Brennstoffzellenstacks von EKPO Fuel Cell Technologies garantieren eine hohe Leistungsdichte bei kompakter Bauweise und geringem Gewicht. Bilder: EKPO Fuel Cell Technologies
Im Gespräch mit Julien Etienne I ElringKlinger

Die Technik einer Lkw-Brennstoffzelle

Seit 20 Jahren ist der Automobilzulieferer ElringKlinger im Bereich Brennstoffzellen aktiv. Im März 2021 ging die EKPO Fuel Cell Technologies GmbH an den Start, ein Joint Venture von ElringKlinger und Plastic Omnium. Das Produktportfolio umfasst kundenspezifische Entwicklungen im Bereich Brennstoffzellen. Dazu gehören Stackmodule sowie Komponenten, wie metallische Bipolarplatten, Medienmodule oder Dichtungen. Krafthand-Truck hat mit Julien Etienne, Geschäftsführer Vertrieb, Marketing, Programm Management und Product-Engineering bei der EKPO Fuel Cell Technologies GmbH, über die Technik, die spezifischen Anforderungen und die Serienanwendung von Brennstoffzellen für Nutzfahrzeuge gesprochen.

Herr Etienne, die EKPO Fuel Cell Technologies GmbH ist ein Joint Venture von ElringKlinger und Plastic Omnium. Gemeinsam entwickeln sie Brennstoffzellen-Stacks und Komponenten für Stacks wie beispielsweise Bipolarplatten, unter anderem auch für Nutzfahrzeuge. Wie kann man sich die Zusammenarbeit vorstellen?

Die Zusammenarbeit ist von Pragmatismus und klarem Fokus geprägt. ElringKlinger verfügt über ein langjähriges Know-how und bringt sein gesamtes Brennstoffzellengeschäft in das Joint Venture ein. Plastic Omnium wiederum steuert sein Know-how bei der Industrialisierung, Kapital und ein globales Netzwerk an Produktionsstätten bei. Das Gesamtpaket – so selbstbewusst sind wir – ist nicht weniger als die Benchmark der Branche.

Die Bipolarplatte, Kernelement eines Brennstoffzellenstacks, regelt die Zufuhr von Wasserstoff und Luft sowie die Abfuhr von Wasser.

Ein Brennstoffzellensystem besteht im Kern aus einzelnen Modulen. Welche Systemkomponenten gehören dazu?

Da ist zunächst einmal das Herz des Systems, der Stack, zu nennen. Hinzu kommen Befeuchter, Kompressor, DC/DC-Konverter, Rezirkulationsstrecke (beispielweise mit Gebläse) sowie der Kühler.

Was versteht man unter PEMFC-Bipolarplatten und welche Funktion übernehmen sie in der Brennstoffzelle?

PEMFC-Bipolarplatten sind das Herzstück eines Brennstoffzellenstacks und dienen zur Medienversorgung und Kühlung der Zelle. Sie sind entweder graphitisch oder aus Metall. Metallische Bipolarplatten bieten Vorteile hinsichtlich Kosteneffizienz, Kompaktheit und Robustheit/Mechanik, was für mobile Anwendungen besonders wichtig ist. Auch mit Blick auf die Leistungsdichte, die Lebensdauer und die Kaltstartfähigkeit von Brennstoffzellen ist die metallische Bipolarplatte führend. Mit hochpräzisen, großserientauglichen Folgeverbund-Werkzeugen produzieren wir diese bereits heute in einem vollautomatisierten, verketteten Fertigungsprozess.

Ein weiterer Fokus von EKPO besteht in der Fertigung von Medienmodulen, die am Brennstoffzellen-Stack angeflanscht werden. Welche Systemfunktionalitäten können integriert werden?

Richtig, wir fertigen hochkomplexe Moduleinheiten im Spritzguss unter Einhaltung engster Toleranzanforderungen. Durch die Integration verschiedener Funktionen wird das Gesamtsystem erheblich vereinfacht, Bauraum gespart und positive Auswirkungen auf Lebensdauer, Leistung und Betriebskosten erzielt. In der Medienmoduleinheit können je nach Anforderungen verschiedene Systemfunktionalitäten und Schnittstellen stacknah integriert werden, wie beispielsweise der Anodenloop, Purge- und Drain-Funktionen oder, wie in unserem „NM12-Stack“, die Vorwärmung des Wasserstoffes zur Erhöhung der Effizienz.

„Wir fertigen hochkomplexe Moduleinheiten im Spritzguss unter Einhaltung engster Toleranzanforderungen.“

Zum Antriebsstrang eines Brennstoffzellen-Lkw gehören neben der eigentlichen Brennstoffzelle Systemkomponenten wie das Kühlsystem, ein elektrischer Luftverdichter (inklusive Filter- und Befeuchtungssystem), die H2-Eindüsung, ein druckdichter (350–700 bar) H2-Tank, die Leistungselektronik und natürlich die E-Maschine. Wie gelingt die optimale Systemintegration?

