Berger baut in Radfeld gewichtsoptimierte Sattelauflieger
Der Name Berger ist seit Jahrzehnten ein Begriff in der internationalen Transportbranche. Ansässig im österreichischen Wörgl, unweit der Grenze zu Deutschland, begann vor 61 Jahren eine Erfolgsgeschichte. Johann Berger gründete ein Transportunternehmen und expandierte schnell. Schon früh erkannte er die Vorteile von Sattelaufliegern mit optimiertem Gewicht, er konstruierte sie anfangs sogar selbst und beschäftigte sich schon damals mit dem Thema Leichtbau. So konnte er zum Beispiel mehr Marmor zuladen als die Konkurrenz, die Touren wurden nach Gewicht bezahlt.
Aus der Idee heraus entstand 1994 die Berger Fahrzeugtechnik. Man begann mit der Serienproduktion von gewichtsoptimierten Trailern, damals noch unter der Marke ‚Berger-Light‘. 1997 übernahm Gerhard Berger die Unternehmensgruppe, er hat vor allem den Ausbau der Berger Fahrzeugtechnik am Standort Radfeld weiter vorangetrieben. „Gerhard Berger hat 1997 seine Formel-1-Karriere beendet und ist seitdem Ideen-, Impulsgeber und Visionär. Aus seiner Erfahrung im Rennsport weiß er genau was Leichtbau bedeutet“, so Maximilian Hunfeld, Leiter Strategischer Vertrieb & Marketing bei Berger-Fahrzeugtechnik.
Aus Berger Light wird Berger Ecotrail
Nach einer Konsolidierungsphase (die Finanzkrise hat auch in der Nutzfahrzeugbranche ihre Spuren hinterlassen) entstand 2008 die Marke ‚Berger Ecotrail‘. Im darauffolgenden Jahr kam es zur Einführung weiterentwickelter Fahrzeuge unter der neuen Wort- und Bildmarke. „Wir haben bereits 2009 das Thema Umweltschutz besetzt und sind mitunter belächelt worden. Damals hat noch niemand über Gewichtsoptimierung im Trailerbau nachgedacht“, so Tobias Marian, Gesamtvertriebsleiter bei Berger Fahrzeugtechnik.
„Leichtbau heißt nicht einfach leicht machen“, so Hunfeld.
Die Berger-Gruppe besteht heute mit Berger-Logistik, Berger-Fahrzeugbau sowie Berger-Truckservice aus drei Unternehmensteilen. Allein Berger-Truckservice beschäftigt rund 75 Mitarbeiter an den Standorten Wörgl und Thaur bei Innsbruck. „Wir decken vollumfänglich die Reparatur und Instandhaltung von Lkw und Trailer ab und kümmern uns um Fahrzeuge sämtlicher Hersteller, inklusive Getriebeservice, Rahmenrichten und Fahrwerksvermessung. Wir kennen das Produkt in all seiner Vielfalt, was uns zusätzliche Vorteile beim Trailerbau verschafft“, so Marian und ergänzt: „Wenn man Gewichtsreduzierung und Nutzlastoptimierung betreiben möchte, muss man das Gesamtsystem verstehen. Allein der Austausch von Einzelkomponenten führt nicht zum Ziel. Aus diesem Grund sind wir seit 26 Jahren Benchmark in der Branche, niemand produziert ein leichteres Produkt ohne Einbußen was die Qualität und die Langlebigkeit angeht.“
Rahmenbau
Beim Bau der Ecotrail-Sattelauflieger spielen zahlreiche Faktoren eine Rolle, die Berger-Fahrzeugbau eigenen Angaben zufolge vom Wettbewerb unterscheidet. „Das ganze Konzept ist so ausgelegt, dass wir so leicht wie möglich bauen können und dabei eine maximale Lebensdauer erreichen. Wir loten gleichsam die Grenzen des Machbaren aus und setzen konsequent auf Qualität. Dabei hilft uns unsere jahrzehntelange Erfahrung“, berichtet Tobias Marian.
So setzt Berger beispielsweise beim Rahmenbau S700-Feinkornstahl ein. Man könne so in der Fläche deutlich mehr Spannung einbringen und Materialstärken reduzieren. Beim Schweißen des Feinkornstahls sind Experten gefragt. „Wir wissen genau wie das Material beim Verschweißen reagiert und verhindern so Verzug und Spannungen“, so Tobias Marian. Die Längsträger werden von Robotern verschweißt, alle anderen Schweißarbeiten erledigen Experten mit der Hand. Im Übrigen: An einem Coil-Auflieger befinden sich rund 110 m Schweißnaht.
Ein zentrales Element, was zusätzlich zur Gewichtsreduktion beiträgt, sind entsprechende Aussparungen in den Rahmenlängs- und Querträgern, sogenannte Reuleaux-Dreiecke. Mit der speziellen Geometrie können man mehr Material aussparen ohne Festigkeitseinbußen hinnehmen zu müssen. Dies gelänge nur in der passenden Anordnung und beruhe auf Jahrzehnte-langer Erfahrung in der Konstruktion und den Erkenntnissen aus dem Feld.
