Kommentar

Was muss der Mechatroniker der Zukunft (noch) können?

Porträt Benjamin Schleich
Benjamin Schleich: Redakteur der KRAFTHAND

KRAFTHAND-Redakteur Benjamin Schleich über Technologien wie Augmented ­Reality in der Werkstatt, digitale Demenz, gruselige AR-bebrillte Cyborg-Mechatroniker und warum der Kfz-Mechatroniker-Beruf früher spannender war.

Vernetzt und digitalisiert ­sollen die Werkstätten der Zukunft sein. Auch der Begriff Augmented ­Reality (AR) schwirrt immer wieder durch die Branche, wenn es um die viel beschworene Werkstatt 4.0 geht. Mit diesen Technologien sollen sich technische Probleme schneller und effektiver lösen lassen, wie man zum Beispiel bei Lexus glaubt. Die Japaner sind jetzt mit einer AR-Brille am Start (­mehr dazu hier), die den Mechaniker Schritt für Schritt durch jedes Problem führt und beispielsweise erklärt, welche Schraube er zu lösen hat oder wo er was messen muss.

Eigentlich eine tolle Sache. Oder? Denn damit stellt sich mir automatisch die Frage: Was muss der Mechatroniker der Zukunft (noch) können? Nicht mehr viel, wenn er doch alles haarklein vorgekaut bekommt und quasi über seine AR-Brille ferngesteuert wird. Lediglich einen Schraubenzieher sollte er noch halten können. Schade eigentlich, war unser Beruf doch früher genau deshalb so interessant, weil es Mechaniker gab, die sich Fachwissen erarbeitet haben und so zu Koryphäen wurden – eben nicht zum stupiden Teiletauscher nach Anleitung.

Doch von dieser – vielleicht nostalgischen – Betrachtung ganz abgesehen: Ich finde dieser Fortschritt hat sein Gutes, da viele der komplexen Themen wohl anders nicht mehr beherrschbar sind. Doch er hat eben ­leider auch einen Preis: Die digitale Demenz schreitet damit immer weiter voran. Denn gibt es in der Werkstatt der Zukunft nur noch AR-bebrillte Cyborg-Mechatroniker, die exakt nach Anleitung vor sich hin schrauben, weil sie die Lösung für jedes kleine ­Problem ohne ­Benutzung des eigenen Gehirns geliefert bekommen, wissen sie eigentlich gar nicht mehr, was sie tun. Und kommt dann ein Problem, wo auch der Cyberspace keine Lösung hat, fehlt ­
es an Übung, um mit logischem Denken ans Ziel zu kommen. Eine gruselige ­
und hoffentlich unwahrscheinliche ­Vorstellung.

Schreiben Sie den ersten Kommentar

Kommentieren Sie als Gast oder melden Sie sich mit Ihrem Krafthand Medien Benutzerkonto an.
Erforderliche Felder sind mit * markiert