher haben Krone und Fernride eine strategische Kooperation vereinbart. Um den Service der Zukunft durch Nfz-Mechatroniker sicherzustellen, tauschen sich Krone und Trailer Dynamics eng zu den Anforderungen der Mitarbeiter aus.

Krone richtet schon jetzt sein Servicenetz, welches auch Trailer Dynamics zur Verfügung steht, auf die Zukunft aus.

Abschließend sei mir noch eine persönliche Frage erlaubt: Über was haben Sie sich kürzlich am meisten geärgert, über was am meisten gefreut?

Eigentlich ärgere ich mich sehr wenig. Als Imker war ich jedoch kürzlich etwas verärgert, als Wespen eins von meinen Bienenvölkern überfallen wollten. Das Bienenvolk war jedoch so stark, dass sie den Überfall letztlich gut abwehren konnten. Am meisten gefreut habe ich mich vor kurzem, als ich nach der wirklich erfolgreichen IAA Transportation, mit einem tollen Kundenfeedback, wieder meine Familie sehen konnte.

 

Hintergrund: Die Kooperation zwischen Krone und Fernride

Um die Automatisierung von Logistik- und Transportlösungen, vor allem im Bereich der Trailer voranzutreiben, haben der Nutzfahrzeugspezialist Krone und Fernride, ein Innovationstreiber für autonome und teleoperierte Transportlösungen, kürzlich eine strategische Partnerschaft vereinbart. Im Rahmen dieser Zusammenarbeit soll ein automatisierter Trailer entwickelt werden, der zunächst die wichtigen Sekundärfunktionen, wie etwa den Kuppelvorgang, das Schließen von Türen oder die sensorische Umfeldanalyse automatisch umsetzt. Ein speziell ausgebildeter Teleoperator kann sich im Transportprozess zukünftig somit ganz auf die Betreuung der ihm zugewiesenen autonomen Zugfahrzeuge konzentrieren. Wohlgemerkt: Das ganze läuft auf dem Betriebshof.

 

Den Beitrag finden Sie auch in der Print-Ausgabe 4-2022 der Krafthand-Truck.