Wer ist der wirkliche Sündenbock?
Auf der einen Seite können es viele aus der Kfz-Branche bald nicht mehr hören. Auf der anderen Seite ebben die Hiobsbotschaften für VW & Co. in Sachen Diesel nicht ab. So ist wohl kaum jemandem entgangen, dass es im Auftrag von Volkswagen Versuche mit Affen gab, um zu beweisen, dass moderne Selbstzünder aus Wolfsburg – mit aktivierter Betrugssoftware – sauberer sind als ein Dieselmotor aus den 1990er Jahren in einem Ford Pickup.
Das Dumme dabei: Verschiedenen Medienberichten zufolge kam bei dem Versuch heraus, dass die Abgase des „Clean Diesel made in Germany“ durchaus Spuren in den Atemwegen und Lungen der Tiere hinterließen. Wie das Nachrichtenmagazin Der Spiegel schreibt, seien diese sogar schlimmer als bei den Affen, welche die Abgase des Ford inhalieren mussten.
Jetzt kann man an dieser Stelle auf die Autobauer einhauen und angesichts der Affenversuche den moralisch Entrüsteten spielen. Müssen, tut man das aber nicht. Denn ehrlicher wäre, sich über alle unnützen Tierversuche aufzuregen. Richtig ist aber auch nicht, den VW-Betrug und die Dieselproblematik zu relativieren und zu verharmlosen nach dem Motto: „Jetzt ist aber mal gut, lasst uns zur Tagesordnung übergehen.“
„Hört doch endlich auf“
Das ist eine durchaus verbreitete Meinung. So empört man sich gerne über die DUH und die Medien. „Diese Umweltaktivisten und Journalisten sollten doch endlich aufhören, den Diesel zu verteufeln“, ist immer wieder zu hören. Zudem wird im Zusammenhang mit dem Pkw-Diesel gerne auf noch viel größere Dreckschleudern verwiesen. Das stimmt natürlich. Ja, die Aktionen der DUH sind bisweilen durchaus fragwürdig. Und ja, einige Medien und Journalisten schießen manchmal in ihrer Berichterstattung übers Ziel hinaus. Und es stimmt natürlich auch, dass es größere Dreckschleudern gibt – etwa Kreuzfahrtschiffe.
So nahm sich der Comedian Dieter Nuhr in seinen „Jahresrückblick Nuhr2017“ im ZDF die Ozeandampfer gleichermaßen vor wie die DUH und kam zu dem Schluss: „Wenn man bedenkt, dass die 15 Schiffe mit dem höchsten Schadstoffausstoß – 15, nicht 15.000 oder 15 Millionen! – so viele Schadstoffe ausstoßen wie 750 Millionen Autos, also so viel wie alle deutschen Autos in fünfzehneinhalb Jahren, dann würde ich sagen, es hat keinen Sinn, wenn Sie jetzt Ihren Diesel abschaffen und danach auf Kreuzfahrt gehen.“
Ein Satz, der wie Balsam auf die Seele vieler Car Guys und der Automobilbranche im Gesamten ist und viele herzlich lachen lässt. Allein: Macht diese Pointe den Betrug von VW besser? Oder verhindert der Verweis auf schmutzige Ozeanriesen die drohenden Fahrverbote? Eher nicht. Weg weisend dürfte hier vielmehr der 22. Februar sein. An diesem Tag wird das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig über die Zulässigkeit von Dieselfahrverboten in deutschen Städten entscheiden.
Das es mit dem Selbstzünder, oder besser mit der Diskussion um dessen Zukunft soweit kommen musste, ist einzig und allein diversen Autobauern zuzuschreiben. Diese haben ihre Diesel nachweislich manipuliert und als sauberer verkauft, wie sie es tatsächlich sind. Erst dadurch wurde förmlich eine Diskussionslawine um diese Technologie losgetreten. Und im Übrigen sind es auch diese Autobauer, die sich gegen Hardware-Nachrüstlösungen wehren, die Emissionen der Euro-5-Diesel reduzieren und das Einfahren in Innenstädte auch in Zukunft sichern könnten – Fahrverbote hin oder her.
Von daher stellen sich zwei Fragen: Ist in Sachen Diesel wirklich die DUH oder wer auch immer der Sündenbock – wie es Viele (auch in der Kfz-Branche) gern suggerieren? Oder sind die Umweltschützer nur der Überbringer einer schlechten Nachricht, der – bekanntlich wie immer in solchen Fällen – zum Sündenbock gemacht wird?
„Komischerwesie richtet sich in Sachen Diesel der Frust häufig mehr gegen die Überbringer der schlechten Nachricht, als auf die Verursacher.“
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