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TIP Trailer Services: Krafthand-Truck im Gespräch mit Oliver Bange

Oliver Bange ist Vice President in der Central Region bei TIP Trailer Services, einem international tätigen und herstellerunabhängigen Vermieter und Dienstleister für die Transport- und Logistikbranche. Das Angebot von TIP erstreckt sich neben der Beschaffung und Vermietung von Nutzfahrzeugen über die Wartung und Reparatur bis hin zum Wiederverkauf von gebrauchten Zugmaschinen, Aufliegern und Spezialfahrzeugen. Hinzu kommen ein eigenes Werkstattnetz sowie mit ‚TIP Insight‘ entsprechende Telematik-Lösungen. Seit 2019 gehört die PEMA GmbH ebenfalls zum Unternehmen. Wir haben mit Oliver Bange über Persönliches, die Nutzfahrzeugbranche im Allgemeinen und über TIP als Dienstleister gesprochen.

„Wir investieren jedes Jahr umfangreich in unsere Flotte und bauen unser Niederlassungs- und Werkstattnetz weiter aus“, so Oliver Bange.

Sehr geehrter Herr Bange, wie groß ist aktuell die Mietfahrzeugflotte in Ihrer Region und wie viele Mitarbeiter(innen) beschäftigt TIP aktuell?

Unsere Mietflotte in der Central Region, dazu gehören die DACH-Region sowie Polen, Tschechien und Rumänien, umfasst aktuell rund 24.000 Motorfahrzeuge, Auflieger und andere Transportmittel. Unser Portfolio ist sehr breit aufgestellt und beinhaltet ebenfalls Spezialfahrzeuge für unterschiedliche Branchen – Bau-, Agrar- und Kommunalsektor beispielsweise. Durch unsere Marktpräsenz und unsere enge Partnerschaft mit den namenhaften Herstellern, ist es uns möglich, auch individuelle Kundenfahrzeuge anzuschaffen. Hier stellen wir gemeinsam mit dem Kunden und dem Hersteller die passenden Spezifikationen zusammen. In diesem Zusammenhang sind auch Fahrzeuge und Auflieger in Kundenbeschriftung möglich. Es steht nicht immer TIP drauf, wo auch TIP drinsteckt. Wir investieren jedes Jahr umfangreich in unsere Flotte und bauen unser Niederlassungs- und Werkstattnetz weiter aus. Natürlich wächst da auch unsere TIP-Familie. Aktuell sind wir etwa 750 Kolleginnen und Kollegen in der Region.

„In turbulenten Zeiten halten mich meine Familie und Freunde immer im Lot.“

Sie haben mit unterschiedlichsten Menschen, mit unterschiedlichsten Ausbildungsbiografien zu tun. Wie würden Sie Ihren Führungsstil beschreiben?

Wir verstehen uns bei TIP als eine Einheit, die nur gemeinsam ihre Ziele erreichen kann. Ich bin der Meinung, dass ein Unternehmen nur durch seine Mitarbeiter(innen) erfolgreich ist. Das klingt nach einem schönen Werbespruch, wird bei TIP aber tatsächlich gelebt. Wir haben eine offene Unternehmenskultur und flache Hierarchien. Als Geschäftsführer, versuche ich meine Verbindung zur Basis immer aufrechtzuerhalten. Das ist bei unserem starken Wachstum nicht immer einfach, auch die letzten zwei pandemischen Jahre haben persönliche Treffen und Veranstaltungen sehr erschwert. Es ist mir besonders wichtig, in einem engen Austausch mit allen unseren Bereichen zu sein. Ich suche gern das persönliche Gespräch und bin offen für Anfragen und Ideen aller Kollegen(innen) – nicht nur aus der Führungsebene. Darüber hinaus fördern wir aktiv Weiterentwicklungsmaßnahmen und sind offen für Anregungen aus dem Kollegium. Wir haben einen regelmäßigen Informationsaustausch für alle Mitarbeiter(innen) etabliert und nutzen dafür unterschiedliche interne Medien – vom Azubi in den Werkstätten bis zur Geschäftsführung.

Wie gelingt es Ihnen nach einem turbulenten Arbeitstag abzuschalten?

