Das Kompetenzcenter für emissionsfreie Mobilität (KEM) in Mannheim wird 30 Jahre alt. Bild: Daimler-Truck
Alternative Kraftstoffe

Daimler-Truck: Vom Prototypen zur Serie – 30 Jahre KEM in Mannheim

Seit nunmehr 30 Jahren ist das Kompetenzcenter für emissionsfreie Mobilität (KEM) in Mannheim die Anlauffabrik für Komponenten und Fahrzeuge mit alternativen Antrieben bei Daimler Truck. Das KEM baut als interner Entwicklungspartner Prototypen auf, produziert Kleinserien und bereitet Serienanläufe vor. Es schließt damit die Lücke zwischen der Entwicklung von E-Komponenten und -Fahrzeugen und der Großserienfertigung. Über 50 Ingenieure, Meister und Mechatroniker im KEM definieren neue Fertigungsprozesse und konzeptionieren Produktionslinien für Komponenten schadstoffarmer sowie emissionsfreier Fahrzeuge, wie etwa Batteriepacks, Batteriesysteme oder Brennstoffzellen-Aggregate sowie Wasserstoff-Tanksysteme.

„In unserer Branche ist es von großer Wichtigkeit, dass wir Innovationen in der Entwicklung und Produktion neuer Antriebstechnologien nicht nur schnell vorantreiben, sondern diese auch zügig in die Serienfertigung überführen. Das KEM zeichnet sich durch genau diese Expertise und dieses Fachwissen aus. Im Rahmen der Transformation der Automobilindustrie ist das ein unschätzbarer Vorteil für uns.“, sagt Andreas Moch, Standortverantwortlicher Mercedes-Benz Werk Mannheim.

Fertigung von Batteriesystemen im KEM

Der eCitaro auf der Autobahn zwischen Passau und Vilshofen. Das Schöne: Man kann als ‚Hintermann‘ getrost die Fenster einen Spalt offen lassen. Bild: Georg Blenk

Das Kompetenzzentrum für emissionsfreie Mobilität war bereits beim Hochlauf der Serienproduktion des vollelektrischen Stadtbusses Mercedes-Benz eCitaro beteiligt, der seit Ende 2018 in Mannheim gefertigt wird. Seither werden im KEM Batteriepakete zu sogenannten Hochvolt-Batterieclustern montiert und getestet. So ist es auch für die nächste Generation von E-Bus-Batterien, die ab Mitte des Jahrzehnts zum Einsatz kommen wird, geplant. Die Batteriesysteme werden dann in der Busmontage auf das Dach sowie in den Motorraum der Stadtbusse auf- bzw. eingesetzt. Alle Mercedes-Benz eCitaro fuel cell Fahrzeuge – batterieelektrisch angetriebene Niederflurbusse mit Wasserstoff-Brennstoffzelle zur Verlängerung der Reichweite – kommen nach ihrer Fertigstellung im KEM vorbei: zur Erstbetankungen an der KEM-eigenen Wasserstoff-Bedruckungsstation.

Vorkonfektionierung von Batteriepacks

Nach der Komplettierung in Mannheim werden die Batterieeinheiten verladen. Bild: Daimler-Truck

Für die im gut 50 Kilometer entfernten Mercedes-Benz Werk Wörth aktuell produzierten E-Lkw, wie dem eActros 300/400 und dem eEconic, werden im KEM in Mannheim einzelne Batteriemodule zu kompletten Hochvolt-Batterien (Pakete) verbaut und einer Funktionsprüfung unterzogen. Doch bevor aus den Modulen eine einsatzbereite Hochvolt-Batterie entsteht, werden die einzelnen Module in einem ersten Schritt in ein Batteriegehäuse gesetzt, dann mit weiteren Komponenten wie Stromschienen, Steuergeräten und Kabeln verbunden. Im Anschluss erfolgt die Verkabelung der Hochvolt-Leitungssätze und das Anbringen von Isolationsschichten, die höchste Sicherheitsstandards gewährleisten. Abschließend wird die sogenannte Elektrik/Elektronik-Box (E/E-Box) auf das vormontierte Metallgehäuse angebracht, welche später die Schnittstelle zwischen Batterie und Fahrzeug bildet. Die E/E-Box wird ebenfalls im KEM vormontiert. Nach einer finalen Funktions- und Dichtheitsprüfung der gesamten Hochvolt-Batterie erfolgt der Versand nach Wörth.

Pilotprojekt: Hochvolt-Batterien als Stromspeicher

Da emissionsfreie Mobilität nicht nur bei der erstmaligen Produktion von Gütern ansetzt, sondern den gesamten Wirtschaftskreislauf in den Blick nimmt, pilotiert das KEM auch Anwendungen zum sogenannten 2nd-life, also einem ‚zweiten Leben‘, von Hochvolt-Batterien und -Modulen als Stromspeicher: Das KEM besitzt einen Energiespeicher (ESS = Energy Storage System) im Rahmen einer Depot-Ladesystem Pilotanwendung für Kunden. Der Speicher aus Modulen von eActros 300/400 und eEconic Batterien lädt Lkw von Logistikdienstleistern des Werkes Mannheim mit grünem Strom aus der 3,2 MW Photovoltaik-Anlage, die rund 30.000 Quadratmeter des KEM-Dachs bedeckt.

Eine 30jährige Erfolgsgeschichte

Das Kompetenzcenter KEM in Mannheim wurde 1994 für emissionsfreie Nutzfahrzeuge (KEN) gegründet und war zunächst eine reine Experimentierwerkstatt für neue Antriebe. Zu den ersten Projekten gehörte 1996 die Fertigung von Transportern mit Elektroantrieb. Mit Blick auf die in den letzten Jahren zunehmende Relevanz alternativer Antriebe betont Robert Braun, Leiter Kompetenzcenter für emissionsfreie Mobilität: „In den vergangenen 30 Jahren haben wir ausgesprochen viel Erfahrung mit verschiedenen Technologien gesammelt und sind mit dem daraus gewonnenen Wissen hervorragend für die Zukunft aufgestellt. Mit Stolz können wir sagen, dass in jedem Fahrzeug mit alternativem Antrieb von Daimler Truck auch ein Stück KEM-Expertise steckt.“

Im Übrigen: In Mannheim erfand der Ingenieur Carl Benz am 29. Januar 1886 das erste Automobil der Welt – den Benz-Motorwagen (Patentnummer 37435). So schließt sich der Kreis. 1908 wurde das heutige Mercedes-Benz Werk Mannheim in Mannheim-Waldhof auf dem Luzenberg gegründet.