Nicht jede Ursache eines Klimaanlagendefekts offenbart sich dem Nutzfahrzeug-Profi auf den ersten Blick. Manchmal ist ‚um die Ecke denken‘ angesagt. Bild: Mahle
Nfz-Technik

Tipps bei Problemen mit der Klimaanlage – Behalten Sie einen kühlen Kopf!

Durch Routine und eine ‚Das haben wir schon immer so gemacht‘-Mentalität passieren immer wieder Fehler, die zu unnötigen Problemen mit dem Kunden und teuren Folgekosten führen. Das gilt auch bei Service- und Reparaturarbeiten an der Klimaanlage. Oftmals sind es nur kleine Fallen, in die selbst versierte Werkstattprofis tappen.

Klimaservice ist Ganzjahresgeschäft

Das Geschäft mit dem Klimaservice hat sich aufgrund der hohen Ausstattungsquote längst vom Saison- zum Ganzjahresgeschäft entwickelt. Nichtsdestotrotz gibt es saisonale Hochs und Tiefs, was den Bedarf an Klimaarbeiten anbelangt. Eine typische Klima-Hochzeit ist das Frühjahr, wenn viele Lkw-Fahrer ihre Klimaanlagen mit steigenden Außentemperaturen aus dem Winterschlaf erwecken. Spätestens jetzt ist so mancher überrascht, wenn ihm nur ein laues Lüftchen aus der auf ‚MAX‘-gestellten Aircondition entgegenweht. Eine klassische Beanstandung, die sich jedoch nicht immer mit klassischen Methoden beheben lässt. Manchmal ist ‚um die Ecke denken‘ angesagt.

Der Filtertrockner – oft vergessen

Wird beim Klimaservice häufig vergessen, der Filtertrockner. Ist sein Filterkissen mit Feuchtigkeit gesättigt, kann es sich auflösen. Die dabei entstehenden harten Partikel verteilen sich im Kältemittelkreislauf und können sogar einen Kompressor-Totalschaden verursachen. Bild: Kuss

Die Kälteleistung lässt im Fahrbetrieb zeitweise stark nach und fällt schließlich ganz aus, um dann auf wundersame Weise wieder einzusetzen, nachdem der Motor kurz abgestellt war. Die Problembeschreibung ist typisch für einen temporäres Vereisen des Verdampfers und/oder des Drosselventils. Beim Abstellen taut die Stauwärme des Motors das Eis auf und die Aircondition funktioniert wieder einwandfrei – bis zur nächsten Vereisung. Ursächlich ist ein zu hoher Feuchtegehalt im Kältemittel. Beim Drucktest mit dem Servicegerät verhält sich der Niederdruck üblicherweise normal und der Hochdruck meist ähnlich, mit der Tendenz, den oberen Grenzwert zu überschreiten. Außerdem schwankt die Ausblastemperatur deutlich.
Die Ursache für den hohen Feuchtegehalt im Kältemittelkreislauf kann ein überalterter Filtertrockner/Akkumulator sein. Der sollte nicht nur Schmutzpartikel, die mit dem Kältemittel zirkulieren, auffangen, sondern in seinem hygroskopischen (wasseranziehenden) Trocknermedium die im System befindliche Feuchtigkeit binden. Allerdings kann er nur eine gewisse Menge Feuchtigkeit aufnehmen. Ist der Sättigungspunkt überschritten, zirkuliert die überschüssige Feuchtigkeit im System. Wenn sich das Kältemittelgas schließlich im Drosselventil oder im Verdampfer entspannt, kommt es zur beschriebenen Fehlfunktion. Klimafachleute raten deshalb, den Filter-Trockner/Akkumulator spätestens alle zwei Jahre, in jedem Fall aber nach einem Öffnen des Kältemittelkreislaufs, zu ersetzen.

Gerne übersehen: der Kondensator

Der Klimakondensator wird mitunter von Steinen, Insekten oder gar Vögel getroffen. Manchmal verursachen sie sogar ein Loch im Kühlernetz, was an austretendem Kompressoröl zu sehen ist. Bild: Kuss

