Der ‚intelligente‘ digitale Tachographen
Mitte 2019 kommt der ‚intelligente digitale Tachograph‘. Damit gelten neue Regeln bei der Tachographenprüfung. Da erste Fahrzeuge mit der neuen Gerätegeneration schon vor dem Stichtag in die Werkstatt kommen können, sollte man sich frühzeitig vorbereiten. Was neu ist, haben die Tachographen-Spezialisten der Continental-Marke ‚VDO‘ KRAFTHAND-Truck schon vorab verraten.
Mitte 2019 werden die EU-Verordnung Nr. 165/2014 und die dazugehörige EU-Durchführungsverordnung 2016/799 wirksam. Was sich im Behördendeutsch sperrig liest, bedeutet nichts anderes, als dass die Nutzfahrzeughersteller ab diesem Zeitpunkt bei allen Lkw und gewerblich genutzten Fahrzeugen mit mehr als 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht Pflicht, die neu zum Straßenverkehr zugelassen werden, einen ‚intelligenten digitalen Tachographen‘ einbauen müssen. Damit ändert sich nicht nur für die Fahrer und den Fahrzeugbesitzer, also den Spediteur beziehungsweise dessen den Fuhrparkmanager einiges, sondern auch für den Werkstattfachmann bei der periodischen Tachographenprüfung nach § 57b.
Neue Funktionen
Was vor allem Werkstattfachleute interessieren dürfte: Die neue Tachographen-Verordnung bringt zahlreiche Funktionserweiterungen der Gerätetechnologie mit sich. „Der digitale Tachograph wird intelligent: Er ist damit noch besser vor Manipulationen geschützt und bietet zudem mehr Transparenz im operativen Bereich“, erklärt Dirk Gandras, Programm-Manager TTS Vehicle Units bei Continental. Um die neuen gesetzlichen Anforderungen erfüllen zu können, hat der Zulieferer unter seiner Produktmarke ‚VDO‘ unter der Bezeichnung ‚DTCO 4.0‘ ein neues Kontrollgerät entwickelt. Die EU-Richtlinien sehen unter anderem eine standardisierte DSRC-Technologie (Dedicated Short Range Communication) für einen integrierten Remote-Control-Modus vor. Damit lassen sich dem Experten zufolge die Fahrzeuge gezielter kontrollieren: der DTCO 4.0 sendet über eine an der Windschutzscheibe installierte DSRC-Antenne bestimmte Daten aus dem fahrenden Fahrzeug heraus, die Kontrollbeamte mit einem entsprechenden Lesegerät im Vorbeifahren aufnehmen können. Darüber hinaus ist der neue Tachograph in ein globales Satellitennavigationssystem (GNSS) eingebunden, worüber künftig die Positionsdaten des Fahrzeugs permanent automatisch erfasst werden. Darüber hinaus lassen sich diese Daten auch für das Flottenmanagement nutzen. Neu ist auch die sogenannte ITS-Schnittstelle (Intelligent Transportation Systems), die Flottenbetreibern dabei helfen kann, ihre Fahrer und Fahrzeuge noch effizienter einzusetzen. Die betreffenden Informationen stellt die neue Tachographengeneration bei Bedarf über eine standardisierte Schnittstelle zur Verfügung.
Neue Prüfvorgaben
„Mit all den technischen Neuerungen gibt es zwangsläufig auch Veränderungen bei der regelmäßigen Tachographenprüfung“, berichtet Michael Gut, Programm-Manager Tachographen-Service bei Continental, im Gespräch mit KRAFTHAND-Truck. Zu den bereits bekannten Schritten kommen dem Experten zufolge im Wesentlichen drei neue hinzu. „Das bedeutet sowohl neue Prüfgeräte als auch eine erweiterte Qualifizierung des Prüfpersonals in den Werkstätten, um mit den neuen Technologien fachgerecht umgehen zu können“, berichtet Gut. Die Experten von Continental haben laut Gut bereits ein passendes Konzept entwickelt, mit dem sich die neue EU-Vorschrift reibungslos umsetzen lassen soll und mit dem sich Werkstätten schon jetzt für die neue Tachographenprüfung qualifizieren können. Zudem biete das Unternehmen unter der Produktmarke ‚VDO‘ das notwendige Prüfequipment an. „Das A und O für § 57b-Werkstätten ist jetzt die Vorbereitung. Wer sich Schritt für Schritt für die neuen Vorgaben rüstet, hat es leichter – und kann auch notwendige Investitionen besser planen“, prognostiziert Michael Gut. Doch die Zeit drängt, denn vereinzelt können Nutzfahrzeuge mit dem neuen intelligenten digitalen Tachographen an Bord schon ab dem 1. Quartal 2019 in die Werkstätten kommen, prognostiziert Gut. Damit § 57b-Werkstätten künftig möglichst reibungs- und problemlos mit dem neuen Kontrollgerät umgehen können,hat der Tachographen-Experte KRAFTHAND-Truck fünf Tipps verraten:
• Tipp 1: Der Prüfer muss nachweisen, dass die DSRC-Schnittstelle ordnungsgemäß funktioniert. Denn künftig haben die Lkw an der Windschutzscheibe eine DSRC-Antenne (Dedicated Short Range Communication) verbaut. Über diese drahtlose DSRC-Schnittstelle sendet der intelligente digitale Tachograph Daten an aktiv anfragende DSRC-Lesegeräte, sogenannte Baken, wie sie Kontrollbeamte verwenden. Dadurch können sie das betreffende Fahrzeug quasi ‚im Vorbeifahren‘ überprüfen und eventuelle Unstimmigkeiten sofort feststellen. Bei der periodischen § 57b-Prüfung muss die Werkstatt mit einem geeigneten Prüfgerät die Funktion der DSRC-Schnittstelle nachweisen. „Einfach gesagt: Sie testet, ob eine Fernkontrolle möglich ist“, erklärt Michael Gut.
