Innovationsschau 2020 (Teil 1/2)
Wegen der Corona-Pandemie finden in diesem Jahr die beiden wichtigsten internationalen Branchenleitmessen – die Automechanika in Frankfurt und die IAA Nutzfahrzeuge in Hannover – nicht wie geplant statt. Damit die von den Ausstellern vorbereiteten Messe-Highlights nicht ungesehen verpuffen, präsentieren wir sie in der ‚ KRAFTHAND-Truck Innovationsschau 2020‘ quasi als ‚Messe im Heft‘ und unter dem Motto ‚Das wäre zu sehen gewesen‘.
Der Corona-Virus hat vieles verändert. So fallen beispielsweise die wichtigsten Branchenleitmessen – Automechanika und IAA Nutzfahrzeuge – in diesem Jahr aus. Interessante Produkte gibt es aber trotzdem. Denn wie vor solchen internationalen Messen üblich, haben sich die Entwickler der teilnehmenden Unternehmen mächtig ins Zeug gelegt, um den neugierigen Fachbesuchern ein Feuerwerk an Innovationen bieten zu können. Und damit die vielen Aussteller, die ihre Neuheiten und Neuigkeiten quasi schon ins Messegepäck gepackt hatten, nicht umsonst entwickelt, getüftelt und gewerkelt haben, zeigen wir – quasi als ‚Messe-Ersatz‘ – in unserer ‚KRAFTHAND-Truck Innovationsschau 2020‘ eine Auswahl interessanter neuer Produkte. Und da uns die Werkstattausrüster, Systemspezialisten, Zulieferer, Ersatzteilhersteller und Dienstleister so viele neue Produkte geschickt haben, müssen wir sie auf zwei Magazine verteilen. In dieser Ausgabe zeigen wir also den ersten Teil der Innovationen, in der nächsten KRAFTHAND-Truck, der Ausgabe 4-2020, sehen Sie dann im zweiten Teil der ‚Innovationsschau 2020‘ weitere interessante Neuheiten und Neuigkeiten.
Innovationen trotz Virus
AVL Ditest
Da das ‚Alternative Kältemittel R1234yf‘ für Busklimaanlagen nicht wirklich eine Alternative für das klimaschädliche Kältemittel R123a ist, setzen Bushersteller vermehrt auf CO2 – unter Klimaprofis auch als R744 bekannt. Denn CO2 ist nicht nur viel umweltfreundlicher, sondern kann aufgrund seiner physikalischen Eigenschaften mit weiteren Vorzügen aufw arten. „R744 weist eine rund dreimal höhere Kältekapazität auf als R134a, was Vorteile beim raschen Herunterkühlen stark aufgeheizter Bus-Innenräume bringt“, berichten die Klimatechnik-Spezialisten von AVL Ditest. Für den notwenigen, regelmäßigen Klimaservice hat das Unternehmen mit der vollautomatischen Servicestation ‚ADS 340‘ heute schon ein passendes Gerät im Portfolio. Aufgrund seiner Leistungsd aten und seiner Füllgenauigkeit soll es sich speziell auch für die großen Klimaanlagen von Bussen eignen.
Borg Warner
Anfang des Jahres hat Borg Warner die Vertriebsaktivitäten für Glühkerzen, Glüh zeit-Steuergerät e und Zü ndspulen seiner Marke ‚Beru‘ wieder in die eigenen Hände genommen. In diesem Zuge werden die bekannten ‚Beru‘-Verpackungen auf das aktuelle ‚Borg Warner‘-Design umgestellt. „Die Anpassung der Verpackung wird dazu beitragen, unsere Kunden von der Echtheit und der bewährten Qualitä t der Aftermarket-Komponenten zu überzeugen. Das gut wiedererkennbare Design wird die Marke ‚BorgWarner‘ im Ersatzteilemarkt festigen und unseren Ruf als starken, verlässlichen Partner in diesem Segment weiter untermauern“, erläutert Michael Boe, Vice President & General Manager für den Global Aftermarket bei Borg Warner die Hintergründe. Zum Aftermarkt-Portfolio des Unternehmens gehören unter anderem neue und wiederaufbereitete Turbolader und AGR-Ventile, Glühkerzen, GlühzeitsSteuergeräte und Zündspulen. Darüber hinaus liefert Borg Warner auch Lüfter, Thermostate, Ersatzteile für Allradkupplungen sowie Filter-, Pumpen- und Sensor-Sets und dazu passende Öle.