EKPO stellt als Stacklieferant unseren Kunden einen kompakten und sehr leistungsfähigen Stack zur Verfügung, der dennoch sehr robust ist. Die vorab erfolgte Erprobung und Dokumentation der Funktionalitäten ermöglicht uns, den Kunden hier zielgerichtet zu beraten und in der Systemintegration zu unterstützen. Sofern Anpassungen der Stackplattformen an Kundenbedürfnisse notwendig sind, können diese ebenfalls problemlos durchgeführt werden.

Wie hoch ist die durchschnittliche Lebenserwartung einer Brennstoffzelle und welche Servicearbeiten (auch an der Peripherie) sind in der Nfz-Werkstatt notwendig?

Der Brennstoffzellenstack selbst benötigt keinen Service, sondern ist eine Baugruppe, die für bis zu 20.000 Stunden und mehr ausgelegt wird. Im System selbst müssen wie bisher Filter (beispielsweise den Luftfilter) gewartet werden. Systemspezifisch ist das Granulat im Ionentauscher, das die Leitfähigkeit des Kühlmittels im richtigen Bereich sicherstellt. Dieses wird in festgelegten Intervallen getauscht.

„Das Granulat im Ionentauscher, das die Leitfähigkeit des Kühlmittels im richtigen Bereich sicherstellt, muss in festgelegten Intervallen getauscht werden.“

Wie sieht die Gesamtenergiebilanz (Well2Wheel) bei einem Lkw mit Brennstoffzelle (FCEV) im Optimalfall (grüner Wasserstoff) und im Vergleich zu einem Diesel- oder eLkw aus?

Brennstoffzellen-Lkws spielen besonders dort Ihre Stärken aus, wo große Reichweiten (wie bei der Langstrecke) oder schnelle Betankungszeiten notwendig sind. In gewohnter Weise können innerhalb weniger Minuten die Brennstoffzellen-Nutzfahrzeuge betankt werden.

Die Betrachtung von Well2Wheel von Wasserstoff befindet sich im Bereich von 30–35 Prozent, wohingegen synthetische Kraftstoffe im Bereich < 20 Prozent Wirkungsgrad liegen. Batterieelektrische Fahrzeuge zeigen hier zwar deutlich höhere Werte, unterliegen aber der Limitierung bei der Ladezeit und der Reichweite. Wasserstoff als Treibstoff stellt eine hervorragende Möglichkeit dar die Erzeugung und die Verwendung sowohl örtlich als auch zeitlich zu entkoppeln und damit weiterhin kostengünstige und effiziente Antriebssysteme anbieten zu können.

 

Well2Wheel

Die sogenannte Well2Wheel-Betrachtung bezieht sich auf die gesamte Wirkungskette der Energie. Von der Energiegewinnung, über die Bereitstellung, bis hin zur Umwandlung in Bewegungsenergie im Fahrzeug, wird der gesamte Energieaufwand untersucht und damit vergleichbar gemacht.

 

Die Brennstoffzellen-Stacks sind in individuellen Größen und Leistungsklassen, speziell auch für Lkw, lieferbar. Können Sie uns Beispiele nennen wo die Stack-Module bereits in Serienanwendungen zu finden sind?

Der Markt entsteht und entwickelt sich gerade erst so richtig. Unsere Stacks sind in verschiedenen Anwendungen von der Logistik bis hin zu Nutzfahrzeugen im Feld unterwegs. Wir sind aber der Überzeugung, dass ganz gleich, ob im Personen- oder Güterverkehr die Brennstoffzelle großes Potenzial bietet und vielseitige Anwendungsmöglichkeiten für die Mobilität der Zukunft bereithält.

Im Übrigen: Neben der Straße sind auch Anwendungen auf der Schiene und zu Wasser sowie in der Luft zu nennen. Dies unterstreicht auch unser Joint Venture mit Airbus – gemeinsam wollen wir der Wasserstoffmobilität auch im Flugverkehr zum Durchbruch verhelfen.Georg Blenk

 

Zur Person

Julien Etienne.

Julien Etienne hat am Institut für Polytechnik in Grenoble Ingenieurwesen studiert, begleitet von einem Studienaufenthalt an der Virginia Tech-University. Seine berufliche Laufbahn führte Etienne über Paulstra, wo er als Key-Account-Manager Automotive tätig war, über Hutchinson Aerospace Industries, wo er am Ende Sales Director für den Bereich Aerospace Cabin-Interiors war.

Nach einer Tätigkeit bei Aster Capital, wo er für die Marktentwicklung zuständig zeichnete, folgte der Einstieg bei Plastic Omnium.

Seit März 2021 ist Etienne Geschäftsführer Vertrieb, Marketing, Programm Management und Product-Engineering bei EKPO Fuel Cell Technologies GmbH.

 

ElringKlinger ist auf der IAA Transportation in Halle 12, Stand C44 zu finden.

Den Beitrag finden Sie auch in der Print-Ausgabe 3-2022 der Krafthand-Truck.