• Tipp 2: Die Werkstatt muss künftig die ordnungsgemäße Funktion des Satellitenempfängers (GNSS) prüfen. Hintergrund: Mit der neuen Gesetzgebung wird die Anbindung an ein globales Satellitennavigationssystem (GNSS) Pflicht. Dieses kann Informationen über die Position des Fahrzeugs speichern, wodurch sich auf einfache Weise feststellen lässt, ob die Kontrolldaten plausibel sind. Zum Prüfen des Satellitenempfängers auf Rollenprüfständen in geschlossenen Hallen ist ein sogenannter Repeater erforderlich, der während der Prüfprozedur ein stabiles Satellitensignal liefert. Einige Prüfcomputer wie das ‚VDO WorkshopTab‘ von Continental verfügen über Möglichkeiten, den Satellitenempfang des Kontrollgeräts durch Diagnose zu verifizieren und im Fehlerfall Ursachen zu detektieren.
• Tipp 3: Die Werkstatt muss grundsätzlich bei jeder § 57b-Prüfung den Geschwindigkeitsgeber neu plombieren. So will es die neue EU-Verordnung, nach der laut Michael Gut erstmals in Europa eine für alle Länder einheitliche Plombiervorschrift gilt. „Jede Werkstatt muss bei jeder periodischen Prüfung die mechanische Plombierung des Geschwindigkeitsgebers auf Unversehrtheit prüfen und – das ist neu – diesen grundsätzlich immer neu plombieren. Die Werkstatt muss künftig die entsprechenden Plomben, die eine eindeutige Identifikationsnummer tragen, von einem zertifizierten Lieferanten beziehen. Alle heute erhältlichen Plomben verlieren ihre Gültigkeit“, klärt Gut auf. Diese Identifikationsnummer muss die Werkstatt zudem auch auf dem Einbauschild vermerken.
• Tipp 4: Das erforderliche neue Prüfequipment möglichst frühzeitig beschaffen. Um die Funktion der DSRC-Schnittstelle prüfen zu können, braucht die Werkstatt unbedingt ein geeignetes Testsystem, quasi das Pendant zu dem Gerät, wie es die Kontrollbehörden einsetzen. Zudem sind ein GNSS-Repeater und ein geeigneter Prüfcomputer, welcher auf die neuen Test- und Diagnosetechnologien ausgelegt ist und die entsprechenden Prüfroutinen beherrscht.
„Wer noch mit älterem Prüfequipment für die erste Tachographen-Generation arbeitet, sollte möglichst bald die neuen Prüfgerätesysteme anschaffen, um sich Schritt für Schritt an das Handling zu gewöhnen“, rät der Experte. Notwendige Anpassungen und Weiterentwicklungen für das Testen der DSRC-Schnittstelle könnten bei hauseigenen, im Feld befindlichen Geräten problemlos per Update aufgespielt werden. Für das ‚VDO WorkshopTab‘ sei zudem eine entsprechende Software bereits im Feldtest, ebenso wie ein ‚DSRC-Meter‘, um die DSRC-Schnittstelle zu kontrollieren“, berichtet der Fachmann.
• Tipp 5: An die erforderliche Qualifizierung und die neue Werkstattkarte denken. Werkstätten, die eine § 57b-Prüfung des neuen intelligenten digitalen Tachographen anbieten möchten, müssen sich laut Michael Gut dafür qualifizieren. Wobei auch hier gelte: Je früher, desto besser. Zudem sollten sich die Werkstätten frühzeitig um die erforderliche, neue Werkstattkarte kümmern. Continental bietet nach eigenem Bekunden entsprechende Trainings, die das Werkstattpersonal auf die neuen Prüfanforderungen vorbereiten, bereits seit dem letzten Quartal 2018 über das ‚VDO Academy Portal‘ an.
Den Beitrag finden Sie auch in der Print-Ausgabe 1/19 der Krafthand-Truck.