Flottenmanagement: Die Nfz-Werkstatt muss mit entsprechenden Fahrzeugzustandsdaten versorgt werden, um Service- und Reparatur-Prozesse anzustoßen sowie Teil des Workflows sein, um unnötige Standzeiten zu vermeiden. Bild: Webfleet
Stillstand ist Rückschritt

„Nfz-Werkstätten müssen Teil des Workflows sein“

Erfolgsfaktor Nr.1 im Straßengüterverkehr ist das Vermeiden unnötiger Standzeiten. Dabei gilt es vor- und nachgelagerte Prozesse zu verschlanken und zu optimieren. Die Nutzfahrzeugwerkstatt spielt dabei eine zentrale Rolle. Überhaupt ist sie für die Einsatzfähigkeit der Fahrzeuge verantwortlich. Hinzu kommen die Einhaltung und Dokumentation gesetzlicher Vorschriften wie der Sicherheitsprüfung (SP), die HU und sämtlicher Wartungs- und Reparaturprozesse, um stets einen sicheren und unfallfreien Fahrbetrieb zu gewährleisten. Ein zentrales Instrument zur Erfüllung dieser Aufgaben, ist die Einbindung in ein Flottenmanagement-System, zugeschnitten auf die jeweiligen Bedarfe der Spedition und der Nfz-Werkstatt. Die Werkstatt muss im Optimalfall ‚Over the Air‘ mit den notwendigen Daten zum technischen Zustand jedes Fahrzeugs versorgt werden und selbst in der Lage sein, sämtliche Service- und Reparaturumfänge einem einzelnen Fahrzeug zuzuordnen. Sprechen wir einfach von einer digitalen Serviceakte für Lkw und Trailer, auf die alle notwendigen Nutzergruppen Zugriff haben.

Keine Datenflut!

Wolfgang Schmid, Webfleet
„Wir müssen keine Raketentechnologie‘ einführen und auch selbst manchmal aus unserer Programmiererblase raus“, so Wolfgang Schmid.

Eine inflationäre Sammlung von Fahrzeugdaten hilft erstmal nicht weiter. Die Daten müssen intelligent ausgewählt, aufbereitet, gezielt zur Verfügung gestellt und prozessorientiert verwendet werden. Dann kann auch die Nfz-Werkstatt enorm profitieren“, so Wolfgang Schmid, Head of Central Region, beim Telematik-Spezialisten Webfleet. Schmid hat lange Jahre Erfahrung im Bereich Flottenmanagement und kommt selbst aus der IT. „Webfleet hatte seine Ursprünge bei TomTom-Telematics. TomTom stand für Navigation, mit ‚Telematics‘ wusste man wo sich das Fahrzeug befindet.“ Heute umspannt der Begriff Telematik viel mehr. Schmid spricht gleichsam vom Internet der Dinge (IoT). „Es ist egal ob es der Zustand einer Trailer-Bremse, die Innenraumtemperatur einer Zugmaschine oder der Füllstand des Motoröls ist, programmieren und auswerten lässt sich grundsätzlich alles was messbar ist.“ Schmid geht es aber nicht darum unendlich Daten über Schnittstellen wie OBD und FMS, zu sammeln, sondern um genau die Daten die gebraucht werden, um Prozesse im Unternehmen anzustoßen, Abläufe zu optimieren und Mehrwert für alle Beteiligten zu schaffen.

Es geht darum einen Mehrwert für alle Beteiligten zu schaffen.

Vorausschauende Wartung

Grundsätzlich muss man beim Thema ‚Vorausschauende Wartung‘ (Predictive-Maintenance) –eine Kernfunktion für Speditionen und Nfz-Werkstätten – erstmal kein großes Fass aufmachen. „Manchmal reicht es schon aus, wenn bei absehbarem Servicetermin, bei drohendem Bremsenverschleiß oder zu geringem Reifenprofil, automatisch eine E-Mail an die Werkstatt und/oder den Disponenten abgesetzt wird“, so Schmid. Dann könne man handeln und erlebe keine unschönen Überraschungen. Man sollte sich langsam an das Thema herantasten und Step by Step weitere Funktionalitäten implementieren, die spürbaren Mehrwert bieten. Die Investition in die notwendige Hard- / und Software zahle sich laut Schmid rasch aus. Bleibt zum Beispiel ein Lkw mit defekter Bremse, zumal im Ausland, stehen wird es schnell teuer. Das hätte man mit Kenntnissen zum Zustand der Bremse verhindern und den Service in der hauseigenen Werkstatt bereits erledigen können – egal am ob Kunden- oder an einem eigenen Fahrzeug. „Wir bieten bei Webfleet ‚Software as a Service‘, das fängt schon bei kleinsten Flotten an. Nicht alles was für eine große Spedition Sinn macht, ist auch für eine kleine Flotte sinnvoll“, so Schmid. Letztendlich müsse es sich für jeden Kunden lohnen.

