Mann+Hummel: Neue Luftfilter-Sensortechnik für Lkw-Brennstoffzellen – Vorausschauende Wartung.
Im Zuge der Verkehrswende konkurrieren verschiedene Antriebsarten um die Nachfolge des Verbrennungsmotors. Entscheidende Kriterien sind Leistung, Betriebsdauer, Nachhaltigkeit und nicht zuletzt die Kosten. Setzen Politik und Industrie im Bereich der individuellen Mobilität derzeit vor allem auf batteriebetriebene Elektrofahrzeuge, so rückt für Nutzfahrzeuge zunehmend die Brennstoffzelle in den Vordergrund. Eine neuartige Luftfilter-Sensor-Technologie aus dem Hause Mann+Hummel verspricht hier eine Optimierung des Leistungs-Lebensdauer-Verhältnisses. Eine Brennstoffzelle ist auf eine absolut saubere Ansaugluft angewiesen, ein Aktivkohlefilter absorbiert schädliche Gase, hat jedoch eine begrenzte Speicherkapazität.
Projekt ISAAC
Das Projekt ISAAC (Entwicklung eines Sensor-Arrays für Schadgas-adsorbierende Kathodenluftfiltersysteme im Rahmen der deutsch-chinesischen Kooperation) wird im Rahmen des Nationalen Innovationsprogramms Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie mit insgesamt 840.412 Euro durch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr gefördert. Die Förderrichtlinie wird von der NOW GmbH koordiniert und durch den Projektträger Jülich (PtJ) umgesetzt.
Problem: Schadstoffe in der Kathodenluft
„Die Lebensdauer einer PEM-Brennstoffzelle hängt unter anderem von der Sauberkeit der Kathodenluft im Katalysator ab“, erklärt Dr. Michael Harenbrock, Principal Expert Electric Mobility bei Mann+Hummel. „An der platinbeschichteten Kathode wird Sauerstoff reduziert, doch auch stickstoff- oder schwefelhaltige Gase binden sich an die Platin-Partikel. Dadurch blockieren sie den Katalysator und beeinträchtigen so die Leistung der Brennstoffzelle.“
Wirksamen Schutz bieten speziell auf solche Schadgase angepasste Aktivkohlefilter, die diese selektiv absorbieren, aber lediglich über eine begrenzte Speicherkapazität verfügen. „Erfahrungswerte für empfohlene Zeitintervalle von Filterwechseln gibt es bei der Brennstoffzelle noch nicht in dem Maße, wie wir es von Verbrennungsmotoren kennen, da die Technologie noch recht neu ist“, sagt Harenbrock. „Eine Vorhersage der Filter-Lebensdauer bleibt folglich erschwert, solange man die im Realbetrieb einwirkende Schadgasmenge nicht kennt. Feldversuche in Deutschland zeigen, dass diese sehr stark davon abhängt, in welchem lokalen Verkehrsumfeld gefahren wird.“
Filter-Sättigung: Sensor-Array zeigt Wartungsbedarf an
Um eine nutzungsgerechte Wartung zu ermöglichen, arbeitet Mann+Hummel in einem Konsortium mit zwei weiteren Partnern an einem Sensor-Array für den Kathodenpfad, das die Sättigung der verwendeten Aktivkohlen und den beginnenden Durchbruch von Schadgasen anzeigt. Dabei entwickelt das Duisburger Institut für Energie- und Umwelttechnik e.V. (IUTA) ein Durchbruchsensor-Array auf Basis gassensitiver Oberflächen für den automobilen Einsatz bei wechselnden Umgebungsbedingungen und einer darauf angepassten intelligenten Signalauswertung; das fem Forschungsinstitut Edelmetalle + Metallchemie in Schwäbisch Gmünd liefert die Sensorschichten, die sensitiv und selektiv auf ausgewählte Schadgase beziehungsweise -Gemische reagieren. „Unsere Aufgabe bei Mann+Hummel ist – neben der Entwicklung von speziell auf die Schadgasprofile angepassten Kathodenluftfilter-Medien – die Integration des Arrays in den Kathodenluft-Pfad“, so Harenbrock. „Am Ende steht ein Prototyp, der dann noch bis zur Serienreife gebracht werden muss.“
Zum Einsatz kommen soll die Neuentwicklung vornehmlich in Brennstoffzellensystemen für Nutzfahrzeuge. „Die Lebensdaueranforderungen sind bei Nutzfahrzeugen wesentlich höher als im Pkw-Bereich“, erläutert Harenbrock. „Zudem steht die Antriebstechnologie im Wettbewerb mit dem Verbrenner, die Gesamtkosten müssen also wirtschaftlich sein. Die hier erforderliche Sensor-Messtechnik, die bereits sehr geringe Gaskonzentrationen zuverlässig bestimmen kann, wird heute hauptsächlich an Prüfständen eingesetzt. Für den Einsatz in Fahrzeugen ist sie zu teuer. Ziel unseres Projekts ist eine Reduzierung der Kosten für die Sensoren bei gleichzeitiger Erhöhung der Brennstoffzellen-Lebensdauer – also eine dauerhafte Leistung über einen möglichst langen Zeitraum hinweg, ermöglicht durch vorausschauende Wartung, sprich: einem Filterwechsel zum erforderlichen Zeitpunkt.“
Vorfahrt für Wasserstoff: Chinesischer Markt im Fokus
Zweck der staatlichen Förderung ist die wettbewerbsfähige Etablierung der Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie im Verkehrssektor – und damit eine Stärkung der heimischen Wirtschaft. Von besonderer Bedeutung ist deshalb die Verzahnung mit einem vom chinesischen Ministerium für Wissenschaft und Technologie (MoST) geförderten Schwesterprojekt in China. Partner auf chinesischer Seite sind die Tongji-Universität in Shanghai, Mann+Hummel China sowie ein OEM-Partner für Felderprobungen. Harenbrock: „Aufgrund der unterschiedlichen Luftqualität ist es für die Auslegung von Filterelementen erforderlich, zunächst entsprechende Messdaten aus China zu erhalten. Am Ende kommt der von uns entwickelte Prototyp vor Ort zur Erprobung. China ist ein hochinteressanter Absatzmarkt, da man dort gerade im Bereich Nutzfahrzeuge die Wasserstoffstrategie stark ausbauen möchte.“
Weitere Informationen zum Nationalen Innovationsprogramm Wasserstoff- und Brennzellentechnologie Phase II (NIP 2) sind hier zu finden.