BPW
Mehr Nutzlast und weniger Verbrauch – mit diesen Argumenten bewirbt Achsenhersteller BPW seine jüngste Kreation, die Neun-Tonnen-Trailerachse ‚Airlight II‘. Zu den beson deren Features des Leichtgewichts, die Unternehmensangaben zufolge erstmals ein Modulgewicht von unter 370 Kilogramm ermöglichen, gehören neben leichten Alu-Naben und der Trailers cheibenbremse ‚Eco Disc TS‘ vor allem die neuartigen, laut BPW „ultraleichten“ Lenkerfedern aus hochfestem Federstahl. Ein neu entwickeltes Herstellungsverfahren ermöglicht demnach die Produktion des geschmiedeten Hohlprofils nach dem Vorbild der Natur, vergleichbar einem Knochen. Alleine die ‚LightTube‘ genannten Leichtbau-Lenkerfedern sollen laut BPW bei einem Dreiachs aggregat eine Gewichtsersparnis von 42 Kilogramm ermöglichen. Zusammen mit den 54 Kilogramm leichteren Alu-Naben soll die ‚Airlight II‘-Achse einem Trailer einen Nutzlastvorteil von 96 Kilogramm bescheren.
Dometic
Beim Zubehörspezialisten Dometic steht der Fahrzeughersteller- unabhängig nachrüstbare „intelligente Abbiegeassistent“ mit der Bezeichnung ‚BVS71000‘ im Fokus. Nach Unternehmensangaben verfügt dieser über eine ABE, die das System nach aktuellen Standards des De-minimis-Programms der Regierung als förderungswürdiges System ausweist. Das Set besteht im Wesentlichen aus einem Sieben-ZollMonitor, der Spezial-Kamera ‚CAM1000‘ sowie einer intelligenten Bildauswertungssoftware, welche irrelevante Objekte automatisch ausblenden und so die Akzeptanz des Fahrers erhöhen soll. Integrierte Infrarot-LEDs sollen nachts für eine gute Bild qualität sorgen. Der Einbau der Universallösung soll sich laut Dometic im Vergleich zu anderen Abbiegeassistenten in der halben Zeit erledigen lassen, da alle Komponenten (GPS-Sensor, Infrarot-LEDs, Steuerplatine usw.) kompakt im Kameragehäuse integriert sind. Zur Installation ist der ‚BVS71000‘ lediglich mit dem Stromnetz zu verbinden, weitere Fahrzeugsignale oder ein Kalibrieren sind laut Dometic nicht erforderlich.
Josam Richttechnik
Herausragendes Thema bei Josam Richttechnik sind die neuen Herstellerfreigaben für das Kamera-Achsmesssystem ‚Cam-aligner‘: Nach Daimler empfehlen nun auch Renault, Scania und Volvo das System des schwedischen Werkstattausrüsters. Das elektronische System funktioniert kabellos, was sowohl bei Achs- als auch Rahmenvermessungen eine maximale Bewegungsfreiheit rund um das zu vermessende Fahrzeug erlauben soll. Zudem erfolgt die Felgenschlagkompensation zeitsparend nach der Rollmethode, sodass das Fahrzeug nicht angehoben werden muss. Laut Josam Richttechnik werden die Messdaten der Kameras kabellos an den Werkstatt-PC oder -Laptop übertragen und können dort per intuitiver Menüführung verarbeitet werden. Ergebnis ist ein umfassendes ‚Vorher-Nachher‘-Protokoll innerhalb weniger Minuten.
Knorr-Bremse
Auch bei Knorr-Bremse ist der Abbiegeassistent ein wichtiges T hema. Mit dem ‚ProFleet Assist+‘ bieten Knorr-Bremse Truck Services und Partner Mobileye ein universell nachrüstbares System, welches die Fahrumgebung optisch mit speziellen Seitenkameras erfasst. Hochentwickelte ComputerVision-Algorithmen werten deren Bilder in Echtzeit aus. Dabei soll die Software erkennen können, ob es sich bei dem Objekt neben dem Fahrzeug beispielsweise um einen Radfahrer handelt, der auf die Kreuzung zuhält. Im ‚Fall der Fälle‘ zeigt der Abbiegeassistent entsprechende Warnungen auf einem Seitendisplay in der Fahrerkabine an, welches so angebracht wird, dass es der Fahrer beim Abbiegen optimal im Blick hat.
