Lkw-Lagerbuchsen wechseln
Gummi-Metall-, Schlitzbuchsen- und Silentlager zählen zu den typischen Verschleißkomponenten am Fahrwerk von Lkw und Trailern. Zudem sind sie sicherheitsrelevant. Bild: Hazet
Ersatzteile/Zubehör

Nichts für Drückeberger! Der professionelle Tausch von Lagerbuchsen

Lagerbuchsen gehören zu Fahrwerkskomponenten bei Lkw und Trailern und sind typische Verschleißteile. Sie auszutauschen gehört allerdings nicht zu beliebtesten Arbeiten in der Nutzfahrzeug-Werkstatt. Einerseits erschwert häufig Korrosion den Ausbau, andererseits bereiten speziell Schlitzbuchsen oftmals Probleme beim Einbau. Um Nutzfahrzeug-Profis das Handling zu erleichtern, gibt es eine Vielzahl an nützlichen Werkzeugen. Wir liefern Tipps für die Werkstattpraxis.

Sicherheitsrelevant

Gummi-Metall-Lager, Schlitzbuchsen und Silentlager sind in Längs-, Quer- und Dreieckslenkern sowie Stoßdämpfer- und Blattfederaugen zu finden. Da sie nicht nur dämpfend wirken, sondern teilweise auch Führungsaufgaben übernehmen, gehören sie zu den sicherheitsrelevanten Bestandteilen des Fahrwerks. Deshalb ist ein regelmäßiger Blick auf die Lagerkomponenten, auch außerhalb der regulären Inspektion, für den Nfz-Profi ratsam. Oft deuten verschlissene Gummilager auch auf Schäden an der Fahrwerks-Peripherie hin.

Nur begrenzt haltbar

Die Lebensdauer dieser Gummi-Metall-Komponenten ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Einen wesentlichen Anteil haben die Betriebs- und Einsatzbedingungen. Besonders verschleißintensiv wirken sich der Baustellenbetrieb sowie der Einsatz auf Straßen mit schlechtem Fahrbahnbelag und Schotterpisten aus.
Doch auch das Alter spielt eine Rolle. Mit der Zeit diffundieren die Weichmacher aus dem Gummimaterial zwischen den Metallkomponenten des Lagers aus, sodass es mit der Zeit versprödet und Risse bekommt. Zerstörerisch wirkt sich zudem auch der Kontakt mit Betriebsflüssigkeiten wie Motor- und Getriebeöle aus, die den Gummi aufquellen, weich oder porös werden lassen.

Ausgebaute Schlitzbuchse mit Passungsrost
Aufgrund von Passungsrost sitzen Schlitzbuchsen oft wie festgeschweißt in den Federaugen. Bild: Hazet

Geräuschentwicklung

Defekte Gummimetalllager machen typischerweise durch Geräusche – etwa ein hartes, metallisches Schlagen oder Quietschen beim Überfahren von Unebenheiten – auf sich aufmerksam. Auch durch Last- oder Richtungswechsel entstehen Geräusche. Hinzu kommt oftmals ein schwammiges Fahrverhalten, etwa wenn sich der eingegossene Dämpfungsgummi bereits von der äußeren oder inneren Buchse verabschiedet hat oder die innere Buchse, mit der das Lager mit dem Rahmen oder am Aufbau verbunden ist, bereits stark ausgeschlagen ist.

Test für ausgeschlagene Gummi-Metall-Lager und Silentbuchsen mit einem Radspieltester
Mit Hilfe eines Radspieltesters lassen sich ausgeschlagene Gummi-Metall-Lager und verschlissene Silentbuchsen entlarven. Defekte Schlitzbuchsen in den Federaugen lassen sich meist mit bloßem Auge erkennen. Bild: Maha

Das richtige Werkzeug

Der Ersatz von Gummi-Metall-Lagern, speziell von Schlitzbuchsen, gehört nicht zu den beliebtesten Arbeiten eines Nutzfahrzeug-Spezialisten. Vor allem dann nicht, wenn der Wechsel ohne geeignetes Spezialwerkzeug erfolgen soll. Dies ist vor allem in kleineren oder betriebseigenen Nfz-Werkstätten der Fall, bei denen der Lageraustausch nicht häufig vorkommt und deshalb an der Anschaffung eines meist nicht ganz billigen Spezialtools gespart wird.