Die Anwender abholen

Man könne laut Schmid eine Menge Prozesse in die Nfz-Werkstatt bringen, es geht aber auch um die Akzeptanz. Dies betrifft auch die Schnittstelle Fahrer-/Werkstatt. „Es ist schon ein Mehrwert, wenn der Fahrer, mit dem Smartphone oder Tablet ‚just-in-time‘ eine Unregelmäßigkeit dokumentieren und direkt ins System versenden kann.“ Der Fahrer / die Fahrerin ist ein zentraler Teil der Wertschöpfungskette, er ist vielmehr auch Botschafter für das Unternehmen. Holt man ihn/sie direkt mit ins Boot, bekommt man Informationen aus erster Hand. Dabei spielt auch eine mögliche Sprachbarriere keine Rolle, Bilder sprechen Ihre eigene Sprache.

Motivation der Fahrer(innen)

„Was die Einbindung von Fahrerinnen und Fahrer angeht, rennen Sie bei mir offene Türen ein“, fährt Schmid fort. „Es gehört zu unserem Credo allen beteiligten Personen genau die Infos bereitzustellen, das ein sinnvoller Workflow entsteht.“ Schmid liefert ein Beispiel: „Nehmen sie eine App, die die Abfahrtskontrolle vereinfacht und mögliche Schwachstellen am Fahrzeug direkt in der Fahrzeugakte hinterlegt. Ein weiteres Beispiel ist der Ausdruck der Frachtpapiere im Fahrzeug. Der lästige Papierkram und die Sucherei entfallen.“ Das seien alles keine Raketentechnologien. Hinzu komme die regelmäßige Kontrolle des Reifendrucks. Zusammen mit unserer Konzernmutter Bridgestone bieten wir ein intelligentes RDKS-Monitoring-System an. „Nehmen sie beispielsweise einen klassischen Sattelzug. Da kommen schnell 12 Reifen und mehr zusammen, an die inneren Zwillingsreifen kommen sie gegebenenfalls nur bedingt ran.“

Wir müssen alle Beteiligten von Anfang an mitnehmen – Disponenten, Fahrerinnen und Fahrer sowie Werkstattmitarbeiter.

Zusatzanreize schaffen

Datenmonitoring: „Nicht alles was für große Speditionen Sinn macht, ist auch für eine kleine Flotte sinnvoll.“ Bild: Webfleet

Tatsächlich gibt es laut Schmid auch Transportunternehmen, die über eine Warteliste was Fahrer angeht, verfügen. Der Grund: Sie bieten ihren Angestellten neben modernen und optimal gewarteten Fahrzeugen, vielfältige Hilfsmittel an, um ihre Arbeit effektiver, aber auch angenehmer und stressfreier zu gestalten. So können Flottenmanagementsysteme Puffer vorsehen, wenn bekannt ist, dass die Anlieferungszone beim Kunden schwer zu erreichen ist. Wird es knapp mit einem Anliefertermin, kann man den Kunden frühzeitig informieren, gegebenenfalls ist mehr Freizeit drin, die Fahrt wird sicherer, ohne zusätzlichen Zeitdruck, man spart zudem Kraftstoff, der Kunde wartet nicht unnötig. Zudem können entsprechende Funktionen einer Flottenmanagement-Software dazu dienen auch dem Fahrer einen zusätzlichen Mehrwert zu bieten. Man denke nur an ein Bonusprogramm für eine besonders kraftstoffsparende Fahrweise. Allein aber die aktive kommunikative Einbindung des Fahrers mittels Smart-Phone oder Tablet in die Wertschöpfungskette, motiviert zusätzlich. Dabei gilt laut Schmid: „Durch einen erkennbaren Zusatznutzen und einem deutlichen Mehrwert lassen sich auch kritische Geister überzeugen. Im Übrigen gilt bei der Erhebung von persönlichen Daten immer der gesetzliche Datenschutz, beziehungsweise die DSGVO.“ Was die Implementierung entsprechender Systeme angeht, so rät Schmid alle Beteiligten schon in der Entwurfsphase mit einzubinden. Dies erhöhe die spätere Akzeptanz enorm.

