Wohin mit dem Lithium-Müll?
Die Zukunft der automobilen Fortbewegung ist batterieelektrisch, zumindest wenn es nach den Regierungen vieler Staaten geht. Doch ist der Elektroantrieb nicht unumstritten. Unter anderem in Bezug auf die Entsorgung der Akkupacks, wenn das Kfz einmal außer Betrieb gesetzt wird.
Teuer, schwer und mit hohem Energie- und Rohstoffeinsatz hergestellt, in der Lebensdauer begrenzt und schwierig zu entsorgen – die Traktionsbatterie ist nicht nur das wichtigste Bauteil in einem Elektroauto, sie ist auch das umstrittenste. Alleine Volkswagen plant 2025 mit rund einer Million Elektrofahrzeugen, doch wie deren Stromspeicher nach Ablauf ihrer Lebensdauer recycelt werden sollen, darüber scheiden sich die Geister.
Dabei existieren durchaus schon Ansätze, wie mit diesem Sondermüll einmal verfahren werden könnte. Krafthand stellt die aktuell anwendbaren Verfahren vor.
Second Life
Was klingt wie ein Computerspiel aus den frühen 2000ern, ist der Versuch, den aus dem Fahrzeug aussortierten Batterien ein zweites Leben als Energiespender in anderen Bereichen zu ermöglichen. Diese werden aus E-Autos ausgebaut, wenn sie nur noch 80 Prozent ihrer ursprünglichen Kapazität haben. Einige Unternehmen setzen sie dann als Notfallakkus für Großserver oder als Pufferbatterie für Solaranlagen ein. Der Verband der Elektrotechnik VDE geht davon aus, dass die Lebensdauer so auf gut 20 Jahre verlängert werden könnte.
Irgendwann aber ist wirklich Schluss. Dann muss die Batterie zu einem Recyclingbetrieb, zum Beispiel zu Umicore nach Belgien. Deren Fokus liegt aber nicht auf der Rückgewinnung des Lithiums. Das Alkalimetall macht nämlich lediglich ein Gewichtsprozent einer Batterie aus – in einem Elektro-Golf sind das rund drei Kilogramm. Zudem ist Lithium preisgünstig. Für die Menge im e-Golf-Akku werden beispielsweise weniger als zehn Euro veranschlagt. Es wäre zwar technisch möglich, das Lithium in Reinform zu recyceln – das aber ist teuer, und darum werden anfallende Lithiumverbindungen zum Beispiel in der Betonindustrie wiederverwendet.
Viel wichtiger und einfacher ist es, Metalle wie Kobalt, Kupfer und Nickel zu gewinnen. Umicore hat dafür den UHT-Prozess (ultra high temperature) entwickelt. Vereinfacht gesagt werden dabei die Materialien bei großer Hitze getrennt. Abfall entsteht laut dem Unternehmen kaum, obwohl Lithium, Grafit, Aluminium und das Elektrolyt verbrannt werden. Am Ende soll weniger als ein Prozent an Rückständen übrigbleiben.
Schreddern für den Umweltschutz
Die deutsche Firma Duesenfeld hat eines der umweltfreundlichsten Systeme zur Verwertung von Lithium-Akkus entwickelt. Hier wird geschreddert, also mechanisch zerkleinert. Aber beginnt ein Lithium-Akku nicht bei mechanischer Zerstörung des Gehäuses zu brennen? Nicht, wenn der Schreddervorgang unter Stickstoff stattfindet. Dieser verhindert eine Reaktion mit dem Sauerstoff der Luft, es kommt zu keinen Explosionen. 96 Prozent der Bestandteile einer Batterie lassen sich auf diese Weise dem Herstellungskreislauf wieder zuführen, da Grafit, Mangan, Kobalt und Lithium in Reinform zurückgewonnen und in feinster Pulverform der Produktion rückgeführt werden können. So wird zudem der CO2-Fußabdruck um 40 Prozent reduziert. Duesenfeld arbeitet derzeit an der Entwicklung von mobilen Schredderstationen, die sozusagen zum Material gebracht werden können, anstatt wie bisher die Akkus teuer anliefern zu lassen.
Zerkleinern per Schockwelle
Das Fraunhofer Institut setzt auf eine elektrohydraulische Zerkleinerung mit Hilfe von Schockwellen. Bei diesem Verfahren wird das Material in ein flüssiges Medium, zum Beispiel Wasser, eingebracht. Elektrische Entladung setzt Schockwellen frei, die durch das Medium Wasser sehr gleichmäßig an das Material weitergegeben werden. Damit ist es laut den Wissenschaftlern möglich, Komposite quasi berührungsfrei an den Materialgrenzen aufzuspalten und so eine einfache und schonende Separation der Komponenten zu erreichen.
Das Materialgemisch aus den verschiedenen Batteriekomponenten – Kathode, Anode, Elektrolyt, Separator sowie Zell- und Batteriegehäuse – kann danach effizienten Trennverfahren unterzogen werden. Um möglichst reines Batteriematerial zu erhalten, werden Verfahren eingesetzt, die sowohl physikalische Eigenschaften, wie unterschiedliche Korngröße und Dichte, als auch die unterschiedliche chemische Zusammensetzung der Materialien zur Separation nutzen. Das Verfahren soll besonders energieeffizient sein, da im Gegensatz zu metallurgischen Prozessen keine hohen Temperaturen benötigt werden. Zudem kann es für Produktionsausschüsse sowie für Altprodukte eingesetzt werden.
Abschließend lässt sich sagen, dass Elektroautos also kein unüberwindbares Recyclingproblem darstellen. Für verschiedene Verwertungsprozesse zeichnen sich bereits technische Lösungen ab, die eine Reihe von Spezialisten in die Praxis umsetzen wollen. Einzig die humanitären Probleme beim Abbau der verschiedenen Rohstoffe bleiben eine weitere große Herausforderung. Doch die steht auf einem anderen Blatt.
Hochvoltbatterien: recyceln oder zweites Leben
Auch Honda fördert die Verwertung ausgedienter Batterien aus den eigenen Hybrid- und Elektrofahrzeugen, indem sie diese für ein „zweites Leben“ als Speichermedium für erneuerbare Energien einsammeln und aufbereiten. Sollte diese Wiederverwendung nicht möglich sein, werden wertvolle Materialien aus den Batterien gewonnen und recycelt. Dazu wurde eine Zusammenarbeit mit dem französischen Unternehmen Société Nouvelle d’Affinage des Métaux, kurz SNAM, aufgebaut.
SNAM sammelt die Energiespeicher künftig in 22 Ländern bei Honda-Händlern und autorisierten Verwertungsanlagen mit CO2-armen Transportmitteln ein und checkt deren Zustand. Die tauglichen werden aufbereitet und für häusliche oder industrielle Anwendungen zur Verfügung gestellt. Von den beschädigten Exemplaren extrahiert das Unternehmen Rohstoffe wie Kobalt oder Lithium. Die Rohstoffe können in der Produktion neuer Batterien, zur Herstellung von Farbpigmenten oder als Mörtelzusätze verwendet werden. Weitere Materialien wie Kupfer, Metall und Kunststoffe lassen sich ebenfalls recyceln und vermarkten.
Über die Onlineplattform von SNAM haben Händler die Möglichkeit, das Abholen von Altbatterien für das weitere Recyclingverfahren anzufordern. Das Einsammeln kann über zentrale Lagerzentren innerhalb von 15 Arbeitstagen erfolgen, was den Händlern das Lagern von Batterien auf dem eigenen Gelände erspart.
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