Spezialwerkzeug zum Ausbau von Lagerbuchsen
Der große Vorteil von Spezialwerkzeugen ist, dass der Werkstattfachmann die Feder zum Buchsentausch nicht komplett ausbauen muss, sondern die Arbeit direkt am Fahrzeug erledigen kann. Bild: Hazet

Allerdings gibt es neben hydraulischen (und entsprechend teureren) Aus- und Einpresswerkzeugen auch manuelle, die deutlich günstiger sind. Rechnet man mit einem spitzen Bleistift, so amortisieren sich solche Spezialwerkzeuge rasch. Und das nicht nur, weil sich die Arbeiten damit schneller und sicherer erledigen lassen, sondern auch, weil es bei nicht fachmännischem Hantieren mit ungeeigneten Werkzeugen oder mit selbstgebauten ‚Provisorien‘ immer wieder zu unnötigen Schäden an Mann und Material, sprich: an den neuen Ersatzteilen oder Komponenten in der Peripherie kommt. Manche dieser eher laienhaften Reparaturversuche gehen mangels Profi-Tool und Know-how sprichwörtlich ins Auge.

Der Aus- und Einbau

Problematisch gestaltet sich meist schon der Ausbau der defekten Buchse, da diese aufgrund von Passungsrost fest in ihrer Bohrung oder dem Befestigungsauge sitzt. Selbst mit kräftigen Hammerschlägen ist da vielfach nichts zu machen, vor allem nicht bei beengten Platzverhältnissen. Auch mechanische Auszieher müssen bei derartigen Konstellationen oft passen. Dann ist meist der zeitaufwändige Ausbau der betroffenen Komponente und das Ausdrücken des Lagers an der Werkstattpresse das Mittel der Wahl. Manche greifen auch zum Schweißbrenner, um die ‚Korrosionverschweißung‘ zu lösen. Schneller und mit deutlich weniger Kollateralschäden an Druckluftleitungen und Verkabelung, funktioniert dies mit einem Induktionserhitzer. Das Gerät löst den hemmenden Passungsrost, sodass sich die Buchse mit vergleichsweise geringem Kraftaufwand ziehen lässt.

Neu eingebaute Schlitzbuchse
Passt perfekt! So muss eine fachmännisch eingebaute Schlitzbuchse aussehen. Sie schließt bündig ab und die Metallummantelung zeigt sich ohne Beschädigungen. Bild: Hazet

Zu den ‚Räuberlösungen‘ beim Einbau dagegen gehören beispielsweise das konische Anschleifen der äußeren Buchse oder der Versuch, eine Schlitzbuchse mit einer großen Rohrzange vorzuspannen. Beides schädigt den Korrosionsschutz an der Buchsen-Oberfläche und führt zum erneuten, schnellen Festrosten. Zudem birgt diese Methode auch ein erhebliches Verletzungsrisiko.

Profi-Tipps Lagertausch – Step by Step

  • Markieren Sie die Einbaulage der auszubauenden Schlitzbuchse und übertragen Sie die Markierung auf die neue Buchse.
  • Wählen Sie zum Vorspannen der Schlitzbuchse geeignete Halbschalen und ein geeignetes Druckstück aus. Bei kleinen Buchsen-Durchmessern kann man einen Adapter verwenden.
  • Legen Sie die neue Schlitzbuchse mit dem Schlitz leicht versetzt zur Spannblockhälfte ein, damit es beim Vorspannen nicht zu ungewollten Stauchungen im Lager kommt.
  • Richten Sie die neue Schlitzbuchse mittig in den Spannblockhälften aus, sodass der Überstand vorne und hinten gleich groß ist.
  • Achtung! Buchse und Werkzeug dürfen sich vor und während des Ein- und Ausziehens nicht verkanten. Nur so vermeidet man Beschädigungen des Lagers oder der angrenzender Fahrzeugteile.
  • Wählen Sie die Druckstücke für den Aus- und Einbau passend zu den Buchsen-Durchmessern aus. Das Druckstück drückt auf die Metallummantelung der Schlitzbuchse. Beim Einbau muss die kurze Aufnahmehülse am Federauge genügend Fläche zum Abstützen haben.
  • Fetten Sie die Spindel des Werkzeugs großzügig ein.
  • Benutzen Sie zum Einziehen der Lager ausschließlich die vom Fahrzeughersteller freigegebenen Gleitmittel.
  • Platzieren Sie das Sichtfenster der Aufnahmehülse so, dass sich das Ausziehen einwandfrei überwachen lässt.