Klima-Kondensatoren (Klima-Kühler) können zwei Probleme haben: Undichtigkeiten und Verstopfungen. Da sie im ‚Einschussbereich‘ von Fremdkörpern wie Steinen, Insekten oder auch Vögeln liegen, kommt es immer wieder zu Beschädigungen und Undichtigkeiten. Aufgewirbelte Gegenstände können ein Loch in das Kühlernetz schlagen, so dass das Kältemittel sofort entweicht. Andererseits verletzen sie den Korrosionsschutz der meist aus Aluminium bestehenden Komponente, so dass sie im Laufe der Zeit zu oxidieren beginnt, was schließlich im Lochfraß endet. In einem solchen Fall kommt es meist zu einem schleichenden Kältemittelverlust. Wird bei einem Klimaservice ein Lecksuch-Additiv beigegeben, lassen sich Leckagen mit der UV-Lampe schnell und unkompliziert lokalisieren.
Speziell bei Fernverkehrs- und Baustellen-Lkw machen auch ins Kühlernetz eingedrungener Straßenschmutz, Plastiktüten oder Papierfetzen Probleme, da der Kondensator meist vor dem Kühlmittelkühler verbaut ist. Die unfreiwillige Blockade behindert die Wärmeabgabe am Kondensator, was die Kühlleistung im Extremfall drastisch verschlechtert. Der Fahrer bemängelt typischerweise, dass die Klimaanlage bei sehr hohen Außentemperaturen und besonders bei längerem Stop-and-Go-Verkehr nur ein laues Lüftchen produziert, während sich die Kühlleistung bei schnellerer Überland- oder Autobahnfahrt merklich verbessert. Möglicherweise ist dem Trucker auch aufgefallen, dass der Kondensatorlüfter häufiger als früher läuft oder seit geraumer Zeit bei betriebswarmem Motor sogar permanent arbeitet. Klimaprofis können dies an den Anlagendrücken nachvollziehen: Üblicherweise ist sowohl der Hoch- als auch der Niederdruck zu hoch. Auch mit einer Messung der Ausströmtemperatur an den Mittenausströmern lässt sich das Verhalten verifizieren: Nach anfänglichem Kühlen steigt die Temperatur auf die Umgebungstemperatur. Ein zugesetzter Kondensator lässt sich durch vorsichtiges Ausblasen mit Druckluft entgegen der Einströmrichtung reinigen.

Mangelnde Schmierung und Abrieb

Um nach einem Kompressorschaden den neu eingebauten Verdichter vor schädlichen Partikeln zu schützen, sollte man sicherheitshalber ein engmaschiges Feinsieb in die Ansaugleitung einsetzen. Bild: Kuss

Häufig sind Probleme mit der Schmierung für einen Totalschaden des Kompressors verantwortlich. Bei mangelnder Schmierung entsteht Abrieb, von feinsten Metallpartikeln bis hin zu handfesten Spänen, die sich, solange der Kompressor noch läuft, im Kältemittelkreislauf verteilen. Vor dem Einbau eines neuen Verdichters muss man diese schädlichen Partikel restlos entfernen. Andernfalls drohen in der Folgezeit Funktionsstörungen, im Extremfall sogar ein neuerlicher Kompressor-Totalschaden.
In der Praxis haben sich drei Reinigungsmethoden etabliert: Ausblasen mit Stickstoff, Spülen mit Kältemittel und Reinigen mit chemischen Reinigungsmitteln. Die Methoden unterscheiden sich sowohl in ihrer Wirksamkeit als auch in der Handhabung, zudem sind sie unterschiedlich zeit- und kostenaufwändig. In jedem Fall muss man die Anlage öffnen, um sämtliche Bauteile und Leitungsabschnitte einzeln und entgegen der Kältemittel-Flussrichtung reinigen zu können. Komponenten wie Kompressor, Filtertrockner/Akkumulator, Leitungsfilter, Expansionsorgan (Expansionsventil beziehungsweise Festdrossel, auch: Orifice-Tube, Harrison-Ventil) sowie Kondensatoren und Verdampfer in ‚Multi-Pass‘- / ‚Multi-Flow‘-Bauweise, lassen sich allerdings nicht reinigen und sind daher in jedem Fall zu ersetzen.
Klima-Profis, die auf Nummer sicher gehen möchten, bauen zusätzlich auf der Saugseite des Kompressors ein feinmaschiges Filtersieb ein, welches vagabundierende Schmutzpartikel zurückhält, bevor sie in den Verdichterraum gelangen. Je nach Verschmutzung empfiehlt es sich das Schutzsieb mehrfach zu ersetzen und dabei die Maschenweite schrittweise zu verringern.

