Titelbild Krafthand 6/2022
Ausgabe:

6/2022

Erscheinungstermin:24. März 2022
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Editorial

Seal-Reifen – Fluch oder Segen?

Seal-Reifen sind keine Weltneuheit – kamen sie doch vor Jahren schon zum Einsatz. Zwar haben sie sich nie in der Breite durchgesetzt, an den Vorteilen die ihnen Hersteller wie Continental oder Michelin zusprechen, ändert das jedoch nichts. Und fragt man diese, lautet die einschlägige Überzeugung: Jeder Autofahrer ist froh, wenn er wegen eines eingefahrenen Nagels nicht an Ort und Stelle das Ersatzrad montieren muss. Im Gegenteil: Unter bestimmten Voraussetzungen kann er sogar für längere Zeit weiterfahren. Also alles gut und weiter kein Problem?

Ganz und gar nicht, meint ein Reifenexperte und erklärt im Interview mit meinem Kollegen Florian Zink, warum er diesen Standpunkt vertritt. Er übt deutliche Kritik an den Seal-Reifen und hält sie unter Umständen sogar für „tickende Zeitbomben“. Meine Meinung: Beide Parteien, also sowohl Befürworter aufseiten der Reifenhersteller als auch Kritiker wie Dr. Schlögl, der in einem Krafthand-Interview sagt welche Gefahren er sieht, haben nachvollziehbare Argumente.

Doch wer garantiert mir als Fahrer, dass der Reifen nach einer größeren (und unbemerkten!) Stich- oder Schnittverletzung dauerhaft dicht und sicher bleibt und nicht nach 10.000 Kilometern in einen Reifenplatzer mündet? Aufgrund dieser Gefahr ist ein selbstabdichtender Reifen nur eine Zeitverlagerung des Problems. Und noch dazu eine gefährliche, da kein schleichender Druckverlust stattfindet, der mir über RDKS angezeigt würde.

Die Reifenhersteller sichern sich natürlich ab und fordern, dass der Fahrer den Zustand der Reifen regelmäßig zu überprüfen hat. Doch wie soll das praktikabel (und zuverlässig) umsetzbar sein? Mit einem zweiten Fahrer, der das Fahrzeug langsam bewegt, während der andere peinlich genau das Profil auf Fremdkörper untersucht? Dieser Anspruch ist für mich ganz einfach praxisfern und nicht zumutbar.

Ein Punkt, der tatsächlich für Seal-Reifen spricht, ist die Verwendung an selbstfahrenden Autos ohne Fahrer. Hier sehe ich mittleres bis hohes Potenzial. Denn ein Radwechsel daran ist im Pannenfall ohne fremde Hilfe natürlich nicht möglich. Aber fraglich bleibt dennoch, wie das autonome Fahrzeug regelmäßig seine eigenen Reifen prüfen will.

sebastian.schuster@krafthand-medien.de

 


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