Fachgerechter Wechsel

Für den professionellen Wechsel von Gummi-Metall-Lagern und speziell auch von Schlitzbuchsen bieten zahlreiche Werkzeughersteller spezielle Montagelösungen an. Die Bandbreite erstreckt sich vom preisgünstigen, handbetriebenen Spindelauszieher über hydraulische Varianten mit Hand- bis hin zu Versionen mit motorbetriebener Hydraulikpumpe. Wichtig für den Schlitzbuchsen-Tausch ist eine Spannvorrichtung mit Halbschalen. Damit lassen sich die Buchsen parallel und schonend auf das erforderliche Einbaumaß vorspannen. Herkömmliche, konusförmige Hülsen führen meist zu einer Beschädigung der Buchse. Der große Vorteil der Speziallösungen ist, dass der Werkstattfachmann die Feder beim Austausch der Buchse nicht komplett ausbauen muss, sondern die Arbeit direkt am Fahrzeug erledigen kann.

Induktionsheizgerät zu entfernung von Passungsrost
Mit einem Induktionsheizgerät lässt sich der Passungsrost ‚pulverisieren‘, sodass sich das Gummi-Metall-Lager anschließend problemlos ausbauen lässt. Aufgrund des gezielten Wärmeeintrags gibt es im Gegensatz zum Schweißbrennereinsatz keine Kollateralschäden an Luftleitungen und Kabeln. Bild: Kuss

Darüber hinaus verfügen die meist universell zusammengestellten Sets über zahlreiche Druckstücke mit unterschiedlichen Durchmessern, welche sich auch für viele andere Aus- und Einpressaufgaben einsetzen lassen. Ähnliches gilt für Hydraulikzylinder. Auch sie lassen sich für vielfältige Arbeiten verwenden, insbesondere wenn hoher Druck gefragt ist.

Alles in einer Box

Die Nfz-Ersatzteilspezialisten von Meyle haben mit dem Blattfedern-Schlitzbuchsen-Kit eine montagefreundliche Reparaturlösung entwickelt. Der Satz enthält neben den vorkomprimierten Buchsen auch ein spezielles Montagewerkzeug zum fachgerechten Einpressen.

Das Kit soll vor allem jenen Nutzfahrzeugmechanikern den Arbeitsalltag erleichtern, welche sich kein teures Spezialwerkzeug anschaffen möchten, aber dennoch eine fachmännische Reparatur abliefern wollen.

Meyle komprimiert die Schlitzbuchsen bereits werkseitig auf das finale Einbaumaß vor und stülpt eine Hülse darüber, die beim Einpressen von dem Montagewerkzeug abgestreift wird. Beim Werkzeug handelt es sich um zwei spezielle Stahlringe, von denen einer die Führung der Buchse am Federnauge, der andere das Abstreifen der Kompressionshülse übernimmt. Laut Meyle ist damit ein passgenauer, rascher Einbau der Buchsen mit werkstattüblichen Mitteln möglich. Weitere Spezialwerkzeuge sind nicht notwendig. Die Montageringe lassen sich wiederverwenden, weshalb die Buchsen auch einzeln erhältlich sind.

Den Beitrag finden Sie auch in der Print-Ausgabe 2/22 der Krafthand-Truck.