Der eActros 600 schafft mit 40t Gesamtgewicht bis zu 500 Kilometer und mehr. Bild: Georg Blenk
IAA Transportation

Daimler-Truck: Serienstart des Mercedes-Benz eActros 600 im November

Daimler Truck hat am Vorabend der IAA Transportation 2024 in Hannover seinen Weg zum nachhaltigen Transport aufgezeigt. Dabei standen die Themen Dekarbonisierung und Digitalisierung im Fokus. Das Highlight der Messe von Daimler Truck ist der batterieelektrische Lkw Mercedes-Benz eActros 600. Mit seinem neuen E-Flaggschiff möchte der Hersteller den Fernverkehr, der zwei Drittel und damit den Großteil der lokalen CO2-Emissionen im Lkw-Verkehr ausmacht, dekarbonisieren.

500 Kilometer Reichweite

Die Batteriekapazität von über 600 Kilowattstunden sowie eine neue elektrische Antriebsachse aus eigener Entwicklung, soll für eine Reichweite des eActros 600 von bis zu 500 Kilometern ohne Zwischenladen sorgen. Diese Reichweite wird laut Daimler-Truck unter sehr realistischen, praxisnahen Bedingungen mit 40 Tonnen Gesamtzuggewicht erreicht und könne je nach Fahrweise und Strecke auch übertroffen werden. Der eActros 600 soll am Tag sogar weit über 1.000 Kilometer zurücklegen können. Zwischenladen während der gesetzlich vorgeschriebenen Fahrerpausen – selbst ohne Megawattladen – mache dies möglich, sofern die Lademöglichkeiten vorhanden sind.

 

Antriebsachse des eActros 600 aus eigener Entwicklung. Bild: Georg Blenk

 

Umfangreiche Testung

Seriennaher Prototyp des eActros 600 während der Test-Tour durch Europa.

Zwei seriennahe Prototypen haben laut Daimler-Truck im Sommer dieses Jahres bei einer fast siebenwöchigen, über 15.000 Kilometer langen Testfahrt durch 22 europäische Länder die Leistungsfähigkeit des eActros 600 gezeigt. Es war die größte Erprobungsfahrt der Geschichte von Mercedes-Benz Trucks. Die beiden E-Trucks waren mit jeweils 40 Tonnen Gesamtzuggewicht unterwegs. Die Fahrzeuge haben bei der Tour, auf der ausschließlich an öffentlichen Ladestationen geladen wurde, die hohe Energieeffizienz des eActros 600 unter Beweis gestellt: Über den gesamten Tourverlauf konnte der mit spezieller Verbrauchsmesstechnik ausgestattete Prototyp einen Durchschnittsfahrverbrauch von 103 Kilowattstunden pro 100 Kilometer erzielen. Diesen umgerechnet mit dem Energieinhalt von Diesel entspricht einem Dieselverbrauch von rund 10 Liter pro 100 Kilometer, was mit einem konventionell angetriebenen Lkw unmöglich erreichbar gewesen wäre. Bei zahlreichen Tagesetappen wären auf der Tour rechnerisch sogar Reichweiten von über 600 Kilometer ohne Zwischenladen möglich gewesen. Im Durchschnitt konnten rund 25 Prozent des Antriebsverbrauches des eActros 600 durch rekuperierte Energie gedeckt werden.

Die Bandbreite des Tagesverbrauches lag vor allem je nach Strecke, Topographie und Temperatur zwischen 85 Kilowattstunden pro 100 Kilometer – auf den rund 360 Kilometern bergab von Madrid nach Bilbao unter sehr guten Straßen- und Wetterbedingungen – und 140 Kilowattstunden pro 100 Kilometer auf den rund 240 Kilometern von Alta ans Nordkap bei einer Tiefsttemperatur von 7 Grad Celsius und auf teilweise nicht asphaltierten Straßen. Die Leistungsfähigkeit des anderen Prototyps wurde im Verlauf der Tour von rund 30 Journalisten aus 20 europäischen Ländern – zumeist hinter dem Steuer – nicht nur hinsichtlich des Verbrauchs, sondern beispielsweise auch in Bezug auf die Fahrdynamik auf die Probe gestellt. Selbst bei diesem Fahrzeug lag der Verbrauch im Schnitt nur etwa 6 Prozent höher. Damit hat sich die angegebene Reichweite von 500 Kilometern mit einer Batterieaufladung im Zuge der Tour als realistische Planungsgröße bestätigt.

Serienstart ist Ende November

Der eActros 600 wird im Werk Woerth gefertigt. Erste Auslieferungen an Kunden erfolgen im November.

