Den Trailer leicht gemacht!
Auf der NUFAM in Karlsruhe präsentierte ZF letztes Jahr ein neues Konzept zur Elektrifizierung von Sattelaufliegern. Integriert in die Trailer-Lösung ist die elektrische Antriebsachse AxTrax 2 sowie ein modulares Batteriesystem zur Unterstützung der Rekuperation und Traktion. Auf diese Weise soll das System einen schweren Diesel-Lkw zu einem Hybridfahrzeug, das bis zu 16 Prozent Kraftstoff und CO2 sparen kann, machen. Die optionale Ausführung als Plug-in-Hybrid ermögliche sogar Einsparungen von bis zu 40 Prozent. Im rein elektrischen Gespann eingesetzt könne die Komplettlösung zur Reichweitenverlängerung beitragen. Doch wie funktioniert der E-Trailer im Detail?
Simulation eines leichteren Trailers
Vereinfacht gesagt wird durch den elektrischen Antrieb dem Lkw ein leichterer Trailer simuliert, weil sich dieser teilweise oder vollständig selbst antreibt. Dadurch wird der Kraftstoffverbrauch und der CO2-Ausstoß im besten Fall so weit reduziert, als ob die Zugmaschine ohne Trailer unterwegs wäre. Bei Lkw mit elektrischem Antrieb erhöht der elektrifizierte Trailer durch die Entlastung der Zugmaschine die Reichweite.
Neben der Antriebsunterstützung ermöglicht die E-Achse im Trailer beim Bremsen und Bergabfahren die Rekuperation von elektrischer Energie, die in einer Batterie gespeichert wird. Diese Energie kann für die beschriebene Traktionsunterstützung oder auch für den Betrieb von elektrifizierten Kühl- und Nebenaggregaten im Trailer genutzt werden, beispielsweise zur Versorgung des elektrischen Nebenabtriebs-Systems ZF eWorX. Gleichzeitig wird durch die Rekuperation auch die Emission von Bremsstaub reduziert.
Ein weiterer Vorteil des elektrischen Achsantriebs im Trailer ist der Zugewinn an Fahrstabilität und Sicherheit, insbesondere bei erhöhtem Schlupf an der Antriebsachse der Zugmaschine.
ZF liefert das komplette System zur Trailer-Elektrifizierung, inklusive eigener elektrischer Achse AxTrax 2, Trailer-EBS und Batteriesystembox. Diese Plug-and-play-Lösung reduziert den komplexen Integrationsaufwand bei den Trailer-Herstellern erheblich.
Kein Aufschieben auf die Zugmaschine
Eine intelligente Steuerung verhindert laut ZF zu jedem Zeitpunkt ein Aufschieben des Trailers auf die Zugmaschine und damit auch jegliche negative Beeinflussung des Zugfahrzeugs. Die Steuerung funktioniert in der aktuellen Version unabhängig von der Zugmaschine, ist also eine Stand-alone-Lösung. Die elektrifizierte Trailer-Technologie erkennt eigenständig, ob die aktuelle Fahrsituation Rekuperation oder Zusatzantrieb erlaubt oder das System beispielsweise im Falle eines ABS-Ereignisses abgeschaltet werden muss. Die heutigen standardisierten Schnittstellen für die Kommunikation mit dem Zugfahrzeug reichen laut ZF aus, um die Technologie darzustellen. Zudem sei die Integration des Zusatzantriebs im Trailer so ausgelegt, dass für den Fahrer kein Unterschied zum Standard-Trailer bemerkbar ist – außer dem geringeren Kraftstoff- beziehungsweise Strom-Verbrauchs der Zugmaschine.
