Studie: Ist der Umstieg auf E-Lkw schon heute sinnvoll?
Mit einer aktuellen Machbarkeitsstudie im Rahmen des Projekts ‚ZeroEmissionDeliveries – Berlin‘ hat das Fraunhofer ISI zusammen mit Partnern aus Forschung und Entwicklung, Automobilbau, Logistik, Energie- und Ladeinfrastruktur insgesamt 9.500 reale Lkw-Touren in Berlin und Umland ausgewertet. Konkret untersuchte das Projekt, ob diese Touren auch mit Batterie-Lkw realisierbar sind. Für jedes Fahrzeug wurde der Energiebedarf anhand seines Einsatzprofils simuliert.
Batterie-elektrische Lkw können zur Senkung der Treibhausgas-Emissionen im Verkehr sowie zur Erreichung der Klimaneutralität Deutschlands bis 2045 einen wichtigen Beitrag leisten. Ihre Einsatzfähigkeit wird allerdings laut ISI aufgrund begrenzter elektrischer Reichweiten und hoher Anschaffungskosten in der Logistikbranche regelmäßig diskutiert. Dabei gäbe es gerade im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit und technische Umsetzbarkeit noch hohe Unsicherheiten und wenig Alltagserfahrungen.
Reichweiten schon heute ausreichend
Um hier mehr Klarheit zu schaffen, hat Transport & Environment (T&E) Deutschland das Projekt ‚ZeroEmissionDeliveries – Berlin‘ mit der REWE Gruppe und weiteren Partnern gestartet und das Fraunhofer ISI mit der Durchführung einer Machbarkeitsstudie beauftragt. Darin wurden 9.500 reale Touren von 224 schweren Lkw über 12 Tonnen zulässigen Gesamtgewichts zu 543 Rewe-Filialen ausgewertet. Für jedes Fahrzeug wurde der Energiebedarf anhand seines Einsatzprofils und inklusive Nebenaggregate simuliert. Das Ergebnis: Aktuelle Reichweiten von Batterie-Lkw oftmals schon heute ausreichend.
„Nach der Auswertung aller 9.500 Lkw-Touren zu über 540 Logistik-Punkten steht fest: Die aktuell verfügbaren Reichweiten von Batterie-Lkw reichen oft heute schon aus, um alle in der Studie analysierten städtischen Lkw-Touren und fast die Hälfte der betrachteten regionalen Touren mit E-Lkw zu schaffen. Mit einer optimierten Routenplanung und zusätzlichem Zwischenladen ist das Potenzial sogar noch größer. Bei schweren Lkw über 26 Tonnen mit sehr langen Tagestouren bleibt die Elektrifizierung nach Stand des heutigen Fahrzeugangebots allerdings noch eine Herausforderung“, so Priv.-Doz. Dr. Patrick Plötz, Leiter der Machbarkeitsstudie am Fraunhofer ISI.
Sven Wallisch, Leiter Transportlogistik Region Ost der REWE Group, betont: »Ursprünglich war eine rein theoretische Begleitung des Projektes geplant, jetzt gehen wir bereits aktiv in die Umsetzung. Verantwortung beginnt mit „Tun“.“
„Die Ergebnisse unseres Kooperationsprojektes sprechen für sich: Die Elektrifizierung des Güterverkehrs ist möglich und verspricht wirtschaftliche Vorteile für Unternehmen. Die nächste Bundesregierung darf sich von Pseudolösungen wie Biokraftstoffe, E-Fuels oder Gas-Lkw nicht ablenken lassen, denn das wäre eine Verschwendung von Zeit und Geld. Ein ambitioniertes E-Lkw-Programm gehört in den Koalitionsvertrag“, ergnänzte Jekaterina Boening, Bereichsleiterin Energie, Klima, Kraftstoffe bei T&E Deutschland.
MAN begrüßt Studienergebnisse
MAN Truck & Bus beispielsweise, hat die Ergebnisse der Studie mit großem Interesse aufgenommen, da sie die eigenen Erfahrungen und Analysen bestätigten. „Eine wichtige Ableitung der Studie für unsere Kunden ist aus meiner Sicht, dass Flottenbetreiber die technisch machbaren Routen zeitnah elektrifizieren können und zusätzlich der Umstieg von Diesel auf BEV für sie sogar heute schon in vielen Fällen wirtschaftliche Vorteile mit sich bringt“, kommentierte Michael Treier, Sales Truck Alternative Drives bei MAN Truck & Bus, die Studienergebnisse. Treier hat selbst der an der Studie mitgewirkt.
Die Umstellung der Lkw-Flotte kann schon heute sinnvoll sein
Aufgrund der hohen Ersetzbarkeit und möglicher Kostenvorteile lautet eine der Empfehlungen der Studie, dass Lkw-Betreiber bereits heute die Umstellung Ihrer Lkw-Flotte im städtischen und regionalen Lieferverkehr prüfen sollten. Mit der aktuellen Förderung von 80 Prozent der Mehrkosten für Fahrzeuge und Infrastruktur sowie aufgrund der steigenden CO2-Bepreisung von Dieselkraftstoff beziehungsweise einer entsprechenden CO2-abhängigen Maut könnten Lkw-Betreiber nicht nur Kosten sparen, sondern auch wertvolle Erfahrungen bei der anstehenden Umstellung auf emissionsfreie Lkw-Antriebe sammeln. Damit hätten sie gegenüber anderen Flottenbetreibern einen Wissensvorsprung, der ihnen in Zukunft einen wichtigen Wettbewerbsvorteil verschaffen könnte.
Die vollständigen Studienergbnisse des Fraunhofer ISI stehen hier bereit.