Bi-Gasstation, Kältemittel
Kältemittel

Wird’s teurer?

R1234yf kommt in immer mehr Fahrzeugen zum Einsatz und R134a wird nach wie vor für viele Bestandsfahrzeuge benötigt. Werkstätten müssen sich also aktuell mit zwei Kältemitteln beschäftigen. Einige greifen dafür auf Bi-Gasstationen zurück. Bild: Schmidt

Für Werkstätten steht früher oder später die Anschaffung einer R1234yf-Klimaserivce station an. Dafür sprechen mehrere Argumente. Doch wie sieht es mit R134a aus? Oder kommt bald CO2 als weiteres Kältemittel auf den Markt? KRAFTHAND hat dazu unter anderem bei den Spezialisten des Unternehmens Arthur Friedrich Kältemittel recherchiert.

Über die Kontroverse zum neuen Kältemittel R1234yf haben wir in der KRAFTHAND schon häufig berichtet. Autobauer wie Opel, Subaru, Ford oder Toyota setzen das neue Mittel im Grunde ohne Vorbehalte ein. Mercedes-Benz hingegen sieht R1234yf kritisch und hat seine Fahrzeuge deshalb noch eine ganze Weile mit R134a befüllt. Länger, als es der Gesetzgeber zunächst vorgesehen hat. Dazu muss man wissen: Seit dem 1. Januar 2013 erhalten die Fahrzeughersteller für neue Modelle nur noch eine Homolo gation, wenn sie ein Kältemittel einfüllen, dessen GWP-Wert (global warming potential/Treibhauspotenzial) unter 150 liegt. Mit einem Wert von eins (wurde lange mit vier angegeben) liegt R1234yf deutlich darunter. Zum Vergleich: Der GWP von R134a beträgt 1.430 und liegt damit weit über dem Grenzwert.

Sinkende Preise für R1234yf sind nicht zu erwarten.

Doch warum lehnen Mercedes-Benz und andere Skeptiker das neue Kältemittel vom Grundsatz her ab? Knackpunkt für die Stuttgarter ist die im Vergleich zu R134a niedrige Selbstentzündungstemperatur von 405 °C und das damit nach Meinung des Autobauers verbundene Sicherheitsrisiko. Hinzu kommt, dass R1234yf bei einem Brand die hochgiftige Flusssäure bildet. So weit, so bekannt.

Überraschende Preisentwicklung

In der Automobilbranche ist zum Teil hinter vorgehaltener Hand zu hören, dass verschiedenen Autobauern der Preis für R1234yf zu hoch sei, was bei der Entscheidung für dieses Kältemittel so nicht absehbar war. Die Chemieriesen DuPont und Honeywell als Hersteller und zugleich Patentinhaber für R1234yf nutzten ihre Monopolstellung diesbezüglich aus, heißt es immer wieder. Ob diese Spekulationen zutreffen oder nicht, Fakt ist: Im Vergleich zu R134a ist das neue Kälte mittel um ein Vielfaches teurer.

Fahrzeugbestandsentwicklung mit R1234yf Kältemittel
Die Kurve zeigt steil nach oben. Einschätzung von Arthur Friedrichs Kältemittel über die Anzahl der mit R1234yf-Klimaanlagen ausgestatteten Fahrzeuge in Deutschland.

Eine Tatsache, die auch Kfz-Betriebe und ihre Kunden zu spüren bekommen. Stattliche 600 bis 700 Euro kosten fünf Kilogramm R1234yf. Und sinkende Preise sind nicht zu erwarten. Jens Beneken, Geschäftsführer von Arthur Friedrichs Kältemittel sagt dazu: Mittelfristig wird das neue Kältemittel wahrscheinlich nicht wesentlich günstiger.“ Vielmehr sieht er folgendes Szenario: Eine Preisangleichung findet eher auf anderem Wege statt: Weil sich die Produktions- und Importmengen bei R134a durch die europäische F-Gas Regulierung verringern, wird der Preis für das alte, verknappte Mittel künftig steigen.“ Auf die Frage, was Werkstätten in Zukunft für eine 12-kg-Flasche R134a bezahlen müssen, antwortet der Spezialist für den Vertrieb von Kältemitteln: Bei der Preisentwicklung von Ende 2014 bis dato erkennt man eine erhebliche Preiserhöhung, bei der sich eine Quotenreduzierung von gerade mal sieben Prozent widerspiegelt. Wenn zum 1. Januar  2017 die Quote um weitere 30 Prozent reduziert wird, rechnen wir mit deutlich stärkeren Preiserhöhungen.“

Bei R134a sind für die Zukunft steigende Preise nicht auszuschließen.

Bedarfsentwicklung

Ob den Autofahrern und den Werkstätten die skizzierte Preisentwicklung gefällt oder nicht – daran ändern können sie nichts. Inzwischen befüllt selbst Mercedes-Benz neue Modelle mit R1234yf. Mit anderen Worten: Dieses Kältemittel hat sich etabliert und die Nachfrage danach steigt in den nächsten Jahren. Auch, weil ab 2017 kein Fahrzeug für den europäischen Markt mehr mit einem Kältemittel vom Band laufen darf, dessen GWP über 150 liegt. Das gilt dann auch für Fahrzeuge, die vor dem erwähnten 1. Januar 2013 homologiert wurden.

