Vorsicht Falle!
Fällt ein Turbolader aus, liegt es in den seltensten Fällen am Lader selbst. Fast immer st er das ‚Opfer‘. Ein neuer Turbo löst daher das Problem nicht. Allerdings verrät meist ein typisches Schadensbild, woran der Turbolader tatsächlich ‚gestorben‘ ist, sagen die Turbolader-Spezialisten von BE Turbo. Sie haben das KRAFTHAND-Truck an zwei ebenso eindeutigen wie kuriosen Schadensfällen aus der Praxis gezeigt.
Turboladerschäden werden leider nicht immer richtig diagnostiziert. Das ist nicht nur ostenaufwendig, sondern verärgert auch den Kunden, denn insbesondere bei Nutzfahrzeugen bedeutet dies weitere – und vor allem unnötige – Werkstattaufenthalte“, weiß Wolfram Kotte, Leiter Technik bei BE Turbo (www.be- turbo.de) in Lingen an der Ems. Kotte befasst sich nach eigenem Bekunden nicht nur mit ‚Spezialfällen‘, sondern ist bei dem Lingener Turbolader- Distributor auch für Schulungen und Praxistrainings zuständig. In diesen gibt er sein über Jahre angehäuftes Experten- Know-how an Werkstattfachleute weiter. Bei einem Turboladerschaden könne man nahezu immer davon ausgehen, dass der Turbolader selbst nicht die Ursache für den Ausfall ist, „sondern immer das Opfer“, so die Erfahrung des Fachmanns.
Nie ohne Ursachenforschung
„Der Turbolader ist im Prinzip eine simple Luftpumpe: Er verdichtet zugeführte Luft und leitet sie komprimiert weiter. Damit er einwandfrei funktionieren kann, braucht er Abgas, das möglichst frei von Partikeln, Schmutz und Kühlmittel ist, sowie partikelfreies Öl unter ausreichendem Druck zur Schmierung. Außerdem benötigt er große Mengen an Frischluft – und diese möglichst frei von Öldämpfen und Partikeln aus der Motorentlüftung“, bringt es Kotte pragmatisch auf den Punkt. Seien diese Voraussetzungen nicht gegeben, falle der Turbolader zwangsweise und innerhalb kürzester Zeit aus. Dann nütze es nichts, nur den defekten Lader zu ersetzen. „Der Werkstattfachmann muss in jedem Fall herausfinden, warum der Turbolader ausgefallen ist. Da hilft nur suchen. Allerdings verrät uns der defekte Lader meist schon aufgrund des Schadensbildes die ‚Todesursache‘ – wenn man die Hinweise richtig zu deuten weiß“, konstatiert der Turbolader-Profi. Doch dies verlange Know-how und Erfahrung. „Eine gründliche Schadensanalyse lohnt in jedem Fall. Denn sie kostet nur einen Bruchteil der Zeit, die man investieren muss, um den Turbo erneut zu ersetzen. Außerdem haben wir so einen zufriedenen Kunden – und unsere Kompetenz unter Beweis gestellt“, weiß Kotte.
Täuschender ‚Ölverlust‘
Ein Schadensbild, das Werkstattprofis nach Kottes Erfahrung immer wieder ins Schleudern bringt, sind Ölspuren. Insbesondere, wenn diese schon beim ursprünglichen, ‚defekten‘ Turbolader festgestellt wurden – und nach dem Turbotausch erneut auftreten. Kotte zitiert das Beispiel einer Werkstatt, die be-
reits zum dritten Mal den Lader wegen ‚Ölaustritts auf der Verdichterseite‘ getauscht hatte und erst dann technischen Rat bei BE Turbo suchte. Bei der Befundung des ritten, nach kurzer Laufzeit erneut getauschten Turboladers präsentierte sich dessen Verdichterrad tatsächlich mit deutlichen Ölspuren auf den Schaufeln. Zudem lief Öl aus dem Lufttrichter. „Aus dieser Seite des Verdichtergehäuses ann aber kein Öl austreten, solange die Turbinenwelle in Ordnung, sprich: nicht ebrochen ist.
Denn dies ist die Saugseite des Turboladers“, erklärt Kotte. Die Ölversorgung des Turboladers erfolgt über den Motorölkreislauf. Öl ist deswegen lediglich in der Rumpfgruppe des Laders zu finden – und das auch nur, wenn der otor läuft. Gleichzeitig liegt Abgas an und die Turbinenwelle rotiert. „Die Fliehkraft schleudert das Öl nach außen. Überwindet es den verdichterseitigen Kolbenring, trifft es auf die Rückwand des Verdichterrades und wird von dort in den Verdichterausgang katapultiert, bis es schließlich im Ladeluftkühler landet“, erklärt Kotte. Durch die angesaugte Frischluft geraten die Öltröpfchen in einen starken Sog. „Deshalb kann es bei intakter Turbinenwelle nie zu einem Ölaustritt aus dem Lufttrichter des Verdichterrades kommen. Das in unserem Beispielfall sichtbare Öl stammt nämlich tatsächlich aus der Motorentlüftung“, stellt otte fest. Er rät in einem solchen Fall, unbedingt den Kurbelgehäusedruck zu prüfen, Beispielsweise mit der von BE Turbo angebotenen Schlauchwaage. „Man kann den Weg es Öles durch den gesamten Verbrennungstrakt verfolgen: am Turbinenausgang passen sich Spuren unverbrannten Öls erkennen, am Schalldämpferausgang sind deutliche Verkrustungen durch abgelagerte Ölkohle zu sehen“, erläutert der Turboladerspezialist. Da der Motor das Öl mitverbrennt, kann sich die entstehende
Asche im Dieselpartikelfilter oder Katalysator ablagern und so den Abgasgegendruck erhöhen, was laut Kotte in der Folge ebenfalls zum sicheren ‚Turbolader-Tod‘ führt.
Den Beitrag finden Sie auch in der Print-Ausgabe 1/18 der Krafthand-Truck.
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