In turbulenten Zeiten halten mich meine Familie und Freunde immer im Lot. Ich genieße gemeinsame Aktivitäten mit meiner Frau und meinen beiden Söhnen, wann immer es geht und schöpfe aus ihnen Kraft für meine beruflichen Herausforderungen. Ich bin ein aktiver Mensch und nutze verschiedene sportliche Angebote, um einen freien Kopf zu bekommen, aber auch ein geselliger Abend mit Freunden und einem guten Rotwein oder ein spannendes Fußballspiel sind für mich gern genutzte Abwechslungen vom Arbeitsalltag.

Sind Sie ein politischer Mensch?

Ich engagiere mich für keine bestimmte politische Richtung und würde mich selbst nicht als politischer Mensch bezeichnen. Natürlich verfolge ich die Ereignisse auf der politischen Weltbühne, denn sie beeinflussen unser aller Zukunft, sowohl beruflich als auch privat.
Als Geschäftsführer eines Dienstleistungsunternehmens in der Transport- und Logistikbranche habe ich noch einen zweiten Blickwinkel auf Politik. Entscheidungen sowie neue Gesetze und Richtlinien nehmen Einfluss auf unser Unternehmen und uns als Arbeitgeber. Gerade hier ist es wichtig, immer aktuell zu bleiben und unternehmerische Entscheidungen zukunftsorientiert zu tätigen.

Die Dekarbonisierung des Schwerlastverkehrs ist eine der größten Herausforderungen der Güterverkehrsbranche. Ist für TIP mittelfristig die Erweiterung der Mietfahrzeugflotte um E-Lkw und Lkw mit Brennstoffzelle ein Thema?

Wir richten unsere Mietflotte schon immer nach den Anforderungen des Marktes aus und schaffen entsprechend Neufahrzeuge an. Die Dekarbonisierung bei den schweren Nutzfahrzeugen ist ein großes Thema, welches die gesamte Branche beschäftigt. Als einer der führenden Partner der Transport- und Logistikindustrie, sehen wir uns ebenfalls in der Verantwortung, alternative Antriebe und effizientere Motoren zu unterstützen und einen Beitrag zu einer grüneren Logistik zu leisten. Erst kürzlich haben wir in Deutschland in 100 Zugmaschinen investiert, die besonders im Fernverkehr effizient sind und bis zu 10 Prozent Kraftstoff und damit ebenfalls CO2-Emissionen einsparen. In Frankreich fahren seit einigen Jahren vollelektrische Transporter in unserer Mietflotte. Dieses Segment wird aktuell auch in anderen Ländern ausgebaut.
Grundsätzlich sind wir offen für neue Technologien, sehen aber ebenso Herausforderungen bei der Umsetzung. Zum einen sind die Hersteller gefragt, die Effizienz der neuen Technologien weiter zu verbessern und zum anderen muss die Infrastruktur zum Beispiel Lademöglichkeiten für E-Lkws weiter ausgebaut werden, damit die Umstellung für die Akteure der Branche noch interessanter und ökonomisch rentabel wird.

Wo sehen Sie weitere Stellschrauben, um den Güterverkehr umweltfreundlicher und effektiver zu gestalten?

