Vor ein paar Tagen kam ein Stammkunde mit seinem sieben Jahre alten Rüsselsheimer Kompaktwagen zu uns in die Werkstatt. Er hatte folgendes Problem: Nach längerer Fahrzeit ging die Motorkontrollleuchte an und der Motor starb hin und wieder ab.
Einer meiner Kollegen überprüfte zuerst den Fehlerspeicher, der einen Defekt des Nockenwellensensors signalisierte. Er löschte den Eintrag und fragte den Fehlerspeicher bei laufendem Motor nochmals ab. Erneut erschien der gleiche Eintrag, was meinen Kollegen sehr sicher machte, den Fehler gefunden zu haben.
Also tauschte er den Nockenwellensensor aus und startete den Motor, doch zu seinem Entsetzen leuchtete die Fehlerlampe erneut auf. Zudem war im Fehlerspeicher ein anderer Fehler abgelegt, denn diesmal meldete das System ein Problem mit dem Drosselklappenpotentiometer.
Wenig Spannung bei der Suche
Mein Kollege wusste sich nun nicht mehr zu helfen und bat mich um Unterstützung. Ich überprüfte zuerst die Parameter, die unser Tester zum Glück bei diesem Fahrzeug nicht in Winkelgraden, sondern in Volt anzeigt.
Ergebnis: Null Volt – die Spannung änderte sich jedoch auch bei Vollgas nicht. Das kam mir sehr ungewöhnlich vor, weshalb ich den Wert mit dem Multimeter manuell nachprüfte. Tatsächlich lag keinerlei Spannung an. Anhand des Schaltplans, den wir uns anschließend beschafften, versuchten wir Klarheit zu gewinnen.
Wir entdeckten darin eine Abzweigung vom Nockenwellensensor zur Drosselklappe. Also maß ich zuerst am Nockenwellensensor und stellte mit Verwunderung fest, dass an der Steuergerätezuleitung und der Signalleitung fünf Volt anlagen.
Im Kreis gedreht
Nach wiederholtem Studieren des Schaltplans und einer weiteren Messung am Steuergerät selbst war uns klar, dass dieses defekt sein musste! Ab einer bestimmten Temperatur gab es nämlich im Steuergerät einen Kurzschluss, der auf die Signalleitung des Nockenwellensensors ebenfalls fünf Volt Spannung anlegte.
Wenn man sich den Schaltplan nun genau ansah, ließ sich ein perfekt geschlossener Stromkreis erkennen, der verhinderte, dass das Drosselklappen-Potentiometer Strom bekam. Ein Austausch des Steuergerätes behob den Fehler endgültig, der Fehlerspeicher blieb leer.
Der Nockenwellensensor war wohl im Vorfeld schon defekt, aber erst als mein Kollege einen neuen montiert hatte, wurde der Fall richtig interessant. Diese Erfahrung zeigte uns zum wiederholten Male, dass ohne Tester mit ausführlicher Parameterdarstellung sowie ohne detaillierte Schaltpläne und Sollwerte auch der beste Techniker keine Diagnose stellen kann.
Zu Ende denken… Band 4 – Knifflige Fälle aus dem Werkstattalltag
2. Auflage 2013, von Georg Blenk, 144 Seiten, zahlreiche Abbildungen, 12,80 Euro