„Wir verstehen das Gesamtsystem.“
Nach Abschluss der Arbeiten am Leiterrahmen wird er auf eine Schablone geklemmt. Die Experten bei Berger-Fahrzeugbau können so die Maßhaltigkeit exakt überprüfen. „Bei einem Rahmen von rund 2,50 Breite und 13,60 m Länge messen wir über die Diagonale weniger als 3 mm Differenz. Denn nur wenn die beiden Längsträger exakt parallel positioniert sind, sind es auch später die Achsen. Somit generieren unsere Trailer deutlich weniger Reibung im Nachlauf“, erklärt Marian.
Werksseitig vorgespannt
Auch was das Handling und die Bearbeitung des Rahmens angeht geht Berger eigene Wege. Die Stahlelemente aus Feinstahl sehen quasi kein Tageslicht, von der eigentlichen Produktion bis zur Anlieferung in Radfeld. Sie werden nicht klassisch Sandgestrahlt, vielmehr setzt man auch beim Strahlen auf S700 in unterschiedlichen Kugelgrößen. „So bringen wir keine Fremdstoffe in das Material ein, die später einmal zu Korrosion führen können.“
Und noch eine Besonderheit: Der Rahmen ist werksseitig vorgespannt. So erreicht Berger im beladenen Zustand eine homogene Krafteinleitung über die gesamte Konstruktion, es entstehen keine Lastspitzen auf einzelnen Segmenten. So könne man wiederum auf Zusatzverstärkungen verzichten. Last but not least kommt jeder Auflieger auf einen Prüfplatz und wird vermessen. Dabei simuliert ein Betonblock eine definierte Last, Torsion und Vorspannung können so exakt überprüft werden. Beim Megachassis kommt es beispielsweise bei 29 Tonnen Last auf zwei Meter Fläche zu einer Durchbiegung von 8,5 cm, was konstruktiv gewünscht ist.
„Alle Fahrzeugkomponenten müssen zusammen gedacht werden.“
Im Übrigen können die Rahmen trotz konstruktiver Besonderheiten im Falle eines Unfalls und einer Beschädigung mit der Richtbank, wenn nötig mit lokaler Erwärmung, gezogen werden. Vorausgesetzt ist natürlich ein entsprechendes Fachwissen und das nötige Werkstattequipment.
Zusatzkomponenten/Teile
Berger Fahrzeugbau hat sich auf die Fahnen geschrieben auf jedes Detail zu achten, auf das Zusammenspiel des Ganzen käme es an. „Wir fangen beim optimierten Planen-Verschluss an und hören bei der ausfallsicheren Fahrzeugbeleuchtung auf“, so Maximilian Hunfeld. Berger setzt auch auf angeschraubte Bremsscheiben (Intrascheiben). So entsteht weniger Hitze im Radlager, die Baugruppe wiegt weniger, das Lager hält länger. Die Radnaben sind laut Berger für 10 t ausgelegt, 9 t würden ausreichen. Die Achsen kommen übrigens von SAF-Holland, auch hier wählt Berger die leichteste Variante. Überhaupt arbeitet Berger eng mit namhaften Zulieferern wie Wabco oder Hella zusammen. Ersatzteile der Partner sind weltweit verfügbar. Was die Teileverfügbarkeit der eigenen Ersatzteile angeht, liefert Berger bei Auftragseingang bis 14.00 Uhr am nächsten Tag. Im hauseigenen Lager liegen stets 1,6 bis 2 Millionen Teile parat.
Die hauseigene Konstruktionsabteilung beschäftigt sechs Mitarbeiter, die sich Einzelkomponenten wie Hecktüren oder Dachstreben im Detail ankucken und verbessern. So konnte man zum Beispiel auch die Rungen weiter optimieren. „Wenn es nicht leichter geht, arbeiten wir weiter an der Konstruktion. Letztendlich müssen alle Fahrzeugkomponenten zusammenpassen und zusammen gedacht werden“, so Hunfeld.
Beratung und Mehrwert
Die Berger-Ecotrail-Sattelauflieger sind teurer als Wettbewerbsprodukte. Doch Berger-Kunden bekommen nicht nur einen deutlich leichteren Auflieger, der zusätzliche Beladung zulässt, sondern auch eine individuelle Beratung. „Wir gehen zum Kunden und beschäftigen uns eingehend mit seinem Aufgabengebiet. Es geht um die Optimierung der Frachtraten, um Wettbewerbsvorteile und letztendlich um die Reduzierung des Kraftstoffverbrauchs und der CO2-Emissionen. Der Mehrpreis des Fahrzeugs amortisiert sich nach rund zwei Jahren und unsere Kunden können sofort beginnen die CO2-Emissionen zu senken“, so Tobias Marian. Die Strategie geht auf: 88 Prozent der Kunden die einmal einen Berger-Ecotrail gekauft haben, haben später wieder auf Berger gesetzt.
Mehr Spielraum
Lkw und Auflieger werden tendenziell immer schwerer. Zahlreiche Assistenz-/Telematik- und Komfortsysteme sind der Grund. Dies gilt aber vor allem auch für die Trucks der Zukunft mit alternativen Antriebstechnologien, wie batterieelektrischen Lkw (BEV) mit schweren Batteriepacks oder Wasserstoff-Lkw (FCEV) mit schweren Tanks. „Wir schaffen mit Berger Ecotrail, durch konsequenten Leichtbau jetzt und in Zukunft den nötigen Spielraum“, so Maximilian Hunfeld.
Den Beitrag finden Sie auch in der Print-Ausgabe 1/2022 der Krafthand-Truck.