Kühlmittelspuren an neu verbauter Pumpe – nicht immer Reklamationsgrund
Frostschutzspuren am Motor deuten meist auf Undichtigkeiten im Kühlkreislauf hin. Doch nicht jeder augenscheinliche ‚Kühlmittelverlust‘ ist auch tatsächlich einer – das gilt insbesondere für die Kühlmittelpumpe. Die Motorenteilespezialisten von Febi Bilstein erklären, was hinter ‚verdächtigen‘ Kühlmittelspuren kurz nach dem Ersteinbau stecken kann – und worauf beim Austausch der Kühlmittelpumpe zu achten ist.
Die Kühlmittelpumpe gehört zweifelsohne zu den Schlüsselkomponenten des Kühlsystems, denn sie ist verantwortlich dafür, dass sich der Motor jederzeit und unter allen – selbst den extremsten – Betriebsbedingungen ‚thermisch wohlfühlt‘. Allerdings zählt die Kühlmittelpumpe, im Mechaniker-Jargon häufig despektierlich als ‚Wasserpumpe‘ tituliert, auch zu den typischen Verschleißkomponenten eines Motors, sodass ein Pumpentausch zu den Routinearbeiten im Werkstattalltag gehört. Undichtigkeiten und mechanische Defekte, etwa am Lager des Schaufelrads, gehören erfahrungsgemäß nach hohen Laufleistungen zu den häufigsten Ausfallursachen.
Doch laut Sascha Keller, Technical Marketing Manager Truck beim Ennepetaler Nutzfahrzeugteile-Spezialisten Febi, kommt es immer wieder einmal vor, dass erst neue Kühlmittelpumpen kurz nach dem Einbau als ‚undicht‘ reklamiert werden. „Manche sogar unmittelbar nach dem Entlüften des Kühlsystems oder direkt im Anschluss der Probefahrt nach dem Ersteinbau“, berichtet der Nutzfahrzeug-Fachmann gegenüber KRAFTHAND-Truck. „In den seltensten Fällen handelt es sich jedoch um eine berechtigte Reklamation. Vielmehr ist es normal, dass an der Kühlmittelpumpe, insbesondere nach der Erstmontage, technisch bedingt eine gewisse Menge Kühlmittel, die sogenannte Leckagemenge, austritt“, stellt Keller fest.
Kleines Bauteil mit großer Bedeutung
Um das zu verstehen, muss man den prinzipiellen Aufbau einer Kühlmittelpumpe kennen. „Das im Lagerpaket wichtigste und sensibelste Bauteil ist zugleich auch das kleinste. Die Rede ist von der Gleitringdichtung, die von außen nicht zu erkennen, äußerst filigran und ziemlich empfindlich ist“, erklärt der Technikfachmann von Febi. Demnach sitzt die Gleitringdichtung auf der Kühlmittelpumpenwelle und dichtet das Pumpenlager zum Kühlkreislauf hin ab. Sie besteht aus zahlreichen Teilen, wobei es ‚rotierende‘ und ‚stehende‘ gibt, sprich, welche, die sich mit der Pumpenwelle drehen und andere, sie statisch im Pumpengehäuse verbaut sind.
Kritischer Punkt ist laut Keller daher die Stelle, wo die statische Seite (Gleitring) auf die rotierende (Gegenring) trifft. Die sichere Abdichtung erfolgt, indem die Dichtflächen beider Ringe (Gleit- und Gegenring) gegeneinander gleiten, wobei eine Feder für den notwendigen Anpressdruck sorgt. Die Gleitringpaarungen bestehen zwar aus hochwertigen und verschleißfesten Materialen, dennoch sei es erforderlich, um die dauerhafte Funktion der Gleitringdichtung über die gesamte Lebensdauer zu gewährleisten, die beiden Ringe permanent zu schmieren und zu kühlen. Dies übernimmt das Kühlmittel, indem es einen dünnen Schmierfilm zwischen den beiden Gleitringpaaren bildet, sobald sich die Kühlmittelpumpenwelle dreht. „Dieser Schmierfilm von 1–2 μm sollte immer da sein, um die Reibung zu reduzieren und die dabei entstehende Reibungswärme abzuleiten“, erläutert Keller.
