Effizienterer Bremsenservice durch Digitalisierung
Digitalisierung ist in aller Munde. Sie macht selbst vor dem Bremsenservice nicht Halt. Mit modernem, PC-gesteuertem Prüfequipment lässt sich bei der Bremsprüfung nämlich Gas geben, sagen die Bremsprüfspezialisten von ATT Nussbaum Prüftechnik. Denn im eng getakteten Prüfalltag soll die Digitalisierung nicht nur eine erhebliche Prozessstraffung bewirken, sondern auch noch helfen, Kosten zu sparen.
Zeitraubende Bremsprüfungen sind nicht nur für den Spediteur ein Kostenfaktor, sondern auch für den Werkstattbetreiber. Denn die Bremsprüfung bei einem Lkw ist personal- und zeitintensiv“, weiß Peter Beichter, Geschäftsführer beim Werkstattausrüster ATT Nussbaum Prüftechnik im baden-württembergischen Kehl-Auenheim. Speziell, wenn die Bremsprüfung auf‚ herkömmlichen‘ analogen Bremsprüfständen (BPS) erfolge. Insbesondere Speditionsunternehmen mit Blick auf die Uhr und hohem Effizienzdruck beklagen immer wieder, dass die HU- und SP-Prüfung zu viel Personal und Zeit binde, so der Fachmann.
Komplexe Prüfabläufe bei Nutzfahrzeugen
Dass die Bremsprüfung bei Nutzfahrzeugen ungleich komplexer ist als bei Pkw, ist nicht nur Fachleuten aus Werkstätten und Prüfhallen geläufig. Denn Nutzfahrzeugprofis müssen eine Vielzahl unterschiedlichster Parameter beachten, etwa die individuelle Konfiguration des ‚Prüflings‘, etwa, ob es sich bei dem zu prüfenden Lkw um eine simple Standard-Sattelzugmaschine oder um ein vielachsiges Spezialfahrzeug handelt. Nutzfahrzeuge mit diversen Fahr- und Achsgestellen, individuellen Federungen und korrespondierenden Bremsanlagen und anderen komplexen Konfigurationen erfordern viel Spezial-Know-how. Hinzu kommen die Bremssysteme der unterschiedlichen Bus-Typen sowie Anhänger- und Auflieger-Varianten, die ebenfalls jeweils speziell behandelt werden wollen.
Die Prüfanforderungen bei Nutzfahrzeug-Bremsanlagen sind also vielschichtig und erstrecken sich sowohl auf die Bremsanlage des Zugfahrzeugs an sich als auch auf die des Anhängers sowie der Kombination der beiden, wobei die Feststellbremsanlage (FBA), die Betriebsbremsanlage (BBA) und die Hilfsbremsanlage (HBA) zu berücksichtigen sind. Bei einer herkömmlichen, analogen Prüfprozedur muss der Prüfer also nicht nur viele unterschiedliche Fahrzeugdaten beachten, sondern auch noch eine Vielzahl von Grenz- und Richtwerten zur Hand haben – was ATT-Chef Beichter zufolge bereits im Vorfeld der Prüfung einen gewissen, nicht unerheblichen Zeitaufwand erfordert.
Softwaregeführte Prüfprozesse
Deutlich schneller lasse sich dies mittlerweile mit PC-gesteuerten BPS erledigen, wie sie etwa ATT Nussbaum Prüftechnik mit seiner aktuellen ‚Arena XL‘-Serie im Programm hat: Während bei analogen Bremsprüfständen bei jeder Prüfung und zu jedem Fahrzeug die kunden- und fahrzeugspezifischen Daten neu erfasst und bei der Bewertung der Bremsanlagen beachtet werden müssen, bieten moderne Software-Systeme wie etwa die von ATT für die hauseigenen BPS entwickelte Prüfsoftware ‚Visio‘ augenscheinliche Vorteile: Die einmal eingegebenen fahrzeugspezifischen Daten werden dauerhaft in einer Datenbank gespeichert. Bei einer Wiederholprüfung des Fahrzeugs reicht beispielsweise die Eingabe des amtlichen Kennzeichens, um die erforderlichen Daten zu aktivieren und das Fahrzeug erneut prüfen zu können. „Bei der SP-Prüfung werden die Ergebnisse der Bremsprüfung automatisch in das SP+-Programm übertragen und zur Bewertung des Fahrzeuges mit herangezogen“, berichtet Peter Beichter.
Eine spürbare Erleichterung bringe zudem die bildschirmbasierte Nutzerführung: Schritt für Schritt werde der Techniker durch die Prüfanleitungen geführt, wobei ihn grafische Orientierungshilfen unterstützen. Doch nicht nur der Prüfablauf zur Messung der Bremswerte, sondern auch die Bewertung des Fahrzeuges bezogen auf die jeweils gültige Gesetzgebung werde durch die ‚Visio‘-Software unterstützt. Beispielsweise werde die Berechnung der Abbremsung auf Basis von Gewichtswerten und den gemessenen Einsteuerdrücken von der Prüfstandsoftware übernommen. Mit den entsprechenden, optional erhältlichen Zusatzfunktionen ausgestattet, unterstützt der BPS den Anwender auch bei der eventuell erforderlichen Lastsimulation, um den gesetzlich vorgeschriebenen minimalen Einsteuerdruck von 1,7 bar zu erreichen. Hierfür hat der baden-württembergische Prüftechnikspezialist eigens eine pneumatische Niederspannvorrichtung entwickelt und patentieren lassen, alternativ gibt es eine Hubvorrichtung, die den Prüfstand bis zu 200 Millimeter aus dem Fundament hebt, um eine entsprechende Last bei der angehobenen Achse zu simulieren. Sämtliche Prüfergebenisse und Bewertungen kann der Prüfstandsbetreiber schließlich in die Datenbank übernehmen und dort archivieren.
„Wir beobachten, dass sich die Digitalisierung bei der Bremsenprüfung vollends etabliert hat. Denn hier kann sie ihr Potenzial zukunftsträchtig entfalten: PC-gesteuerte Bremsprüfstände der neuesten Generation ermöglichen mit ihren Möglichkeiten der Prozesssteuerung, Vernetzung, Dokumentation und Datenverarbeitung eine durchschnittliche Effizienzsteigerung in der Prüftaktung von rund 30 Prozent“, stellt ATT-Chef Peter Beichter fest.
Visualisierung und Dokumentation
Vorteilhaft moderner PC-gesteuerter BPS ist zudem, dass sich die Prüfstandsteuerung und der Ergebnisdarstellung auf unterschiedliche Art und Weise visualisieren lässt: Als Anzeige können sowohl PC-Monitore große Flachbildschirme und sogar Handheld-Geräte, sogenannte ‚Rugged Netbooks‘ verwendet und sogar miteinander kombiniert werden. Bei Bedarf lassen sich die gewünschten Dokumente direkt am BPS, oder angebunden über das Werkstatt-Netzwerk, im entfernten Büro ausdrucken. Apropos Anbindung des Prüfstands an das vorhandene Netzwerk: Die Datentechnik ermöglicht die Integration des Prüfstandes in ein vorhandenes Werkstattnetz. So können Aufträge zur Bremsprüfung im Annahmebereich der Werkstatt erfasst werden, nach erfolgter Arbeit vom Prüfstand in das System zurückgemeldet und zur Rechnungsstellung genutzt werden.
Den Beitrag finden Sie auch in der Print-Ausgabe 7/2019 der Krafthand-Truck.