Ich sehe im Wesentlichen zwei generelle Ansätze, die auch im Transportsektor umsetzbar sind. Gerade die Transportbranche hat einen großen Anteil an den Gesamtemissionen und somit eine große Verantwortung, aktiv zu werden. Zum einen ist es wichtig, neue klimafreundliche Technologien entschlossen voranzutreiben, zum anderen müssen wir vorhandene Ressourcen und Materialien verantwortungsvoller und effizienter nutzen.
Ich bin überzeugt, dass wir im Bereich kombinierter Verkehr, Straße und Bahn, noch Möglichkeiten zur Weiterentwicklung haben und ein weiterer Schienenausbau notwendig ist, um neue Wege und Regionen zu erschließen. Hierdurch könnten die Emissionen verringert und unsere Straßen entlastet werden. In unserer Mietflotte befindet sich ebenfalls eine Vielzahl von bahnfähigen Aufliegern, die kurz- oder langfristig gemietet werden können.
Bei der sogenannten ‚Last Mile Delivery‘ setzen bereits viele Akteure auf Elektromobilität. TIP bietet in Frankreich seit einigen Jahren vollelektrische Vans (e-LCV) zur Miete an, um dieses Segment zu bedienen. In der Central Region erarbeiten wir aktuell Konzepte und Konditionen, um die Elektro-Vans auch bei uns in die Flotte zu integrieren. Uns erreichen immer häufiger Kundenanfragen für diese Art der Fahrzeuge. Hier können seitens Städte- und Verkehrsplanung noch mehr Anreize geschaffen werden, indem das Ladenetz in Deutschland verbessert wird.
Moderne Telematik-Lösungen optimieren die Routenplanung und sorgen für mehr Effizienz auf der Straße – keine Fahrt ist leer. Darüber hinaus unterstützen Assistenzsysteme beim Kraftstoffsparen und können das Fahrverhalten des/der Kraftfahrers(in) verbessern. TIP hat auch in dieser Sparte eine eigene Lösung – unter dem Markennamen ‚TIP Insight‘ haben wir unsere eigene Telematik entwickelt, die wir, in Kooperation mit namenhaften Herstellern, zum einen in unseren Mietfahrzeugen anbieten und darüber hinaus komplette Kundenflotten mit unserer Hard- und Software ausrüsten.

„Ob Standard-Sattelauflieger, Zugmaschinen oder Spezialfahrzeuge, TIP verfügt über eine europaweit breit aufgestellte Mietflotte an Nutzfahrzeugen. Wir stocken auch im aktuellen Kalenderjahr in allen Segmenten weiter auf“, so Oliver Bange.

Der zweite Ansatz bezieht sich auf eine nachhaltige Ressourcen- und Materialnutzung und damit ein effizientes Flottenmanagement. Im Transportgewerbe bedeutet das vor allem, dass vorhandene Fahrzeuge und Transportmittel sorgsam gepflegt werden, um die Nutzungszeit zu verlängern. So sind wir bei TIP von den Vorteilen der „vorbeugenden“ Wartung überzeugt. Viele Jahre Erfahrung in der Unterhaltung von Flotten haben uns gezeigt, dass frühzeitige Wartung und Reparatur, Ausfallzeiten reduzieren können und die Lebensdauer der Flotte erhöht.

TIP ist Gründer und Mitglied des European-Transport-Board (ETB). Was hat es damit auf sich?

Das European Transport Board ist eine Initiative der führenden Unternehmen aus dem Bereich Transport und Logistik in Europa. Die Mitglieder zusammen, stellen einen bedeutenden Anteil der gesamten Branche dar und unterhalten gemeinsam mehr als 300.000 Transportmittel. Es ist ein Knowledge-Center und dient dem regelmäßigen Austausch über die Anforderungen in diesem dynamischen Markt. Transporteure und Logistiker stehen vor ähnlichen oder gleichen Herausforderungen. Das ETB schafft eine Plattform, um Erfahrungen und Lösungsansätze untereinander zu diskutieren und auszutauschen. Im Vordergrund stehen Themen wie Verkehrssicherheit, Nachhaltigkeit, Effektivität und Effizienz der Branche aber auch soziale und ökonomische Herausforderungen sind Programmpunkte.

TIP bietet einen umfangreichen Werkstattservice für Nutzfahrzeuge an und macht mit dem „Refurbishment-Programm“ auch ältere Auflieger und Wechselbrücken wieder fit.

Sie betreiben eigene Werkstätten, haben aber auch Partnerwerkstätten, die Wartung und Reparatur von Fahrzeugen anbieten. Welche Voraussetzungen muss eine Lkw-Werkstatt erfüllen, um TIP-Partner zu werden?

Das ist richtig, wir betreiben mehr als 100 Werkstätten europaweit in Eigenregie. Die Wartung- und Reparatur von Nutzfahrzeugen in unseren eigenen Werkstätten, ist, neben der Vermietung, eines unserer am stärksten wachsenden Bereiche. Obwohl wir bereits ein sehr großes Netz an Standorten betreiben, gibt es noch weiße Flecken auf der Landkarte. Hier kommen unsere Partnerwerkstätten ins Spiel. Es gibt keine besonderen Hürden, um in unser Netzwerk aufgenommen zu werden, aber wir legen besonderen Wert auf Qualität, vor allem in Bezug auf Ersatzteile, aber auch auf die Dienstleistung an sich. Darüber hinaus haben wir hohe Sicherheits- und Umweltstandards in unseren Werkstätten, denn unsere Mitarbeiter(innen) sind unser „wertvollstes Gut“. Diese Erwartung haben wir ebenfalls an unsere Partner und halten sie dazu an, diese einzuhalten.

