Richtig verkuppeln will gekonnt sein
Obschon der Kupplungstausch zum ‚Kleinen Einmaleins‘ in der Nutzfahrzeug-Werkstatt gehört, empfiehlt es sich – wie übrigens bei allen anderen Routinearbeiten auch – dennoch strukturiert vorzugehen und sich über die jeweiligen Besonderheiten des betreffenden Kupplungssystems schlau zu machen. Die Kupplungsspezialisten von Valeo Service haben KRAFTHAND-Truck verraten, worauf bei gezogenen Kupplungen besonders zu achten ist.
Prinzipiell ist der Kupplungswechsel eine simple Schrauberangelegenheit, die selbst bei Nutzfahrzeug-Novizen bald zum Repertoire der Routinearbeiten gehört. Ein Großteil der beim Kupplungstausch notwendigen Handgriffe ist annähernd gleich, egal welches Modell der ‚Big Seven‘ unter ‚Trennungsschmerzen‘ leidet. Allerdings gibt es einen wesentlichen Unterschied bei den vorkommenden Kupplungssystemen: es gibt gedrückte und gezogene Ausführungen. Der Unterschied liegt darin, wie die Membranfeder der Kupplung beim Treten auf das Kupplungspedal betätigt wird. Und insbesondere gezogene Ausrücksysteme wollen schon beim Demontieren ‚artgerecht‘ behandelt werden, so die Kupplungsfachleute von Valeo Service in Ratingen.
Strukturiert vorgehen
„Vor der Demontage des Getriebes müssen das Ausrücklager und die Ausrückga-bel von der Druckplatte getrennt werden“, erläutern die Experten des französischen Zulieferers. Dazu muss der Werkstattfachmann die Wartungsklappe an der Kupplungsglocke des Getriebes öffnen, wobei dieser Vorgang je nach Fahrzeug- beziehungsweise Getriebehersteller variieren kann. Im nächsten Schritt dreht der Mechaniker das Schwungrad mit dem empfohlenen Spezialwerkzeug in eine Position, in der er den Sicherungsring auf der Druckplatte problemlos erreichen und lösen kann. Anschließend kann er das Ausrücklager und die Ausrückgabel entfernen. „Erst dann ist es möglich, das Getriebe vom Motor zu lösen“, so die Fachleute.
Im Detail wird bei diesem Lösevorgang laut Valeo eine Spezialklemme, die quasi als Spezialwerkzeug dient, durch die Wartungsklappe des Getriebes geführt und an dem Sicherungsring des Ausrücklagers befestigt. Danach lässt sich das Lager mit dem Montiereisen ausrasten. Nun kann der Werkstattfachmann das Getriebe entfernen, um an die zu tauschenden Kupplungskomponenten zu gelangen. Ein passender, durch die Kupplungsnabe und in die Kurbelwelle gesteckter Zentrierdorn verhindert, dass die Kupplungsscheibe beim Ausbau zu Boden fällt.
Danach geht es an den Ausbau der Druckplatte, wobei die Kupplungsfachleute von Valeo Service empfehlen, nach dem Lösen der Befestigungsschrauben zwei davon durch spezielle Montagestifte zu ersetzen und erst dann alle übrigen kreuzweise herauszudrehen und schließlich die Druckplatte abzunehmen und die Kupplungsscheibe sowie den Zentrierdorn zu entfernen. Die Experten aus Ratingen empfehlen, bei einem Kupplungstausch immer auch das Pilotlager in der Kurbelwelle zu entfernen, wozu ein spezieller Abzieher notwendig ist.