Maha
Der Allgäuer Werkstattausrüster Maha hätte ein ganzes Bündel an Neuheiten mit zu den Messen gebracht, darunter den neuen Achsspieltester ‚LMS 20.0‘ und das digitale Verbindungstool ‚Connect Cube V3‘. Nach eigenem Bekunden erfüllt der Spieltester, dessen maximale Achslast 20 Tonen beträgt, die Anforderungen der neuen europäischen Richtlinie 2014/45/EU. Dazu gehören unter anderem die synchrone, aber entgegengesetzte Bewegung beider Prüfplatten in Längs- und Querrichtung. Zudem beträgt der Verfahrweg der Prüfplatten den Produktinformationen zufolge mehr als 95 Millimeter, wobei die Prüfplattengeschwindigkeit über fünf Zentimeter pro Sekunde liegt, so wie es die Richtlinie fordert. Beim ‚Connect Cube V3‘ indes handelt es sich um einen mobilen Digitalknoten, der sich bei ASA-livestreamfähigen Bremsprüfständen (BPS) der unterschiedlichsten Hersteller einsetzen lassen und den Werkstattalltag vereinfachen soll, etwa bei der Sicherheitsprüfung (SP) und der Hauptuntersuchung (HU). Laut Maha lassen sich damit per ‚Plug&Play‘ bestehende BPS auf einfache Weise um eine Digitalanzeige erweitern oder die Werte auf Laptops, Tablets und Smartphones ‚zaubern‘.
Mahle
Zulieferer Mahle feiert 2020 ein besonderes Jubiläum: das Stuttgarter Traditionsunternehmen wird 100 Jahre alt. ‚100 Jahre Mahle, das bedeutet auch 100 Jahre Aftermarket‘, konstatierte Olaf Henning, Mitglied der Konzernleitung und Leiter des Geschäftsbereichs Aftermarket bei Mahle, anlässlich einer Fachpressekonferenz, die bislang traditionell vor der Autom echanika stattfand – und diesmal der Corona-Pandemie geschuldet, online abgehalten wurde. Henning wagte dabei einen Blick in die Zukunft. Der Aftermarkt-Experte sieht in alternativen Antrieben große Chancen für die Werkstätten und den Handel, speziell weil sich dadurch neue Geschäftsfelder für den Reparaturmarkt ergeben. Besonders das Thermomanagement wird nach Einschätzung Hennings angesichts der steigenden Zahl von E- und Hybridfahrzeugen weiter an Bedeutung gewinnen. Aber auch neuartige Filtersysteme und Neuentwicklungen, um Fahrzeuginnenräume zum Schutz vor Infektionen hygienisch zu reinigen, stehen demnach auf der Innovationsliste des auf Ersatzteile und Werkstattausrüstung spezialisierten Geschäftsbereichs des Mahle-Konzerns.
„Mahle Aftermarket profitiert dabei vom technologieoffenen Ansatz des Konzerns, der im Rahmen seiner dualen Strategie Produkte sowohl für die klassischen als auch für alle alternativen Antriebsarten entwickelt. Damit sind wir in der Lage, Werkstätten und Großhandel mit einem umfassenden Angebot an notwendigen Ersatzteilen, Servicelösungen sowie Dienstleistungen zu versorgen, die ihnen ermöglichen, die neuen Potenziale der Zukunft zu erschließen“, versicherte Henning.
Mann+Hummel
Ein dreistufiger Diesel-Kraftstofffilter gehört zu den Neuheiten beim Ludwigsburger Filterspezialisten Mann+Hummel. Der Filter mit der Bezeichnung ‚Mann-Filter PU 12 004 z‘ wurde Unternehmensangaben zufolge entwickelt, um kleinste Wassertropfen und Schmutzpartikel sicher zurückzuhalten, damit diese nicht in die empfindlichen Komponenten von Hochdruck-Einspritzsystemen gelangen. Bei dem neuen Produkt durchströmt der Kraftstoff das Filtermaterial von außen nach innen. Den Entwicklern zufolge bezeichnet man dies als „druckseitigen Filterbetrieb“. Und so funktioniert das Ganze: In Stufe eins befreit das Filtermedium den Dieselkraftstoff von festen Schmutzpartikeln. Stufe zwei arbeitet mit einem Koales zenzvlies, welches feinste Wassertröpfchen aus der Kraftstoff- Wasseremulsion abfängt und sie zu größeren Tropfen zusammenführt. In Stufe drei verhindert ein wasserabweisendes Siebgewebe, dass die vergrößerten Tropfen ins Einspritzsystem gelangen. Das abgeschiedene Wasser sammelt sich aufgrund der Schwerkraft im Wassersammelraum des Filterm oduls. Ein Sensor meldet, sobald das Wasser manuell abgelassen beziehungsweise abgesaugt werden muss. Unternehmensangaben zufolge lassen sich so über 90 Prozent der bis zu zehn Mikrometer großen Wassertropfen aus handelsüblichen Tankstellen-Kraftstoffen eliminieren – und dies zuverlässig bis zum Ende des Wechselintervalls, selbst bei beladenem Filterelement.