Kaufen Sie entsprechende Fahrzeugteile zentral ein, oder obliegt der Einkauf der jeweiligen Nutzfahrzeugwerkstatt?

Wie in jedem großen Unternehmen, ist es sinnvoll, den Einkauf zu bündeln und zentral zu organisieren. Wir haben Rahmenverträge und Partnerschaften mit den meisten Lieferanten, die unser gesamtes Standortnetz einschließen. Alle TIP-Werkstätten wickeln die Beschaffung von Materialien und Ersatzteilen in Eigenverantwortung ab, profitieren aber von den Einkaufskonditionen von gesamt TIP.

Fachkräftemangel ist ein branchenübergreifendes Thema. Sind auch Sie als Vermieter und Serviceanbieter davon betroffen und welche Lösungsansätze haben Sie bei TIP?

Fehlende Fachkräfte sind auch bei TIP ein wichtiges Thema – vor allem im handwerklichen Bereich, sprich in unseren Werkstätten, ist es sehr schwierig, geeignetes Personal zu finden. Wir setzten verstärkt auf die Ausbildung von eigenen Fachkräften. Es ist für uns eine lohnende Investition in die Zukunft. Im Werkstattbereich bieten wir eine Ausbildung zum KFZ-Mechatroniker Nutzfahrzeuge und eine Ausbildung zur Fachkraft für Lagerlogistik können Interessierte ebenfalls bei uns machen. Das Magazin ‚Capital‘ hat uns bereits zum zweiten Mal als einer der besten Ausbilder Deutschlands ausgezeichnet und bestätigt damit unser erfolgreiches Ausbildungsprogramm. Diese positiven Ergebnisse ermutigen uns, den Bereich Ausbildung weiter auszubauen. Seien Sie gespannt, welche Berufe Sie bald bei TIP erlernen können.

 

Oliver Bange

Zur Person

Oliver Bange begann seine Karriere bei BTZ als Country Manager für Italien. 1998 startet er bei General Electric (GE) und übernahm bei GE Capital verschiedene Vertriebspositionen. Im Jahr 2004 kam er zu TIP als Tanker Director Continental Europe. Er verließ TIP 2010 und wurde bei DKV Verkaufsdirektor für Europa. Oliver Bange kehrte 2015 mit seiner Ernennung zum General Manager für die Region Mittel- und Osteuropa zu TIP Trailer Services zurück. Heute ist Bange Vice President Central Region.

 

 

Abschließend eine persönliche Frage: Über was haben Sie sich kürzlich am meisten geärgert und über was am meisten gefreut?

Ich persönlich ärgere mich über Egoismus und Ungerechtigkeit. Leider treffe ich diese Eigenschaften aktuell häufiger in meinem Alltag an. Sei es im Supermarkt, wenn ich vor leeren Regalen mit Mehl und Öl stehe oder aber an der Tankstelle und mich über die enormen Preise ärgere. Ein wenig mehr Rücksicht und Miteinander täte uns allen gut.
Besonders beeindruckt war ich von der großen Hilfsbereitschaft und Anteilnahme der Menschen seit dem Angriff auf die Ukraine. Besonders die Nachbarstaaten waren in der ersten Zeit sehr stark gefordert durch die Ankunft der ersten Flüchtlinge. Ich war selbst kurze Zeit nach dem Einmarsch Russlands beruflich in Warschau und habe erlebt, wie Flüchtlinge aus der Ukraine dort aufgenommen und umsorgt wurden. Allein durch persönliches Engagement und mit einer enormen Logistik, haben sich die Menschen in Polen selbst organisiert. Das hat mich persönlich sehr berührt und gefreut. Es zeigt mir, dass wir in Krisenzeiten zueinanderstehen und uns gegenseitig unterstützen, auch in unserer schnelllebigen Zeit.

 

Den Beitrag finden Sie auch in der Print-Ausgabe 2/2022 der Krafthand-Truck.