Hinterachslenkung, ZF
Hinterachslenkung

Vierradlenkung

Fahrwerk mit aktiver kinematischer, per Elektromotor gelenkter Hinterachse (AKC) und elektrischer Vorderachslenkung. Mit dem Golf VII hat ZF TRW einen Prototypen konzipiert, bei dem diese beiden Komponenten miteinander vernetzt sind. Bilder: ZF

Dass nicht nur die Vorderräder einschlagen, etwa um den Lenkradius zu verbessern, ist im Nutzfahrzeugsektor durchaus üblich. ZF TRW zeigt jetzt an einem Prototypen, welche weiteren Vorteile für Pkw die Vernetzung der normalen Vorderradlenkung mit einer lenkbaren Hinterachse bringt.

Wie aus der Kombination zweier ehemals unabhängiger Kompetenzfelder Lösungen mit hohem Kundennutzen entstehen, zeigt sich aktuell an einem Prototypen. Hier greifen Synergien aus der Kompetenz von ZF in Sachen Achskonstruktion und von TRW in Sachen Lenkung. In dem Testträger hat ZF TRW die elektrische Servolenkung Dual Pinion EPS (Electrically Powered Steering) mit der aktiven Hinterachskinematik AKC (Active Kinematics Control) vereint. Dem Unternehmen zufolge resultiert aus der Kopplung dieser Komponenten ein spürbarer Sicherheitsgewinn. Selbst bei glatter Fahrbahn soll das Fahrzeug bei Spurwechselmanövern und Überholvorgängen einwandfrei in der Spur bleiben.

Zusammenspiel der Vorder- und Hinterachslenkung

Die in dem Testfahrzeug zum Einsatz kommende aktive Hinterachskinematik AKC ist über eine gemeinsame Steuerungselektronik mit der elektrischen Servolenkung Dual Pinion EPS vernetzt. Um die Wirkungsweise der AKC im Zusammenspiel mit der Vorderachslenkung in unterschiedlichen Fahrsituationen zu verdeutlichen, lässt sich die Hinterachskinematik im Prototypen aktiv zuschalten. Bei niedrigen Geschwindigkeiten bewegt die AKC dann die Hinterräder in Gegenrichtung zum Lenkeinschlag der Vorderräder: Der Wendekreis des Fahrzeugs verkleinert sich zugunsten des Fahrkomforts. Geht es zügiger voran, lenken die Hinter- und Vorderräder in dieselbe Richtung, was die Stabilität des Fahrzeugs verbessert. Durch einen Lenkeinschlag aller Räder in dieselbe Richtung reduziert sich die Drehung des Fahrzeugs um die Hochachse, sodass ein sicheres Fahren möglich ist.

Um die Hinterachskinematik in das Versuchsfahrzeug zu integrieren, wurde die ursprüngliche Hinterachse durch ein neu entwickeltes modulares Konzept ersetzt: Die Basisachse ist eine modulare Weiterentwicklung einer Schräglenkerhinterachse. Dabei wurde der hintere der beiden radseitigen Kinematikpunkte des unteren Querlenkers durch einen Integrallenker ersetzt und ein Spurlenker ergänzt. Dieser definiert den Spurverlauf über dem Radhub und erlaubt eine präzise Einstellung der Vorspur. Alternativ zu einem bei Schräglenkerachsen üblichen Federbein ermöglicht der weit außen liegende Integrallenker die Verwendung von getrennten Federn und Dämpfern. Die Hinterachse kann nicht nur mit AKC, sondern auch mit einem elektrischen oder konventionellen Antriebsmodul kombiniert werden.

Kinemtatik-Kontrollmodul, ZF
Detailansicht des Kinemtatik-Kontrollmoduls der aktiven Hinterachskinematik AKC von ZF.

Steer by wire

Die Kopplung der beiden Lenkungen lässt sich auch für zukünftige teil- oder vollautomatisierte Fahrzeuge nutzen. Dies demonstriert der ZF-Prototyp anhand eines zusätzlichen Bedien elements in der Mittelkonsole des Fahrzeugcockpits. Damit lassen sich die Lenksysteme an Vorder- und Hinterachse rein elektronisch steuern. Mit dieser Steer-by-wire-Funktion kann erhöhte Sicherheit vor allem auch auf glattem Untergrund erreicht werden, denn sie verhindert etwa ein Ausbrechen des Fahrzeugs bei Spurwechseln und Überholvorgängen.

Mit dem Prototypen machen wir nur einen Teil des Poten zials der ZF-Kompetenz für Pkw deutlich“, sagt Sommer. Steigern lässt sich das Plus an Sicherheit und Komfort, wenn ZF künftig Lenkung, Bremse, aktive Fahrwerksysteme sowie Kamera- und Radarsysteme zu automatisierten Assistenzsystemen zusammenfasst.“