Universelle Mehrmarkentools sind nicht nur im freien Reparaturmarkt beliebt, sondern ergänzen zunehmend auch das Herstellerequipment in Nfz-Markenbetrieben. Bild: Bosch
Werkstattausrüstung

Eines für alle: Mehrmarken-Diagnosetools für Nfz-Werkstätten – ein Update!

Nutzfahrzeuge halten die Wirtschaft am Laufen. Sie sind ständig auf Achse, legen im Schnitt jährlich 145.000 Kilometer zurück. Standzeiten durch Pannen und Reparaturen kosten Geld und reduzieren die Wirtschaftlichkeit. Ein leistungsfähiger Nfz-Service ist daher für die Effizienz und Verfügbarkeit eines Fuhrparks essenziell. Dabei gehören moderne Diagnosegeräte zur Standardausstattung. Sie dienen der Wartung, Reparatur, Prüfung und vor allem der Fehlersuche an elektrischen und elektronischen Systemen. Zusätzlich sind sie für das Kalibrieren von Fahrerassistenzsystemen oder das Austauschen und Anlernen von Komponenten wie Sensoren und Aktoren notwendig. Mit intelligenten Zusatzfunktionen können sie die Produktivität im Servicegeschäft dazu noch steigern.

Universell einsetzbar

Nfz-Werkstätten, speziell auch ohne Herstellerbindung, bieten ihren Kunden mittlerweile hohe Wartungs- und Reparaturstandards. Dabei nutzen größere Betriebe durchaus auch mehrere Diagnosegeräte von unterschiedlichen Herstellern. Erfahrungsgemäß und je nach Problemstellung, ist das eine Gerät bei Lkw der Marke ‚X‘ etwas leistungsstärker, als das andere. Werkstätten die häufig an Anhängern und Aufliegern arbeiten, schätzen zudem Diagnose-Tools, die die original Diagnosesoftware der Hersteller beinhalten.
Interessant ist auch, dass immer mehr Markenwerkstätten auf die Diagnosekompetenz von universellen Mehrmarkengeräten des freien Reparaturmarktes setzen. Zum einen, um Fahrzeuge von Fremdmarken adäquat warten und reparieren zu können, zum anderen, um im Fehlerfall zügig zu entscheiden, ob, wie und wo die havarierte Zugmaschine oder der defekte Trailer repariert werden soll.
Viele Markenwerkstätten schätzen speziell bei typischen Service-Arbeiten zudem die Schnelligkeit mancher Mehrmarkentools. Sie können aufgrund der einfacheren Bedienungsstrategie durchaus rascher zum Ergebnis führen, als dies bei herstellerspezifischen Diagnosetools der Fall ist.
Speditionseigene Werkstattbetriebe hingegen nutzen häufig ein universelles Mehrmarkengerät, um beim Aufleuchten einer Kontrolllampe zu entscheiden, ob sich das Fahrzeug oder der Trailer aktuell noch einsetzen lässt oder ob ein Werkstattbesuch nötig ist. In diesem Fall geht es weniger darum, eine tiefergreifende Fehlersuche selbst zu erledigen, sondern vielmehr darum, die Flotte möglichst lange und effektiv einsatzfähig zu halten.

Fahrzeuge und Arbeitsabläufe selbst definieren

Die Diagnosesoftware Esitronic 2.0 Truck verfügt über einen neuen Konfigurator. Man kann ein individuelles Fahrzeug zusammenstellen (hier am Beispiel eines Busses) und eigene Arbeitsabläufe definieren. Dazu wählt man relevante Komponenten aus und hinterlegt einen entsprechenden Namen. Bild: Bosch

