Über 30 Prozent der Lkw-Reifen sind bereits runderneuert. Bis 2030 soll der Anteil auf 40 Prozent wachsen. Bilder: Pneuhage
Rad/Reifen/Bremse

Profil-Gewinn: Die Runderneuerung von Lkw-Reifen gewinnt weiter an Bedeutung

Runderneuerte Lkw-Reifen überzeugen durch Kostenvorteile und ihre Nachhaltigkeit. Über 30 Prozent der Lkw-Reifen in Deutschland sind laut Bundesverband Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk (BRV) mittlerweile runderneuert. Jeder vierte Reifenhändler verzeichnet nach einer aktuellen Umfrage des AZuR-Netzwerks in Kooperation mit der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) eine steigende Nachfrage nach runderneuerten Nfz-Reifen.

Die Entwicklung deckt sich auch mit den Erfahrungen der Karlsruher Pneuhage Gruppe. Immer mehr Flottenbetreiber und Speditionen fokussierten im Rahmen ihrer unternehmerischen Verantwortung die Entlastung der Umwelt. Neben der Anschaffung sparsamerer Fahrzeuge und perspektivisch von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben, bietet sich dafür der Einsatz runderneuerter Reifen an. Viele Tonnen Abfall können so vermieden und Material und Ressourcen für Neureifen gespart werden. Dem Problem der Altreifenentsorgung kann entgegengewirkt werden.

Eine Studie von Ernst+Young (EY) in Zusammenarbeit mit Vertretern der europäischen Runderneuerungsindustrie zeigte bereits 2016, dass die ökologischen Auswirkungen von runderneuerten Reifen, je nach Kriterium 19 Prozent bis 70 Prozent niedriger ausfallen, als die von nicht runderneuerbaren Low-End-Reifen. Demnach können qualitativ hochwertige Runderneuerte sogar einen geringeren Rollwiderstand haben als Neureifen und zusätzlich zur C02-Reduktion beitragen. Dies würdigt auch seit Jahren die Bundesregierung und ermöglicht eine entsprechende Förderung über das De-minimis-Programm. Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) teilte auf Anfrage von KHT mit: „Es ist geplant das De-minimis-Förderprogramm auch 2023 im bisherigen Umfang fortzuführen. Da der Bundeshaushalt 2023 noch nicht vom Deutschen Bundestag beschlossen wurde, steht momentan noch nicht fest, welche Fördermittel für die Fortführung des Programms zur Verfügung stehen. Änderungen an der Förderrichtlinie gibt es nicht, das heißt der Katalog der förderfähigen Maßnahmen bleibt unverändert. Der geplante Antragsbeginn für die Förderperiode ist Montag, der 9. Januar 2023.“

Sicher und rentabel

Aufgrund der ECE-Zertifizierung (ECE-109) durch das Kraftfahrtbundesamt und die damit verbundenen strengen Qualitätskontrollen ab Werk sind runderneuerte Reifen was die Sicherheit angeht vergleichbar mit Neureifen. „Zusätzlich haben sie Vorteile bei der Rentabilität im Vergleich zu vermeintlich billigen Neureifen, vor allem wenn die eigene Karkasse für die Erneuerung genutzt werden kann. Es lohnt sich daher, bei Vergleichen den ‚Kilometerpreis‘ im Blick zu haben“, so eine Sprecherin der Pneuhage-Gruppe. „Bis 2030 soll der Anteil an runderneuerten Reifen auf rund 40 Prozent steigen“, weiß Winfried Schäfer, Bereichsleiter Runderneuerung bei Michelin.

„Unsere Kunden erwarten, dass ihre eigenen Karkassen mit neuem Profil zeitnah zurückkommen“, so Robin Brucke.

Zeitnahe Lieferung

Was die Pneuhage-Gruppe angeht, stünde die ganzheitliche Betrachtung des Reifenmanagements im Fokus. So spielten bereits bei der Auswahl des Sortiments der angebotenen Neureifen und bei der Bevorratung über den zugehörigen Großhandel Interpneu die Eignung für späteres Nachschneiden und die Runderneuerung eine Rolle. Als besonders wichtigen Aspekt bei der Runderneuerung sieht man bei Pneuhage den ‚Rund-um-Service‘. „Der erfolgreiche Verkauf runderneuerter Reifen ist beratungsintensiv und hängt im kompletten Prozess von der Service-Qualität ab. Die Kunden erwarten, dass sie ihre eigenen Karkassen mit neuem Profil zeitnah zurückbekommen. Wir schaffen das in der Regel binnen einer Woche. So lassen sich nacheinander mehrere Lastzüge kostengünstig innerhalb kurzer Zeit umrüsten. Alternativ stehen auch zum Sofortbezug fertige Erneuerungen auf geprüften Qualitäts-Karkassen zur Verfügung“, so Robin Brucke, Leiter Produktgruppenmanagement Commercial, bei Pneuhage.

Aufbringen des neuen Reifenprofils mit dem Kalterneuerungsverfahren.

Vier Werke

Die Pneuhage-Gruppe kann mit vier eigenen Runderneuerungswerken punkten. Damit lassen sich pro Jahr rund 100.000 Lkw-Reifen wieder auf die Straße bringen. Zum Einsatz kommt das Kalterneuerungsverfahren. Nachdem das alte Profil vollständig entfernt und der Unterbau vorbereitet ist, werden die neuen Laufstreifen aufgebracht. Diese verbinden sich in einem Kessel innerhalb von drei Stunden unter Druck bei einer Temperatur von rund 100 °C fest mit dem Unterbau.

In Karlsruhe und Nossen bei Dresden arbeitet die Pneuhage Reifenerneuerungstechnik nach dem Recamic-Verfahren mit Michelin-Profilen. In Wulften im Harz verleiht Ehrhardt Reifen + Autoservice mit Profilen der Marke Bandag, einer Tochterfirma von Bridgestone, den Reifen ein neues Leben. Ebenfalls mit Bandag-Produkten arbeitet die seit Juni 2017 zur Pneuhage-Gruppe gehörende die First-Stop-Reifen Auto Service GmbH in Friedberg.

Vorher/Nachher: Altreifen, bearbeitete Karkasse und runderneuerter Reifen.

Computergesteuerte Produktion

Für die Erneuerung von Reifen zwischen 17,5 Zoll und 22,5 Zoll sollten die Pneus laut Pneuhage nicht älter als acht Jahre sein. Aus Sicherheitsgründen finden nur durch Vulkaniseur-Meister geprüfte Karkassen den Weg in die Erneuerung. Jede Karkasse wird vor der Erneuerung zuerst per Laser-Shaerographie durchleuchtet und auf Beschädigungen geprüft. Im Anschluss erfolgen weitere Checks. So achtet man zum Beispiel zusätzlich auf Unwuchten und verwendet nur hochwertiges Reparaturmaterial. Der computergesteuerte Maschinenpark leistet Pneuhage zufolge ebenfalls seinen Beitrag dazu, dass die Reklamationsquote bei unter einem Prozent liegt – der Wert sei vergleichbar mit der Neureifenindustrie.

Der Vertrieb an Speditionen und Baufirmen erfolgt hauptsächlich über die zur Firmengruppe gehörenden rund 160 eigenen Servicebetriebe sowie durch ausgebildete Produktberater. Für jede Einsatzart stehen individuelle Laufstreifen-Varianten zur Verfügung.

 

Den Beitrag finden Sie auch in der Print-Ausgabe 4-2022 der Krafthand-Truck.