Druckgleichgewicht
Wenn das Druckgleichgewicht des Turboladers ausgeglichen ist, verirrt sich Motoröl aus dem Lagergehäuse weder in die Turbine noch in den Verdichter. Und weder das Turbinen- noch das Verdichterrad haben einen Grund, an der Gehäusewand zu streifen. Bilder: Motair
Turbolader

Gestörte Verhältnisse

Turbolader reagieren empfindlich darauf, wenn es große Unterschiede zwischen Ansaugund Abgasgegendruck gibt. Denn nur wenn im Laufzeug ein  Druckgleichgewicht herrscht, dreht sich die Turboladerwelle, ohne dass es auf der Verdichter- oder Turbinenseite zu irreparablen Schäden kommt. Die  Turboladerexperten von Motair haben KRAFTHAND-Truck verraten, was dieses Druckgleichgewicht stören kann – und was dann passiert.

Das Laufzeug eines Turboladers – also Turbinenrad mit Welle und Verdichterrad – ist in seinen Gleitlagern hydrodynamisch gelagert. Diese hydrodynamischen Gleitlager bauen über den Motoröldruck und die Rotation der Welle ein Ölpolster auf, welches eine nahezu verschleißfreie, ‚schwimmende‘ Lagerung ermöglicht. „Wird das  Laufzeug des Turboladers im Betrieb über einen gewissen Zeitraum axial  verschoben, entstehen irreparable Schäden am Turbolader“, weiß Andreas Solibieda,  Chef beim Kölner Turboladerspezialisten Motair.

Auf das Druckgleichgewicht
kommt es an

Das Druckgleichgewicht im Turbolader bestimmen unter anderem Faktoren wie
Abgasgegendruck, Ansaugdruck, Verdichterdruck und Öldruck. Befinden sich
diese Drücke im Gleichgewicht, ist alles in bester Ordnung und dem Turbolader
ein langes Leben beschieden. Doch bereits geringste Abweichungen, insbesondere,
wenn sie über eine längere Zeit auftreten, können den Turbolader schädigen und ihm im Extremfall sogar den Garaus bereiten. Ölaustritt und ungewöhnliche Laufgeräusche sind dabei die ersten, untrüglichen Anzeichen dafür, dass mit dem
Druckgleichgewicht etwas nicht stimmt. Doch wie so oft bei Turboladerschäden,
gilt auch in diesem Fall: In den seltensten Fällen ist der Lader selbst defekt
beziehungsweise der Schadensverursacher. „Vielmehr ist die Schadensursache
im Umfeld des Turboladers zu suchen“, konstatiert Solibieda. Während Störungen
des Öldrucks meist auf nachlässige Wartung, ungeeignetes Motoröl oder Verschmutzungen des Ölkreislaufs zurückzuführen sind, haben Druckabweichungen
auf der Turbinen- oder Verdichterseite dem Turboladerexperten zufolge andere,
aber nicht minder typische Ursachen.

Ein höherer Druck auf der Turbinenseite im Vergleich zur Verdichterseite kann laut Solibieda bei Turbodieselmotoren entstehen durch

  • ein verengtes oder verstopftes Abgassystem: Beispiele für Verengungen können mechanisch beschädigte (gequetschte) Schalldämpfer und Abgasrohre
    sein. Ist dagegen ‚Verstopfung‘ die Ursache, ist der Übeltäter meist ein zugesetzter Dieselpartikelfilter oder geschmolzener Dieselkatalysator.
  • ein undichtes Ladedrucksystem: Etwa, wenn Ladedruckschläuche porös, gerissen oder abgerutscht sind oder wenn der Ladeluftkühler undicht ist.
  • ein stark zugesetztes oder extrem feuchtes Luftfilterelement: Dann ‚saugt‘ der
    Turbolader, wodurch das Laufzeug auf die Verdichterseite wandert und der Abgasgegendruck ein Übriges tut.

„Bei der Fehlersuche sollte der Werkstattfachmann also immer auch die
Gasstrecken vor und nach dem Turbolader überprüfen“, rät der Turboladerfachmann. Zum Überprüfen des Ladedrucksystems
empfiehlt der Motair-Chef gängige Prüfkoffer mit Stopfen in unterschiedlichen
Größen und einem Manometer, wie sie etwa bei Anbietern wie
Lehnert Tools, KS Tools, Hazet und anderen zu haben sind.

Dieselpartikelfilter
Setzt sich der Dieselpartikelfilter mit der Zeit immer mehr zu, steigt der Abgasgegendruck – und es verschiebt die Laderwelle, sodass es auf der Verdichterseite zum Ölaustritt kommt. Im Extremfall schleifen die Räder in ihren Gehäusen, weil die Lager immer mehr verschleißen.

Den Beitrag finden Sie auch in der Print-Ausgabe 3/18 der Krafthand-Truck.