Ökobilanz des VDI enttäuscht
Bei der Vorstellung der VDI-Studie zur Ökobilanz von E-Autos (BEV), Plug-in-Hybriden und konventionell angetriebenen Pkw im Dezember 2023 bezeichnet sich der Verein Deutscher Ingenieure selbst als technologieoffen. Damit sollten sie einen kühlen und neutralen Blick auf den oft zu emotional und teils ideologisch geführten Streit (egal von welcher Seite) um den Antrieb der Zukunft haben. Im Ergebnis kommen die Experten wie andere Studien auch zu dem Schluss, dass BEV beim aktuellen Strommix im Vergleich zu Benzinern und Dieseln ab rund 90.000 und 110.000 km die Nase vorn haben. Bei rein grünem Strom könnte die Ökobilanz sogar schon bei 65.000 km besser sein.
Ein Aber gibt es dennoch. Nicht nur, weil der VDI hinter das faktische Verbrennerverbot ein großes Fragezeichen setzt. Sondern auch, weil die Experten betonen, dass die Ökobilanz maßgeblich vom Produktionsstandort abhängt und es ohne (deutlich mehr) grünen Strom keine grüne E-Mobilität geben kann. Ebenfalls richtig ist ihr Hinweis auf Elektro-Kleinfahrzeuge. Gerade diese – aber derzeit kaum angebotenen – Modelle könnten in Städten die Stärken des E-Antriebs ausspielen. Auch kommt die Diskussion um E-Fuels nicht zu kurz, die der VDI als wichtigen Technologiebaustein auf dem Weg zu weniger CO2-Ausstoß anerkennt.
Obwohl all diese Aspekte berücksichtigt sind, hätte ich mir von der Analyse der Ingenieure mehr erwartet. Warum bleiben sie bezüglich der E-Fuels bei unkonkreten Floskeln und legen nicht wenigstens ein Rechenbeispiel zum konkreten Sparpotenzial grüner E-Fuels bei der Bestandsflotte vor? Ist es so schwer, beispielsweise den Effekt einer 20%igen Beimischung in derzeitigen Kraftstoff zu errechnen? Und warum wird nicht zumindest theoretisch dargestellt, ob und zu welchen Bedingungen ein 100%iger Einsatz von E-Fuels sinnvoll wäre, um den Verbrenner womöglich doch über 2035 hinaus betreiben zu können?
Erst recht aber fehlt mir in der Studie eine Auseinandersetzung mit der Haltbarkeit (auch wenn noch schwer einschätzbar) von HV-Batterien und in welchem Maß ein Batterietausch die Ökobilanz von E-Autos vermasselt. Es geht doch an der Lebenswirklichkeit vorbei, die Umweltbilanz von Autos nur bis zu einer Laufleistung von 200.000 km zu betrachten. Bei einem Durchschnittsalter hiesiger Autos von knapp 10 Jahren ist es doch Alltag, dass 15, 16, 17 Jahre alte Pkw mit deutlich mehr als 200.000 km in Werkstätten aufschlagen. Vor diesem Hintergrund ist es durchaus wahrscheinlich, dass der Einbau neuer oder recycelter Batterien kein Einzelfallszenario bleiben wird. Aber warum kommt das in der VDI-Betrachtung nicht vor?