Die Unternehmensgröße

„Für ein Flottenmanagementsystem sind wir viel zu klein“, so lautet die Aussage von zahlreichen kleinen Speditionen und Handwerksbetrieben. „Unsere Anwendungen müssen sich aber auch für einen Transporter oder einen Lkw rechnen“, erzählt Schmid. Eine Größenschranke gebe es also nicht, um Prozesse zu optimieren und um Ausfällen entgegenzuwirken. Und im Übrigen: Je weniger fahrzeugaffin ein Unternehmer ist, desto mehr Grenznutzen könne ihm eine Nfz-Werkstatt anbieten. „Wenn ein Transporter eines Handwerksbetriebs liegen bleibt, dann habe die Mitarbeiter ein Problem.“ Es ergeben sich für Nfz-Werkstätten also enorme Zusatzpotenziale im Management auch von kleinen Kunden-Flotten, vorausgesetzt man verfügt über Informationen zum Zustand der Fahrzeuge.

Je weniger fahrzeugaffin ein Unternehmer ist, desto mehr Grenznutzen kann ihm eine Nfz-Werkstatt anbieten.

Vernetzung der Daten und KI

Ausfallsicherheit: Bereits für kleine Flotten von Handwerksbetrieben bietet ein gezieltes Wartungs- und Servicemanagement von Seiten der Werkstatt enorme Potenziale. Bild: Webfleet

Laut Schmid liegt die Zukunft in der Vernetzung von Daten. Künstliche Intelligenz sorgt dafür, dass große Datenmengen zu konkreten, im besten Fall einfachen Handlungsvorschlägen ausgearbeitet werden, die auch von Nfz-Werkstattleitern bewertet und als Entscheidungsgrundlage verwendet werden können. Er liefert ein simples Beispiel: „Viele Speditionen haben Probleme bei der Bezifferung der Laufleistung ihrer Trailer. Diese einfache Kennzahl ist jedoch Grundlage zur Bewertung des Verschleißes von Bremsen, Lagern, Reifen. Zudem lassen sich die Daten zur Beladungssituation, zur Gewichtsverteilungen, die Topografie der gefahrenen Strecken, Straßenbeläge und Art hinzuziehen. Die Prognostik wird immer besser, ersetzt aber noch nicht den Blick auf die Bauteile.“ Man könne schon unheimlich viel, aber längst nicht alles, so Schmid.

Herausforderung Elektromobilität

In Zukunft spielt das datenbasierte Lademanagement in Speditionen eine große Rolle. Wie hoch sind die Kosten, wann kann ich günstigen, wann grünen Strom beziehen? Bei Leasingverträgen wird zudem die Batteriegesundheit eine große Rolle spielen. Bild: Georg Blenk

Wirft man einen Blick auf die Elektromobilität, so kommen auf Speditionen weitere, erfolgsrelevante Faktoren wie das Lade- und Batteriemanagement hinzu. Auf Basis von Informationen zum Kunden- und Tourenprofil, zur benötigten Reichweite sowie zu Lademöglichkeiten, lassen sich Investitionsentscheidungen (TCO, ROI) absichern. Oftmals können bereits heute Touren problemlos mit einem E-Lkw bewältigt werden. Immer mehr Auftraggeber fordern dies bereits ein, um ihre CO2-Bilanz zu optimieren. Zusätzlich spielen Lademöglichkeiten auf dem Firmen- und/oder Werkstattgelände, das Batteriemanagement (Batteriegesundheit) sowie eine angepasste Auftrags- und Ladeplanung eine zentrale Rolle.

Die Integration der Nfz-Werkstatt in den Workflow spielt in Zukunft eine zentrale Rolle.

Am Ende des Tages zählt, welche Informationen relevant für den Disponenten, den Fahrer, den Werkstattmeister sind. „Unsere Aufgabe als Webfleet ist es, individuelle Filter zu setzen, Prozesse zu integrieren und gezielt Mehrwerte zu schaffen. Dabei spielt die Integration der Nfz-Werkstatt in Zukunft eine zentrale Rolle“, so Wolfgang Schmid.

 

Den Beitrag finden Sie auch in der Print-Ausgabe 1-2024 der Krafthand-Truck.