Das bedeutet allerdings nicht, dass R134a bald verschwindet. Denn in alle R134a-Anlagen müssen Fachwerkstätten nach wie vor R134a einfüllen. Beneken bringt es auf den Punkt: Wir werden sehr lange einen Zwei-Produkte- Markt haben. Gerade in den kommenden Jahren ist es für Werkstätten deshalb wichtig, sowohl mit R134a als auch mit yf fachgerecht umzugehen. Seine Tipps, worauf dabei zu achten ist, sind im Kasten auf Seite 42 zusammengefasst.

Wird auch CO2 kommen?

Dass neben den beiden aktuellen Kältemitteln auch CO2 in absehbarer Zeit kommen wird, dafür gibt es entsprechende Anzeichen. Mercedes-Benz hat mehrmals bekundet, die Entwicklung von CO2-Klimaanlagen voranzutreiben – weil eben die erwähnten Vorbehalte gegen R1234yf bestehen. So sollen ab Herbst 2016 erstmals bestimmte Modelle des Premiumherstellers und seiner Marken mit solchen Anlagen auf den Markt kommen. In diesem Zusammenhang haben AVL Ditest und Brain Bee erst kürzlich gemeldet, dass sie CO2-Klimaservicestationen entwickelt haben und diese von dem Stuttgarter Autobauer freigegeben wurden. Gerald Lackner, Geschäftsführer von AVL Ditest meint: Früher oder später werden andere Fahrzeughersteller den Weg von Daimler gehen und nachziehen. Weiterhin sagt er: Vor allem im Premiumsegment des Automobilmarkts wird die Umstellung der Klimasysteme relativ bald passieren. CO2 ist das mit Abstand kostengünstigste und umweltfreundlichste Kältemittel.“

CO2 Station, AVLDitest, BrainBee
In Zukunft könnten auch CO2-Stationen benötigt werden. Zumindest, wenn Kohlendioxid über einige Premiummodelle von Mercedes-Benz hinaus Verbreitung findet. AVL Ditest und Brain Bee haben mit der ADS 310 und der D 9000 jeweils eine Station im Portfolio, die beide über die Freigabe des Stuttgarter Autobauers verfügen. Bilder: AVL Ditest, Brain Bee

Bei Arthur Friedrichs Kältemittel sieht man das Thema CO2 wie folgt: Setzt sich Kohlendioxid als alternatives Kältemittel in den nächsten Jahren durch, wird aus dem derzeitigen Zwei-Produkte-Markt eben einer mit drei Kältemitteln. Sicher ist auch, dass langfristig, spätestens mit Lizenzfreigaben sich der Produktpreis des R1234yf dem Markt anpassen wird. Die CO2-Komponenten werden aber selbst durch eine Serienproduktion immer dem Hochpreissegment angehören.

Wissen

Fachgerechter Umgang mit R1234yf

Lagerung: Die Kältemittelflaschen sind unfallsicher und an einem kühlen und gut durchlüfteten Ort aufzubewahren. Die maximale Lagertemperatur darf 50 °C nicht überschreiten. Außerdem dürfen keine Zündquellen und selbstentzündliche sowie explosive Medien in der Nähe sein.

Arbeitsschutz: Wie bei R134a gehören beim Klimaservice eine Brille, Handschuhe und langarmige Kleidung zum Schutz dazu. Rauchen, Essen und Trinken ist zu unterlassen. Außerdem sind nach dem Service die Hände gründlich zu waschen.

Kältemittelaustritt: Tritt Kältemittel aus, sind Zündquellen aus dem Gefahrenbereich zu entfernen. Anwender müssen auf ausreichend Lüftung achten. Ungeschützte Personen sind aus dem Gefahrenbereich fernzuhalten. Gegebenenfalls Werkstatt räumen.

Brandfall: Sofort die Feuerwehr benachrichtigen. Die Brandbekämpfung muss aus der Ferne erfolgen. Aufgrund der giftigen und tödlich wirkenden Flusssäurebildung darf  R1234yf nicht mit der Haut in Kontakt kommen. Außerdem sollte der Kfz-Profi als Schutz vor giftigen Dämpfen unbedingt eine Atemschutzmaske tragen. Geeignete Löschmittel sind Wassersprühstrahl, alkoholbeständiger Schaum, Trockenlöschmittel und Kohlendioxid.

Erste-Hilfe-Maßnahmen: Bei Verletzungen von Personen immer den Notarzt anfordern oder schnellstmöglich Arzt aufsuchen. Der Selbstschutz steht an oberster Stelle. Personen, die R234yf eingeatmet haben, sind an die frische Luft zu bringen. Kam es zu einem Hautkontakt, empfiehlt es sich, die betroffene Stelle mit reichlich Wasser abzuwaschen und die kontaminierte Kleidung zu wechseln. Bei Kälteschäden sollte die kontaminierte Kleidung vorsichtig entfernt werden. Mit der Haut verbackene Kleidung ist allerdings zunächst am Körper zu belassen. Die kältegeschädigten Hautpartien mit warmem (nicht heißem) Wasser besprühen und steril abdecken – keinesfalls daran reiben. Wer R1234yf ins Auge bekommen hat, sollte dieses sofort vorsichtig und gründlich mit einer Augendusche oder mit Wasser spülen. Eventuell getragene Kontaktlinsen vorerst in den Augen lassen.