Kommentar zu neuen Geschäftsfeldern im Kfz-Service

Zu viele machen (noch) einen Bogen

Chefredakteur Torsten Schmidt. Bild: Krafthand

AU-Partikelzählung. FAS-Kalibrieren. E-Autos reparieren oder etwa Scheiben erneuern. Nicht jeder kann alles (mit)-machen, meint Chefredakteur Torsten Schmidt und denkt daran an ein Geschäftsfeld. Warum aber andere (neue) Tätigkeiten geschmäht werden, ist oft nicht nachvollziehbar.

Die Transformation in der Automobilwirtschaft führt unweigerlich zu Umbrüchen im Kfz-Gewerbe. Dass damit Unsicherheit und teils sogar Angst einhergeht, ist völlig normal. Schließlich stehen ernste Fragen im Raum: Werden in einigen Jahren viele Autohäuser verschwunden sein, weil die Autobauer immer mehr auf das Agenturmodell setzen? Oder: Gehen die Werkstattumsätze aufgrund der E-Autos mittel- bis langfristig dramatisch zurück?

Ob es wirklich so drastisch kommt bezüglich der E-Autos, stelle ich nicht das erste Mal in Frage. Auch an ihnen werden Reparaturen fällig – vielleicht sogar mehr als sich mancher E-Autobesitzer heute vorstellen kann. Aber klar ist auch: Mehr Arbeit wird es sicher nicht. Umso verwunderlicher ist es, immer wieder von Werkstattinhabern zu hören, die um verschiedene (neue) Geschäftsfelder einen Bogen machen.

Dazu gehört etwa das Kalibrieren von FAS. Das Paradebeispiel der ausgelassenen Chancen aber ist der Austausch von Windschutzscheiben. Ein vergleichsweise gering komplexes Geschäft, das von nicht wenigen Werkstattinhabern nur stiefmütterlich behandelt oder gar nicht angegangen wird. Dabei könnte dieses Business kaum lukrativer sein – wie ein Vor-Ort-Besuch bei einem in diesem Zweig sehr erfolgreichen Werkstattinhaber zeigt. Im Beitrag „Der Glaskönig“ hat er uns seine Erfolgsfaktoren verraten.

Etwas anders verhält es sich bei der bald anstehenden AU-Partikelmessung. Hier geht es weniger ums Ein- als ums Aussteigen. Hört man sich bei Werkstätten um, so weiß der eine oder andere Inhaber nicht sicher, ob er den Schritt zur Partikelmessung noch mitgehen soll. Immerhin sind die Geräte dafür nicht billig, wie unsere Marktübersicht in der Ausgabe 15/2022 aufzeigt. Andererseits müssen die, die keinen Partikelmesser anschaffen möchten, viele Diesel-AUs auslagern. Denn die Partikelzählung greift eben nicht nur für neue Euro-6-Autos, sondern auch für die älteren, die schon sechs, sieben oder acht Jahre alt sind.

Vor diesem Hintergrund kann man das AU-Geschäft mit Dieseln eigentlich auch gleich komplett lassen. Das ist legitim und in Einzelfällen vielleicht sogar die bessere Lösung. Beim Glasgeschäft, FAS-Sensoren kalibrieren oder bei künftigen Reparaturen an HV-Anlagen ist es nicht nachvollziehbar. Denn wenn man das alles nicht will, frage ich mich, was diejenigen dann wollen?