Geordneter Einbau
Bevor die neuen Kupplungskomponenten an ihren Platz kommen, raten die Fachleute von Valeo Service, die Schwungscheibe gründlich mit einem geeigneten Lösungsmittel und 150er Schleifleinen zu reinigen und auf Beschädigungen (Riefen, Risse, ausgeglühte Stellen, Verzug, etc.) zu prüfen. Der Einbauvorgang beginnt mit der Montage des Pilotlagers und der Positionierung des Zentrierdorns, wobei dieser auch beim Zusammenbau der Sicherheit des Mechanikers dient. Im nächsten Schritt soll te dieser sicherstellen, dass das Nabenprofil der Kupplungsscheibe auf die Getriebeeingangswelle passt und dort einwandfrei gleitet. Allerdings darf die Welle keinen Verschleiß oder Korrosion aufweisen.
Bevor der Werkstattfachmann Kupplungsscheibe und Druckplatte befestigt, sollte er kontrollieren, dass sich weder Fett- noch Ölspuren auf dem Reibbelag befinden. „Denn dies würde den Reibkoeffizienten negativ beeinflussen und später Folgeprobleme wie Rupfen oder Durchrutschen hervorrufen“, warnen die
Spezialisten von Valeo Service. Zudem empfehlen sie, beim Einbau der Druckplatte
die Schrauben vorerst nur ‚handfest‘ anzuziehen, damit sich die Montagestifte
noch entfernen und durch Schrauben ersetzen lassen. Das endgültige Festziehen der Schrauben erfolgt kreuzweise mit dem vom Hersteller vorgeschriebenen Drehmoment. Von einem Anziehen mit dem Schlagschrauber raten die Fachleute ab, da dies Schäden am Gewinde und der Druckplatte verursachen kann. Ist die Druckplatte fest montiert, muss der Werkstattfachmann noch die Sicherungsklammern der Druckplatte und den Zentrierdorn entfernen.
Ausrücklager wechseln
Obschon es sich beim Austausch des Ausrücklagers um eine ‚banale‘ Aktion
handelt, sollte der Mechaniker umsichtig vorgehen und zuerst das Führungsrohr
und die Getriebeeingangswelle in Augenschein nehmen. Um das Ausrücklager
zu demontieren, muss man dieses von der Ausrückgabel trennen. Ob auch
diese zu erneuern ist, hängt von der Laufzeit und dem Verschleißzustand ab. Nach
dem Reinigen des Führungsrohres und dem Fetten der Ausrückgabel wird das
Ausrücklager montiert, wobei auch die Schrauben der Ausrückgabel mit dem
vorgeschriebenen Drehmoment anzuziehen sind. Vor dem Getriebeanbau sollte
man noch die Funktion der Ausrückgabel prüfen. „Arbeitet diese nicht reibungslos, muss man sie in jedem Fall noch austauschen“, empfehlen die Spezialisten.
Erst anlernen, dann Probe fahren
Befindet sich das Getriebe wieder am Motor, muss der Mechaniker das Ausrücklager einrasten, beispielsweise, indem er beherzt am Ausrückhebel zieht und darauf achtet, dass das Lager hörbar in der Kupplung arretiert. Bei manchen Fahrzeugen lässt sich das Lager laut Valeo auch durch die Öffnung des Nehmerzylinders erreichen. Die Fachleute empfehlen das Ausrücklager zweimal zu betätigen, um ein optimales Einrasten zu gewährleisten. Anschließend müsse man kontrollieren, dass die Nadeln des Sicherungsringes korrekt positioniert sind und der Abstand jeder Nadel zur Mitte des Rings identisch ist und sich die Nadeln nicht berühren. Zuletzt montiert der Mechaniker die Wartungsklappe an der Kupplungsglocke mit einer wasserdichten Gummikappe, um das Eindringen von Staub und Schmutz zu verhindern. „Bei Fahrzeugen mit automatisiertem Schaltgetriebe muss man die neue Kupplung mit einem geeigneten Diagnosegerät fachgerecht anlernen, um eine optimale Funktion zu gewährleisten“, so die Fachleute von Valeo Service. Erst dann könne der Monteur bei der abschließenden Probefahrt die Funktionsweise der Kupplung sicher beurteilen.
Den Beitrag finden Sie auch in der Print-Ausgabe 3/18 der Krafthand-Truck.