Der (unselige) Geist der Harmonie
sind Sie als Arbeitgeber team- und kritikfähig? Sprich, diskutieren Sie Ihre Ideen für neue Projekte und Geschäftsfelder oder für effizientere Prozesse auch mit Ihren Mitarbeitern und lassen es zu, dass diese ihre Gedanken und Einwände einbringen? Oder bevorzugen Sie es, alle Entscheidungen in allen Bereichen selbst zu treffen? Getreu dem Motto: Ich trage allein die Verantwortung und weiß deshalb am besten, was zu tun ist.
Ich komme auf dieses Thema, weil heutzutage in vielen Betrieben der Geist der „totalen Harmonie“ herrscht. Nur keine Konfrontation, nur keine Konflikte. Alle sollen sich gut verstehen, alle sollen Spaß haben und jeder soll mit jedem „gut können“. Bei neuen Ideen für betriebliche Veränderungen sind Bedenkenträger und Kritiker eher unerwünscht – weil sie die Harmonie stören. Sie gelten als Spielverderber und Ewiggestrige, die den Fortschritt behindern. Auseinandersetzungen – und seien sie noch so konstruktiv – finden deshalb oft gar nicht statt.
Selbstverständlich braucht keine gute Idee Skeptiker, die jeder Neuerung aus Angst oder Bequemlichkeit abwehrend gegenüberstehen und das Thema kaputtreden. Finden vor allem sie Gehör, ändert sich nie etwas und es geht nichts voran. Innovative Unternehmer müssen mit neuen – durchaus auch verrückten – Ideen frischen Wind ins Spiel bringen. Denn nur wer über Grenzen denkt und schaut, wird Neues entdecken. Andernfalls bleibt alles beim Alten und das kann in der für die Kfz-Branche so herausfordernden Zeit keinesfalls der richtige Weg sein.
Doch Ideen sind das eine – ohne kritische Auseinandersetzung aber, die sämtliche Bedenken und jede Skepsis berücksichtigt, wird aus einer guten Idee möglicherweise ein nur mäßig oder schlecht umgesetztes Vorhaben. Am besten wissen betroffene Mitarbeiter und die mit viel Erfahrung, worauf zu achten ist und wo Stolpersteine liegen. Kluge Unternehmer haben bei aller Begeisterung und Notwendigkeit für ihre modernen Ideen deshalb ein offenes Ohr für konstruktiv-kritische Mitarbeiter.
Es ist leicht, sich denen zuzuwenden, die dem Chef nach dem Mund reden – und damit oft genug von ihren Schwächen ablenken wollen. Und es ist anstrengend, sich den Argumenten der Kritiker zu stellen. Am Ende ist es natürlich immer die Entscheidung, weil Verantwortlichkeit des Chefs, welche Strategie zum Tragen kommt. Wenn er aber nicht jedes Für und Wider kennt, kann er sie auch nicht gegeneinander abwägen.
christine.waldmann@krafthand.de