Deshalb sei es „durchaus normal“, dass zwischen Gleit- und Gegenring etwas Kühlmittel austreten kann. „Doch diese Leckagemenge ist sehr gering und verdunstet während des Motorlaufs üblicherweise noch an der Pumpe“, berichtet Keller. Manchmal gelange aber auch Kühlflüssigkeit in den Freiraum hinter der Gleitringdichtung und trete schließlich an der sogenannten Drainagebohrung aus – was in geringem Umfang, insbesondere nach der Erstmontage, normal und kein Reklamationsgrund sei. Damit solche unbegründeten Beanstandungen gar nicht erst auftreten, gibt es dem Febi-Fachmann zufolge an manchen Pumpentypen einen kleinen Verdunstungsbehälter. In diesem Reservoir sammelt sich die austretende Kühlflüssigkeit und verdunstet schließlich. „Ein dauerhafter und deutlicher Kühlmittelaustritt an der Leckagebohrung hingegen ist ein sicheres Zeichen für eine defekte Gleitringdichtung – und damit für eine undichte Kühlmittelpumpe“, resümiert Keller.
Ein wesentlicher Faktor für eine lange Lebenserwartung der Gleitringdichtung respektive der Kühlmittelpumpe ist laut Febi Bilstein die Qualität der verwendeten Materialen. Die Ennepetaler verwenden nach eigenem Bekunden hochwertige und verschleißfeste Komponenten aus Silizium, Graphit oder Keramik. „Wird hier gespart, leidet die Lebensdauer. Dies ist auch ein Grund dafür, warum Kühlmittelpumpen äußerlich zwar ähnlich aussehen, qualitativ jedoch sehr unterschiedlich sein können“, konstatiert Keller.
Typische ‚Gleitringdichtungskiller‘
Die Gleitringdichtung ist also ein empfindliches Bauteil. Den Motorenteilefachleuten von Febi zufolge gibt es diverse typische ‚Gleitringdichtungskiller‘. Dazu gehören unter anderem:
- Trockenlauf durch Kühlmittelmangel
Stimmt im Kühlmittel das Mischungsverhältnis von Frostschutz zu Wasser nicht, wird das Gleitringdichtungspaket nur unzureichend geschmiert. Dann reiben wegen des fehlenden, schützenden Schmierfilms Gleit- und Gegenring trocken aneinander, wodurch Reibungswärme entsteht, welche wiederum die Gleitringdichtung zerstören kann. - Trockenlauf wegen zu wenig Druck im Kühlsystem
Ist das Ventil im Kühlerverschlussdeckel defekt, kann der Druck im Kühlsystem zu gering sein. Dann übt die Druckfeder des Dichtungspakets zu viel Druck auf Gleit- und Gegenring aus, sodass diese komplett aufeinander liegen und sich zwischen ihnen kein Schmierfilm aufbauen kann, wodurch die Gleitringdichtung trocken läuft und überhitzt. - Montagefehler beim Pumpentausch
Beim Pumpentausch nicht fachgerecht oder zusätzlich verwendete Dichtmittel, insbesondere auf Silikonbasis, können ins Kühlmittel und zwischen Gleit- und Gegenring gelangen und deren Oberflächen zerstören. - Verschmutztes/überaltertes Kühlmittel
Rost-, Kalk- und andere Schmutzpartikel im Kühlmittel können die Oberflächen der Gleitringdichtung zerstören. Eine Abdichtung des Pumpenlagers ist dann nicht mehr gewährleistet. - Transportschäden/Drehen der trockenen Pumpenwelle
Starke Schläge auf die Pumpenwelle beim Transport können die Gleitringdichtung ebenso vorschädigen beziehungsweise zerstören wie längeres Drehen der Pumpenwelle in trockenem Zustand, beispielsweise von Hand oder über den Antriebsriemen bei noch nicht gefülltem Kühlsystem.
Den Beitrag finden Sie auch in der Print-Ausgabe 6/20 der Krafthand-Truck.