Wie Fahrzeughersteller Wettbewerb im Reparaturmarkt behindern
Der Gesamtverband Autoteile-Handel (GVA) hat ein Musterverfahren angestrengt, weil sich Autobauer aus Sicht des Verbands nicht an Regeln halten. Damit soll schon vor den ab 2020 geltenden Vorgaben zur Typgenehmigung ein Zugang zu relevanten Informationen für Ersatzteile erzwungen werden.
Damit Chancengleichheit zwischen markengebundenen und freien Werkstätten bei der Reparatur von Autos herrscht sind zwei Dinge essentiell. Einerseits muss der Zugang zu technischen Reparatur- und Wartungsdaten gegeben sein, und andererseits müssen unabhängige Ersatzteilanbieter und -hersteller an Informationen kommen, die eine eindeutige Identifizierung und Zuordnung von Ersatzteilen ermöglichen.
Denn natürlich führt es zu Problemen im Werkstattalltag, wenn ein benötigtes Ersatzteils für ein bestimmtes Fahrzeug nicht eindeutig identifiziert werden. Häufig geht dies eben darauf zurück, dass den Teilnehmern des freien Teilemarkts die Informationen zum „Umschlüsseln“ fehlen oder nur teilweise vorliegen.
„Wir stehen im harten Konkurrenzkampf mit den Teilevertriebsnetzen der Fahrzeughersteller und können nicht weitere zwei Jahre auf das Inkrafttreten der neuen Regeln zur Typgenehmigung warten – wir benötigen diesen Zugang eher gestern als heute oder gar erst morgen. Hartmut Röhl
Während sich bei den Reparaturdaten in den letzten Jahren aufgrund der GVO und der Euro-Normen schon einiges verbessert hat, sperren sich (einige) Fahrzeughersteller beim Thema Teileidentifikation immer noch. Auch, weil die Formulierungen im aktuellen Gesetzestext Lücken oder zumindest Interpretationsspielraum bieten.
Aus Sicht des Gesamtverbands Autoteile-Handel ist das rechtswidrig. Im Interesse seiner Mitglieder und im Sinn eines fairen Wettbewerbs hat der GVA deshalb bereits vor einigen Jahren ein Musterverfahren gegen einen Fahrzeughersteller angestrebt (Anmerk. d. Red. Es handelt sich um Kia). Mittlerweile hat der Bundesgerichtshof (BGH) dem Europäischen Gerichtshof die inhaltlich entscheidenden Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt. GVA-Präsident Hartmut Röhl erklärt dazu: „Wir stehen im harten Konkurrenzkampf mit den Teilevertriebsnetzen der Fahrzeughersteller und können nicht weitere zwei Jahre auf das Inkrafttreten der neuen Regeln zur Typgenehmigung warten.“
Zweifelsfreie Klarheit durch neue Regeln
Dazu muss man wissen: 2018 wurden nach langen und teils zähen Verhandlungen neue europäische Regeln für die Typgenehmigung erlassen. Röhl kommentiert dies wie folgt: „Im Werkstattalltag bereitet die eindeutige Identifikation eines benötigten Ersatzteils für ein konkretes Fahrzeug oft Probleme. Die notwendige Voraussetzung für wettbewerbsfähige und leistungsstarke IAM-Ersatzteilkataloge ist der Zugang der Ersatzteilanbieter zu eindeutigen Ersatzteil- und Fahrzeugidentifikationsdaten der Fahrzeughersteller in Form von maschinenlesbaren und elektronisch verarbeitbaren Datensätzen.
Die neue Verordnung trifft diesbezüglich glasklare Formulierungen, die den Fahrzeugherstellern nicht einmal den Hauch von Interpretationsansätzen in der Auslegung der Regeln bieten. Spätestens ab September 2020 erhalten die unabhängigen Marktteilnehmer Zugang zu den Daten in der von ihnen benötigten Form und für den gesamten Fuhrpark aus Pkw, Nkw und Anhängern.“
Allerdings merkt der GVA-Präsident auch an, dass der Zugang zu diesen Daten für den freien Markt eher gestern als heute oder gar erst morgen notwendig sei, um auf der Basis fairer Wettbewerbsbedingungen am Markt bestehen zu können. Deshalb hoffe er mit Blick auf das erwähnte Musterverfahren, dass die Entscheidungen des EuGHs und dem darauf aufbauenden Urteil des BGHs bereits im kommenden Jahr zustande kommt.
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