Romess
Gutes noch weiter verbessern – das geht sogar beim schwäbischen Messtechnikspezialisten Romess. „Ab sofort verwenden wir in unserem Ultraschall-Lecksucher ‚USM 20128‘ einen modulierenden Sender, sodass sich kleinste Mikro-Leckagen noch sicherer aufspüren lassen“, berichtet Werner Rogg, Inhaber und Chefentwickler von Romess. Demnach lässt sich aufgrund des Updates nun das gesamte Frequenzband scannen, was für den Anwender noch komfortabler sein soll. Das mit modernster Mikroelektronik bestückte Ultraschallsystem bewährt sich nach Unternehmensangaben besonders auch in Nutzfahrzeug-Werkstätten, etwa um Undichtigkeiten und Leckagen an Klimaanlagen, Druckluftleitungen, Turboladern, Bremskraftverstärkern oder dem Ansaugsystem des Motors aufzuspüren. „Konservative Fachleute setzten hierzu oft noch Kontrastmittel ein, was aber sehr zeitaufwendig und umständlich ist. Die elektroakustische Ortung mit Ultraschall bringt hier viele Vorteile“, versichert Tüftler Rogg. Mit unserem verbesserten Lecksucher ‚USM 20128‘ lassen sich Luft-, Dampf- und Gasleckagen mit Querschnitten von bis zu unter 0,1 Millimetern völlig unkompliziert lokalisieren, denn das digitale Display im ablesefreundlichen Analogstil reagiert ausgesprochen sensibel auch auf feinste Resonanzschwingungen, die der Sender auslöst, wenn seine Schallwellen auf eine Undichtigkeit treffen“, berichtet der Fachmann.
Texa
Auch die Entwickler beim italienischen Diagnosespezialisten Texa hatten sich auf die Automechanika vorbereitet und ein Bündel mit Neuheiten geschnürt. Darin unter anderem das neue Diagnosesystem ‚Axone Nemo 2‘. Es ersetzt den erstmals auf der Automechanika 2016 vorgestellten ‚Axone Nemo‘. „Das Gerät hat bewusst die gleichen Abmessungen wie sein Vorgänger, damit der Kunde bereits vorhandenes Zubehör weiter nutzen kann und hierfür keine Mehrkosten entstehen“, erläutert Werner Arpogaus von Texa Deutschland. Doch im Inneren des Geräts findet sich viel Neues: ein neuer, leistungsfähigerer Prozessor samt schnellerer Festplatte und besserem Grafikchip sowie einen erweiterten, leistungsfähigeren Arbeitsspeicher. Zusammen mit der Software IDC5 als intuitive Schaltzentrale soll mit dem ‚Axone Nemo 2‘ ein optimaler Allrounder für Mehrmarkenprofis entstanden sein. Eine weitere Neuerung bei Texa ist die ab sofort mögliche Einbindung der Klimaservicegeräte-Modelle 720R, 760R, 760R BUS, 770S und 780R aus der ‚Konfort‘-Baureihe in das ‚asanetwork‘-Werkstattnetz. Damit sollen sich viele administrative Abläufe wie das Eingeben von Fahrzeug- und Kundendaten sowie Prüfergebnissen vereinfachen und beschleunigen lassen. Das einfach einzubauende WiFi-Modul lässt sich nach eigenem Bekunden auch bei bereits am Markt befindlichen Geräten nachrüsten.
Werbas
Die digitale und mobile Werkstatt steht beim Softwarespezialisten Werbas im Mittelpunkt. Möglich wird sie nach Unternehmensangaben mit dem webbasierten Zusatzmodul ‚Werbas.blue‘ für die Werkstatt- Management-Software ‚Werbas Nfz‘. „‚Werbas.blue‘ soll Werkstätten dort mobil machen, wo es für den Ablauf sinnvoll ist“, erläutert Werbas- Vorstand Harald Pfau. Aktuell haben die Softwaree ntwickler der Anwendung eine neue Cloud-Infras truktur angedeihen lassen, wobei nach wie vor die Kundendaten der Werkstatt lokal auf deren Server bleiben. Mit der Neuausrichtung ist die Cloud- Applikation jetzt allerdings selbstständig administrierbar. „Somit kann der Werkstattinhaber zukünftig selber seine Mitarbeiter anlegen und auch entsprechende Rechte vergeben und die Nutzung personifizieren. Dies erfolgt unabhängig der bisherigen Werbas-Rechteverwaltung“, erklärt Pfau. Demnach lässt sich ‚Werbas.blue‘ auf dieser Basis nicht nur per WLAN auf Tablets und Smartphones, sondern auch am Desktop im Browser in der Werkstatt einsetzen. „Und auch der Nutzung bei Kundeneinsätzen vor Ort oder bei der Pannenhilfe steht mithilfe des Internets nichts im Wege“, so der Werbas-Chef.
Den Beitrag finden Sie auch in der Print-Ausgabe 3/20 der Krafthand-Truck.