Der ‚virtuelle‘ Königszapfen
Grundsätzlich gilt es, zwischen den Fahrsituationen zu unterscheiden. Beschleunigt der Lkw oder fährt er mit konstanter Geschwindigkeit, darf der Trailer nicht stärker schieben als die Zugmaschine zieht. Dies wird durch die elektronische Steuerung im Trailer verhindert. Verzögert der Lkw, wirkt durch die Masse des Trailers auf den Königszapfen eine Kraft, die vom Grad der Rekuperation abhängig ist. Diese Kraft ist jedoch aufgrund der Bremswirkung der Rekuperation geringer als bei heutigen Trailern. Entscheidend ist laut ZF, dass die gesetzlichen Vorgaben (beispielsweise das EG-Bremsenband) eingehalten werden und keine negative Beeinflussung der Fahrdynamik erfolgt. Auch dies sei durch die Elektronik gewährleistet. Bei der technischen Lösung dieser Regelung setzt ZF auf einen ‚virtuellen Königszapfen‘. Das System im Trailer nutzt dafür verfügbare Signale aus dem Brems- und E-Antriebssystem und erkennt selbständig, welche Fahrsituation vorliegt. Eine Sensierung der Kraft am Königszapfen ist dabei nicht erforderlich. Einflüsse durch Verschmutzung und Verschleiß könnten dadurch ebenfalls vermieden werden.
Kopplung mit jeder beliebigen Zugmaschine
Der elektrifizierte Trailer von ZF kann mit jedem beliebigen Zugfahrzeug gekoppelt werden – unabhängig von Marke und Antriebsart des Zugfahrzeugs. Die Schnittstellen zur Zugmaschine sind identisch zu den heute vorhandenen Fahrzeugen. Zusätzliche Anschlüsse und Steckverbindungen sind nicht erforderlich. Damit möchte ZF eine hohe Flexibilität im Fuhrpark sowie einen direkten Mehrwert für Logistikbetriebe schaffen, die nicht mit festen Truck-Trailer Kombinationen fahren und häufig umsatteln müssen. Diese Flexibilität ist der Vorteil der Stand-alone-Lösung von ZF.
Fehlerdiagnose erfolgt über EBS
Grundsätzlich wird der elektrifizierte Trailer eine Betriebszustandsanzeige haben. Weiterhin besteht laut ZF die Möglichkeit, diese Informationen dem Flottenmanagementsystem ZF SCALAR und Backend-Systemen zur Verfügung zu stellen. OBD ist für Trailer nicht verpflichtend. Eine Fehlerdiagnose kann – wie auch heute – über das Trailer-EBS erfolgen. Nach wie vor bleiben Zugfahrzeug und Trailer eigenständige Fahrzeuge. Es besteht keine Hochvolt-Verbindung zwischen den Fahrzeugen.
Gesetzliche Rahmenbedingungen
Vor kurzem haben sich EU-Rat und EU-Parlament auf die CO2-Vorgaben für Nutzfahrzeuge geeinigt. Ein formeller Beschluss steht aber noch aus. Aber es ist absehbar, dass in den EU-Vorschriften ein sogenannter ‚E-Anhänger‘ eingeführt wird. Gleichzeitig sollen nun auch Trailer zur CO2-Reduzierung beitragen. Ab 2030 ist eine Reduktion bei Sattelaufliegern um 10 Prozent und bei Anhängern um 7,5 Prozent vorgesehen.
ZF unterstützt eigenen Angaben zufolge die europäischen Gremien bei der Anpassung der zahlreichen Regularien, damit elektrifizierte Trailer baldmöglichst auf Europas Straßen zugelassen und betrieben werden können. Dies betrifft beispielsweise die Typgenehmigung nach EU 2018/858, die Bremsenregelung nach UN ECE R13 sowie Maße und Gewichte.
Eine weitere Voraussetzung ist die Berücksichtigung der Trailer im EU-Simulationstool VECTO, mit dem die Werte für Kraftstoffverbrauch und CO2-Emission berechnet werden. Dieser Prozess befindet sich laut ZF in Bearbeitung. Ähnlich wie bei Lkw oder Pkw wären finanzielle Anreize durch eine Incentivierung zielführend, um mit elektrifizierten Trailern die Dekarbonisierung im Güterverkehr voranzutreiben. Mit der Umsetzung der Zulassungsregelungen wird frühestens ab 2026 gerechnet. Und ab 2030 gelten dann, wie oben erwähnt, die CO2-Ziele für die Hersteller von Anhängern. Die Nutzung der rekuperierten elektrischen Energie ausschließlich für den Betrieb von Kühl- und Nebenaggregaten ist im Übrigen heute schon zugelassen.
Den Beitrag finden Sie auch in der Print-Ausgabe 1-2024 der Krafthand-Truck.