Daimler Truck möchte den Serienstart des eActros 600 Ende November dieses Jahres im Mercedes-Benz Werk Wörth feiern. Noch 2024 sollen erste Kundenfahrzeuge gefertigt und zugelassen werden. Auch die Daimler Truck Werke Mannheim, Kassel und Gaggenau spielen eine wichtige Rolle. Sie liefern die für den batterieelektrischen Antrieb notwendigen Komponenten des eActros 600, wie die E-Achse, Getriebekomponenten sowie die Frontbox, welche zahlreiche Hochvolt- und Niederspannungskomponenten bündelt und im ehemaligen Bauraum des Verbrennungsmotors sitzt.

„Wir haben unsere Vision für den nachhaltigen Transport der Zukunft schon vor Jahren vorgestellt. Die IAA Transportation 2024 steht für uns nun ganz klar im Zeichen der Umsetzung. Wir liefern batterieelektrische Serienfahrzeuge in den Mengen, die unsere Kunden nachfragen“, so CEO Martin Daum in Hannover.

Zudem hat der eActros 600 am heutigen Sonntag im Rahmen der „Daimler Truck Media Night“ in Hannover eine nächtliche Tour nach Berlin und zurück angetreten. Zum einen soll damit seine Alltagstauglichkeit live demonstriert und zum anderen eine Botschaft an die politischen Entscheidungsträger nicht nur in Berlin, sondern auch in Brüssel geschickt werden: Die emissionsfreien Fahrzeuge von Daimler Truck sind bereit, jetzt muss der Aufbau der Ladeinfrastruktur folgen.

„Unser eActros 600 ist eine starke Alternative zu einem Diesel-Lkw – dank seiner Reichweite von 500 Kilometern mit einer Batterieaufladung. Mit seiner sehr hohen Energieeffizienz wird der eActros 600 für Flottenbetreiber zudem profitabel sein. Nun ist es unerlässlich, dass Politik, Energiebranche und Industrie gemeinsam den Ausbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur voranbringen“, so Karin Rådström, die zum 1. Oktober Martin Daum als CEO nachfolgen wird.

Daimler Truck hat eigenen Angaben zufolge seit Verkaufsstart Ende letzten Jahres bereits 2.000 Bestellungen für den eActros 600 verzeichnet und auch die Absichtserklärungen lägen bereits im vierstelligen Bereich.

Neue Marke TruckCharge

Um die E-Mobilität für seine Kunden über den Kauf von Elektro-Lkw hinaus einfach und profitabel zu machen, präsenterte Daimler Truck zum Start der IAA die neue Marke TruckCharge in Europa. Unter dem Namen möchte das Unternehmen seine Angebote rund um E-Infrastruktur und das Laden von Elektro-Lkw zusammenfassen, dass heißt: Beratung und Infrastruktur sowie Betrieb des elektrifizierten Depots für Spediteure aber auch Industrieunternehmen. Teil des Angebots sind unter anderem das Fleetboard Charge Management, das einen ganzheitlichen Überblick über alle Interaktionen zwischen den batterieelektrisch betriebenen Lkw im Fuhrpark und den firmeneigenen Ladestationen ermöglicht, die Charging Card, die das bargeldlose Laden unterwegs erlaubt sowie die Finanzierung der Ladeinfrastruktur.

Probefahrten und weitere Highlights

Die Zukunft gehört laut Daimler Truck dem softwarebasierten Lkw.

Der Stand von Mercedes-Benz Trucks und FUSO auf der IAA-Transportation befindet sich in Halle 19/20. Mit- und Selbstfahrmöglichkeiten beginnen am Stand und die Fahrten finden zum Teil auf dem Außengelände der Messe sowie auf öffentlichen Straßen statt. Weitere IAA-Highlights von Daimler Truck sind der FUSO Next Generation eCanter als vollelektrisches Abfallsammelfahrzeug, der Mercedes-Benz GenH2 Truck mit wasserstoffbetriebener Brennstoffzelle, der neue Mercedes-Benz Actros L mit verbesserter Aerodynamik als Messepremiere, der neue batterie-elektrische Stadtbus Mercedes-Benz eCitaro K mit kürzerem Radstand als Weltpremiere und der neue Mercedes-Benz Tourismo Safety Coach als Publikumspremiere.
Ein weiterer Schwerpunkt der Daimler Truck Media Night war der zu erwartende Quantensprung durch die Digitalisierung – Stichwort „softwaredefiniertes Fahrzeug“ – welche für den Hersteller die nächste Technologie-Revolution sein wird.