Nutzfahrzeug-Werkstätten, die nicht nur den Standardfuhrpark betreuen, sondern sich auch mit Sonder- und Nischenfahrzeugen wie Bau- und Landmaschinen, Feuerwehr-, Kommunal- und Off-Highway-Fahrzeugen sowie Bussen beschäftigen, sehen sich bei Service- und Diagnoseaufgaben häufig mit Problemen konfrontiert. Das betreffende Fahrzeug ist beispielsweise so nicht in der Datenbank der Diagnosesoftware zu finden. Das liegt meist daran, dass es sich um Kleinserien, manchmal sogar um Einzelstücke handelt. Um hier den Nfz-Werkstätten den Arbeitsalltag zu erleichtern, haben die Entwickler von Bosch kürzlich in die Software ‚Esitronic 2.0‘ (Diagnosesystem KTS-Truck) einen speziellen Konfigurator integriert, mit dem sich der Werkstattfachmann ‚sein‘ Fahrzeug quasi selbst zusammenstellen und eigene Workflows definieren kann.
Hilfreich ist auch die optimierte Fahrzeugauswahl-Funktion. Der Anwender kann zwischen dem Fahrzeugtyp (zum Beispiel Lkw oder Off-Highway) wechseln und direkt den gewünschten Fahrzeughersteller und/oder das Modell aus der Dropdown-Liste auswählen und anschließend direkt in das entsprechende Diagnosemenü springen. Außerdem kann der Nfz-Fachmann standardmäßig nun direkt auf die Funktion ‚System Display‘ zugreifen. Er erhält einen umfassenden Überblick über aktuelle und relevante Ist-Werte für die gerade bearbeiteten Diagnoseaufgaben. Auch detaillierte, interaktive Diagramme von Schlüsselelementen wie Verkabelung, Getriebe oder Heber-Hydraulik, inklusive Test- und Prüfanweisungen, gehören dazu.

Diagnose vom Bremssystem-Spezialisten

Die Neo-Software von Knorr-Bremse TruckServices soll künftig in die Jaltest-Diagnosesoftware (Bild) integriert werden. Bestehende Geräte lassen sich entsprechend nachrüsten. Bild: Georg Blenk

Mit Knorr-Bremse steigt ein weiterer Systemspezialist ins Diagnosegeschäft ein. Mit dem Diagnosesystem ‚Neo‘ hat der Zulieferer zwar schon seit Jahren eine eigene Werkstattlösung im Programm, doch um seine Diagnosekompetenz zu erweitern, hat das Münchener Unternehmen im vergangenen Jahr einen Mehrheitsanteil am Diagnosespezialisten Cojali erworben. Die Spanier entwickeln und produzieren unter der Marke ‚Jaltest‘ verschiedene OE- und Mehrmarken-Diagnosesysteme für Nutzfahrzeuge. Geplant ist, die ‚Neo‘-Diagnose in Jaltest zu integrieren. Zusätzlich soll das Angebot an markenunabhängigen Diagnoselösungen erweitert und unter der Marke Jaltest im Aftermarket etabliert werden. Anwender, die bereits ein Jaltest-Gerät besitzen, können künftig das OE-Know-how der Knorr-Bremse-Diagnose hinzubuchen. Zudem ist geplant, Nutzfahrzeug-Werkstätten und Flotten bei der weiteren Digitalisierung ihrer Arbeitsabläufe zu unterstützen. Mehr dazu erfahren Sie im Beitrag ‚Effizienz und Entwicklung‘.

Mehr Reparaturdaten

Ab sofort ergänzt die Datenbank ‚HaynesPro‘ die in der ‚IDC5 Truck‘-Software von Texa standardmäßig hinterlegten technischen Daten. Bild: TEXA

