Dem freien Markt Kunden abjagen
in KRAFTHAND 18/2019 haben wir in dem Beitrag Umsatzkiller Elektromobilität – begründete Sorge oder nur Angstmacherei? analysiert, dass der Einfluss von E-Fahrzeugen auf die Umsätze, die Kfz-Betriebe mit Wartungen erzielen, in den nächsten Jahren nicht signifikant steigen dürfte. Volkswagen sieht das genauso. Obwohl der Autobauer bis 2028 immerhin 70 rein elektrische Modelle an den Start bringen will, die, so Volkswagen, 20 bis 30 Prozent weniger Wartungskosten verursachen, soll der Aftersales-Umsatz der Wolfsburger steigen (mehr dazu hier).
Wäre ja auch dumm, wenn dieses Geschäft wegbrechen würde. Machte doch VW 2018 allein mit dem Verkauf von Ersatzteilen weltweit 15,9 Milliarden Euro Umsatz. Nur, wie wollen die Wolfsburger im Aftersales noch mehr Geld machen, wenn doch der Wartungbedarf bei den immer mehr kommenden E-Autos abnimmt? Einerseits, indem der Konzern seine Fahrzeugverkäufe steigern will und andererseits, indem er dem freien Markt Kunden abjagt.
Natürlich formulieren die Wolfsburger das nicht so direkt. Wenn das Unternehmen allerdings mittelt, dass „der Volkswagen-Konzern großes Potenzial zur Steigerung der Kundenloyalität im Aftersales durch die konsequente Digitalisierung der Vertriebsprozesse und die Vernetzung der Fahrzeuge sieht“, bedeutet das auch, er will VW-Fahrer besser und vor allem länger in seinen Markenwerkstätten halten. Das sollen die vernetzten Fahrzeuge ermöglichen.
„Über das Smartphone oder das Infotainment des Fahrzeugs kann der Kunde beispielsweise künftig proaktiv über bevorstehende Serviceereignisse informiert werden, inklusive eines konkreten Terminvorschlags in seiner bevorzugten Werkstatt“, heißt es bei Volkswagen. „Dadurch soll die Fahrzeugwartung zum rundum sorglosen Erlebnis werden: bequemer, transparenter und effizienter als je zuvor“, so das Motto der Wolfsburger.
Noch hat der freie Markt die Chance, dem etwas entgegenzusetzen. Dazu gehört auch, dass die entsprechenden Verbände, KRAFTHAND berichtet immer wieder darüber, nicht nachlassen, bei der Politik für Chancengleichheit, sprich einen diskriminierungsfreien Datenzugang für Freie, zu werben. Aber damit allein wird es nicht getan sein. Vielmehr müssen sich freie Werkstätten heute gedanklich und mittelfristig ganz konkret damit auseinandersetzen, wie sie ihre Kunden in Zukunft erreichen, damit sie auch bei ihnen ein rundum sorgloses Serviceerlebnis bekommen. Dazu müssen auch die Freien den Datenaustausch über die vernetzten Fahrzeuge nutzen.