Ab Juli 2024 werden RDKS bei neu zugelassenen Lkw und auch bei Trailern Pflicht. Der BRV spricht von einigen Hürden, die in den Werkstätten noch zu meistern sind. Bild: Blenk
RDKS-Pflicht

Reifendruck-Kontrollsysteme: BRV sieht Probleme für den Reifen- und Pannenservice

Seit rund zehn Jahren ist die Ausrüstung von Pkw mit Reifendruck-Kontrollsystemen (RDKS) Pflicht. Viele Fahrzeughersteller haben sich in der Erstausrüstung für direkt messende Systeme entschieden. Sie messen den Luftdruck mithilfe von Sensoren in den einzelnen Reifen und lösen bei Abweichungen vom Sollwert eine Warnanzeige im Armaturenbrett aus. Indirekte RDKS hingegen werten die vom Antiblockiersystem (ABS) generierten Signale der Raddrehzahlsensoren aus und erkennen Druckabfälle anhand von Differenzen der Abrollumfänge der Reifen oder Abweichungen bei der charakteristischen Schwingungsfrequenz.

RDKS werden im Juli 2024 auch für Nfz zur Pflicht

„Bei Fahrzeugen, die der RDKS-Pflicht unterliegen, ist das Reifendruck-Kontrollsystem Bestandteil der Allgemeinen Betriebserlaubnis (ABE)“, so Michael Schwämmlein. Bild: BRV

Auch bei Nutzfahrzeugen werden RDKS jetzt zur Standardausrüstung. Bereits seit Juli vergangenen Jahres sind sie für neu typengenehmigte Fahrzeuge der Fahrzeugklassen N1-3 (Lkw, Lieferwagen), M2-3 (Busse, Wohnmobile > 3,5 t) und O3-4 (Sattel-Auflieger > 3,5 t) vorgeschrieben. Ab Juli 2024 sind RDKS für alle neu zugelassenen Fahrzeuge dieser Klassen Pflicht. Der Reifenfachhandel, der laut Bundesverband Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk (BRV) in Deutschland rund 90 Prozent der Reifen- und Pannen-Servicearbeiten bei Nutzfahrzeugen abwickelt, sieht diesen Umstand jedoch noch mit Sorge. Zu viele Fragen seien zum Handling der RDKS bei Nutzfahrzeugen noch offen. „Damit die ABE nicht erlischt, muss jederzeit sichergestellt sein, dass das RDKS nach einem Pannenservice oder einem regulären Reifenservice, wie beispielsweise dem Wechsel von Zugfahrzeugen auf Winterbereifung oder dem achsweisen Reifentausch bei Trailern, wieder ordnungsgemäß funktioniert“, so Michael Schwämmlein, BRV-Geschäftsführer Technik. Hier sieht der Reifenfachverband jedoch einige Hürden, die RDKS-Thematik ist im Nutzfahrzeugbereich um einiges komplexer als bei Pkw.

Die Problemfelder

Aktuell sei laut BRV davon auszugehen, dass (außer eventuell bei Transportern der Fahrzeugklasse N1) keine indirekten, sondern direkte (RDKS-Sensor-basierte) Systeme zum Einsatz kommen werden. Hierbei gibt es jedoch viele Sensor-/Ventilvarianten, die Reifenservice-Spezialisten sowohl vom Handling als auch von der Lagerhaltung (Ersatzsensoren) her vor Herausforderungen stellen.
Hinzu kommt laut BRV: Bei den motorisierten Fahrzeugeinheiten (also beispielsweise einer Sattelzugmaschinen) wird der Zugang zur OBD-Schnittstelle des Fahrzeugs, der etwa für das Konfigurieren oder Anlernen von RDKS-Sensoren erforderlich ist, von einigen Fahrzeugherstellern immer mehr eingeschränkt. Über die im Reifenhandel für den RDKS-Service an Pkw weit verbreiteten Handheld-Geräte zur RDKS-Diagnose und -Programmierung wird dann eine Wiederherstellung der RDKS-Funktion nach Reifenservice oder Pannenhilfe nicht zu leisten sein. Und: Fahrzeuge mit ‚Autolocation‘-Funktion, die ein selbstständiges Anlernen oder Erkennen einer neuen Sensor-ID oder -position sichert, setzen meist einen mehr oder weniger langen Fahrzyklus voraus, und das wiederum die entsprechende, meist aber nicht vorhandene Fahrerlaubnis des Servicepersonals.

Auch Trailer unterliegen der RDKS-Pflicht

RDKS-Sensoren werden zum Teil mittels Gurt auf der Felge befestigt. Bild: Blenk

Weitere Probleme ergäben sich dem BRV zufolge daraus, dass neben motorisierten Fahrzeugen erstmals auch nicht motorisierte, gezogene Fahrzeugeinheiten von der RDKS-Pflicht betroffen sind. Diese besitzen weder ein eigenes Steuergerät noch eine OBD-Schnittstelle und haben im abgekoppelten Zustand auch keine Spannungsversorgung – ein Problem für die RDKS-Diagnose und -Programmierung. Anstelle eines ‚echten‘ (sensorbasierten) RDK-Systems sind zudem für Anhänger/Trailer alternativ auch Reifendruckfüll-/-regelsysteme (siehe Aufmacherbild) zulässig, zu deren Prüfung und Wartung in den Servicewerkstätten des Reifenhandels aber derzeit noch kaum etwas bekannt ist.
Auch seitens der Fahrzeughersteller sind laut BRV einige Themen noch ungeklärt. Welche Systeme – RDKS oder Reifendruckfüll-/-regelsystem (wenn RDKS: mit welcher Sensoranbindung – Gurt-, Band-, Ventilbefestigung oder in den Reifen eingeklebter Container?) setzt der jeweilige Fahrzeughersteller ein? Wie kann das Konfigurieren/Anlernen der RDK-Steuerung nach einem Positionswechsel oder Austausch einer Komplettradeinheit/eines Sensors erfolgen? Welche Hard-/Software ist erforderlich? Gibt es Zugangsbeschränkungen zur RDK-Steuerung, für die der Servicebetrieb eine Freigabe benötigt (Secured-Gateway, Passwort)? Wie sieht es aus, wenn nur der Trailer allein ohne Spannungsversorgung für den Reifenservice zur Verfügung steht? Ist dann eine externe Spannungsversorgung für die Steuereinheit des RDK-/Reifendruckfüll- oder -regelsystems erforderlich?

Offene Fragen müssen rasch geklärt werden

„Die Zeit läuft“, so BRV-Experte Schwämmlein. „Unser Ziel ist es jedoch, den Mitgliedern unseres Verbandes praktische Hilfestellungen für das Handling der am Markt verfügbaren Systeme zu geben.“ In einer breit angelegten Aktion hat der BRV zudem kürzlich an die Verbände des Güterverkehrsgewerbes und die Kooperationszentralen des Reifenhandels appelliert, auch ihre Mitglieder für die Thematik zu sensibilisieren und im Schulterschluss mit dem BRV vor allem auch die Fahrzeughersteller um rasche Klärung der den offenen Fragen zu bitten.

 

Den Beitrag finden Sie auch in der Print-Ausgabe 4-2023 der Krafthand-Truck.