Für Anwender eines ‚Axone-Nemo‘, ‚Axone Nemo 2‘, ‚Axone Voice‘ und ‚Axone Nemo Mini‘ hat der italienische Diagnosespezialist TEXA kürzlich eine erweiterte Lösung geschaffen und seine IDC5-Truck-Software (ab Version 52.1.2) um die optional hinzubuchbare Reparaturdaten-Datenbank Haynes-Pro ergänzt. Die darin enthaltenen Angaben sollen die serienmäßig gelieferten technischen Informationen von TEXAs Truck-Software erweitern. Voraussetzung für die Aktivierung des als Abo konzipierten Zusatzdienstes ist ein sogenannter Texpack-Truck-Vertrag.
HaynesPro besteht aus drei Modulen: ‚Tech‘, ‚Electronics‘ und ‚Smart!‘, zu den Inhalten gehören Fahrzeugidentifikationsdaten, Wartungs- und Einstelldaten, Reparaturhandbücher, Angaben zu Schmierstoffen und Betriebsflüssigkeiten, Arbeitswerte, Technische Zeichnungen, elektrische Schaltpläne (mit Sicherungen und Relais), eine markenspezifische Übersicht über Anzeigen und Kontrollleuchten sowie Informationen zu sicherheitsrelevanten Rückrufaktionen der OEMs. Die technischen Inhalte sind laut TEXA optimal in die Diagnosesoftware integriert, das heißt, der Anwender kann vom Hauptmenü aus, die Technische Daten und Wartungen aufrufen, ohne den jeweils laufenden Diagnosevorgang zu unterbrechen.
Hilfreich sind auch neue Suchmöglichkeiten. So lässt sich nun das Fahrzeug über die ‚Manuelle Identifikation‘ auswählen, indem man in die Suchleiste den Modellnamen, etwa ‚Volvo FH‘ eingibt. Im Menü ‚Eigendiagnose‘ ist es jetzt möglich, das gewünschte System per Direkteingabe unmittelbar anzusteuern. In den Menüs ‚Einstellungen und Codierungen‘, ‚Bauteileprüfung‘ und ‚Aktivierungen/Stellgliedtests‘ gibt es ab sofort die neue Unterrubrik ‚Meistgenutzte‘. Sie gruppiert die häufigsten Arbeiten, sodass sie der Anwender später wieder direkt aufrufen kann.

Smarte Unterstützung

Der neue ‚Smart Guide‘, integriert in die ‚W.Easy‘-Software von Wabco-Würth, ermöglicht Reparatur- und Diagnoseprozesse schneller zu bewältigen. Die neue Funktion ergänzt über einen Datenabgleich in Echtzeit ausgelesene Fehlercodes mit weiterführenden Informationen zu Fehlerursachen und Prüfhinweisen. Bild: Wabco-Würth

Seit dem Update 2.00.0 verfügt die Diagnosesoftware ‚W.Easy‘ von Wabco-Würth über eine optimierte Benutzeroberfläche sowie einige neue Funktionen. ‚Quick Scan‘ beispielsweise verschafft dem Anwender bei bestimmten Marken einen schnelleren Überblick über die im Fahrzeug verfügbaren Systeme und den aktuellen Zustand. Ähnliches leistet der ‚Wabco-Scan‘ bei Trailern: er identifiziert automatisch das jeweilige System und spart damit im Vergleich zur manuellen Identifikation Arbeitszeit. Zudem soll der Scan die Diagnosearbeit (entsprechende Wabco-Lizenzen vorausgesetzt!) vereinfachen. Möglich ist dies durch die Integration der originalen Wabco-Systemdiagnose in die ‚W.Easy‘-Software. Da auch die originale ‚Haldex Trailer-Diagnose‘ in dem System integriert ist, entfällt in beiden Fällen der zeitaufwendige Wechsel von Diagnosebox und Anschlusskabeln. Laut Wabco-Würth sind die originalen Diagnosedaten von Mercedes-Benz ebenfalls in der Mehrmarken-Software enthalten.
Die neue Darstellung der Fehlerspeicherinhalte soll zudem einen noch schnelleren Überblick über den Zustand der Steuergeräte liefern und die Navigation zwischen den einzelnen Fehlercodes verbessern. Clever ist das neue ‚Multitasking‘. Die Funktion soll durch die zeitgleiche Anzeige verschiedener Funktionen und Informationen in bis zu vier Fenstern die Fehlerdiagnose noch komfortabler und effizienter gestalten. Interessant ist auch der ‚Smart Guide‘. Er unterstützt laut Wabco-Würth den Nfz-Profi Reparatur-Arbeiten mit Hilfe zusätzlicher Informationen zu den Fehlercodes schneller zu bewältigen. Dies soll eine zeitaufwändige, manuelle Suche nach entsprechenden Informationen überflüssig machen.

Den Beitrag finden Sie auch in der Print-Ausgabe 1.2023 der Krafthand-Truck.