Lkw-Budget-Reifen und hohe Produktionskosten: Michelin schließt drei Standorte in Deutschland
Lkw-Budgetreifen aus Niedriglohnländern und die steigende Produktionskosten in Deutschland haben Michelin dazu veranlasst, auf diese langfristigen Negativtrends zu reagieren. Dies bedeute die schrittweise Schließung bis 2025 der Standorte Karlsruhe, Trier sowie der Lkw-Neureifen- und Halbfabrikat-Fertigung in Homburg. Dies teilte das Unternehmen den betroffenen 1.410 Mitarbeitenden mit. Zudem möchte Michelin sein Kundenkontaktzentrum für Deutschland, Österreich und die Schweiz bis Ende 2025 von Karlsruhe nach Polen verlagern, wovon 122 Mitarbeitende betroffen sind. Der größte europäische Produktionsstandort von Michelin für die Runderneuerung von Lkw-Reifen in Homburg und das Pkw-Reifenwerk in Bad Kreuznach seien laut Michelin nicht betroffen. Die Produktion an diesen Standorten wird fortgeführt.
„Diese unumgängliche Entscheidung ist uns sehr schwer gefallen. Das Engagement unserer Mitarbeitenden, die innerbetrieblichen Fortschritte und die Investitionen der vergangenen Jahre in die betroffenen Aktivitäten können den starken Wettbewerbsdruck nicht länger ausgleichen“, so Maria Röttger, Präsidentin der Region Nordeuropa von Michelin.
Budgetreifen und steigende Kosten
In den vergangenen Jahren hat sich der europäische Lkw-Reifenmarkt deutlich in Richtung importierter Budgetreifen verschoben. Zwischen 2013 und 2022 stieg der Marktanteil von Budgetreifen – hauptsächlich aus Niedriglohnländern – um elf Prozentpunkte, auf Kosten des Premium- und mittleren Preis-Segments (Quelle: Roland Berger). Diese Entwicklung führt zu einem Rückgang des Premium-Segments und somit zu einem Verlust von Marktanteilen.
Die jüngsten gesundheits- und geopolitischen Krisen und deren Auswirkungen auf Energie-, Logistik- und Rohstoffpreise sowie eine hohe Inflationsrate haben die Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandorts Deutschland laut Michelin zusätzlich belastet. Im Juli 2023 waren die Industrie-Erdgaspreise in Deutschland mehr als doppelt so hoch wie 2015, während der Strompreis um 51 Prozent stieg (Quelle: VCI).
Diese Faktoren wirkten sich direkt und ungünstig auf den Industriebetrieb von Michelin aus, einschließlich der Exportaktivitäten der betroffenen Standorte. Diese sind nicht mehr in der Lage, wettbewerbsfähig in andere Regionen zu exportieren. Michelin verfolgt zudem die Strategie, näher an den Märkten zu produzieren. Das diene dazu, den Kundenservice mit einer robusteren, umweltfreundlicheren und effizienteren Logistikkette zu verbessern, was in einem Rückgang der Exporte resultiert.
Diese Exportstrategie sowie die Marktverlagerung hin zu preisgünstigeren Lkw-Budgetreifen und die nachteiligen Rahmenbedingungen für die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands führen zu strukturellen Überkapazitäten und einer Unterauslastung der betroffenen Produktionsstandorte.
Mit Blick auf das Kundenkontaktzentrum führte laut Michelin der gestiegene Wettbewerbs- und Preisdruck zu der Notwendigkeit eines effizienteren Strukturwandels. Im Sinne der Sicherung der allgemeinen Wettbewerbsfähigkeit wird Michelin das Kundenkontaktzentrum bis Ende 2025 von Karlsruhe nach Polen verlagern.
Was nun?
Im Austausch mit den Sozialpartnern wird Michelin nun eigenen Angaben zufolge mit den betroffenen Mitarbeitenden deren weiteren beruflichen Weg besprechen und ein umfassendes Maßnahmenpaket anbieten. Zu diesem könnten die Dienste einer Transfergesellschaft ebenso gehören wie Weiterbildungsangebote und das Prüfen interner Beschäftigungsmöglichkeiten. „Unsere Priorität ist es jetzt, unsere Mitarbeitenden so gut wie möglich zu unterstützen und sie individuell in eine neue Zukunft zu begleiten“, so Röttger. Die Gespräche mit den Betriebsräten und der Gewerkschaft IGBCE über die Umsetzung der betrieblichen Änderungen sowie mögliche Alternativen für die künftige Nutzung der betroffenen Standorte werden fortgesetzt.
So prüfe Michelin gemeinsam mit Partnern die Umgestaltung der Standorte, um die Schaffung von Arbeitsplätzen zu unterstützen.