‚No-Go‘: Füllen undichter Anlagen zur Fehlersuche

Zu den typischen Werkstatt-Sünden gehört es, bei mangelnder Kälteleistung nach der Winterpause der Klimaanlage, ohne vorgeschaltete Leckage-Prüfung im Automatikmodus des Servicegeräts einen Klimaservice vorzunehmen. Dabei wird das Kältemittel abgesaugt, häufig ohne die Ist-Füllmenge genauer zu beachten. Nach dem Auffüllen der korrekten Menge läuft die Anlage zwar wieder, aber nur so lange, bis erneut zu wenig Kältemittel im Kreislauf ist. Ein solches Vorgehen ist klar verboten. Das Gesetz schreibt vor, ein mögliches Leck zuerst mit einem geeigneten Produkt wie einem UV-Kontrastmittel aufzuspüren oder eine Druckprüfung mittels Stickstoffs, oder Einsatz von Formiergas durchzuführen. Wird eine Leckage festgestellt, muss sie behoben werden, danach erfolgt erneut eine Dichtheitsprüfung. Erst dann wird mit neuem Kältemittel aufgefüllt.
Bei einem Mikro-Leck empfiehlt es sich, mit einem Spezialadapter prophylaktisch UV-Kontrastmittel einzufüllen, um die spätere Lecksuche zu erleichtern. Solange der Kompressor noch arbeitet, zirkuliert das Lecksuch-Additiv mit dem Kältemittel und verteilt sich in der gesamten Anlage. Undichtigkeiten, speziell auch Mikro- und Vibrationslecks, lassen sich dann mit der UV-Lampe anhand der deutlich sichtbaren Austrittsspuren entlarven.

Tipp: Bei einem schleichenden Verlust von Kältemittel auch den Dichtring der Kompressor-Antriebswelle prüfen!

Vorsicht Hochspannung!

Die Zulassungszahlen von batterieelektrischen Nutzfahrzeugen gemessen am Gesamtbestand bewegen sich noch auf niedrigem Niveau, doch der Anteil steigt stetig. Grundsätzlich entspricht der Aufbau der Klimaanlagen und der Komponenten jenen von Verbrennern. E-Fahrzeuge verdichten jedoch das Kältemittel bauartbedingt nicht mit einem riemengetriebenen Kompressor, sondern mit einer elektrisch angetriebenen Variante. Die hat zur Folge, dass ein spezielles, nicht-leitendes, kurzschlussfestes Kompressoröl benötigt wird. Das heißt, beim Wechsel auf ein E-Kompressoröl muss das Klimaservicegerät gespült werden, damit keine gefährliche Quervermischung erfolgt. Üblicherweise ist dieser Spülvorgang in der Gerätesoftware hinterlegt, muss aber vom Anwender aktiv angestoßen werden.

 

CO2-Klimaanlagen (R744)

Nutzfahrzeug-Werkstätten, die sich mit dem Service an CO2-Busklimaanlagen beschäftigen, benötigen ein entsprechendes Servicegerät. Im Bild das vollautomatische „ADS 340“ von AVL Ditest. Bild: AVL Ditest

Klimaanlagen von Pkw und Lkw unterscheiden sich in der Kältemittelfüllmenge und der Dimension der Komponenten. Nach derzeitigem Stand der Technik ist es jedoch unwahrscheinlich, dass es der Nutzfahrzeugprofi beim Klimaservice auch mit dem Kältemittel R744, also CO2, zutun bekommt. Dies gilt zumindest für die Fahrzeugklimaanlage, nicht für die Aufdach-Klimaanlagen von Bussen im ÖPNV.
CO2-Klimaanlagen neigen konstruktionsbedingt und aufgrund der höhere Drücke Im Klimakreislauf zu Undichtigkeiten, speziell, wenn Vibrationen im Spiel sind. Zudem ist anzunehmen, dass es noch dauern wird, bis sich batterieelektrische- sowie Brennstoffzellen-Lkw mit Wärmepumpe auf unseren Straßen bewegen. Dann jedoch kommt kein Lkw-Mechatroniker mehr umhin, sich mit R744 zu befassen. Die CO2-Wärmepumpe ist prädestiniert dafür, eingebettet in das Thermomanagementsystem eines BEV/FCEV, die Temperatur in der Kabine, die der Brennstoffzelle und der Batterien zu organisieren.
In Bus-Werkstätten dagegen gehört ein R744-Klimaservicegerät schon heute immer öfter zur Grundausstattung. Elektrobusse wie der Mercedes-Benz eCitaro oder der Urbino von Solaris nutzen das klimafreundlichere Naturgas zum Heizen und Kühlen des Fahrgastraums.

Den Beitrag finden Sie auch in der Print-Ausgabe 1-2024 der Krafthand-Truck.