Schadengutachten und Unfallrekonstruktion in Zeiten sich wandelnder Mobilität alleine reichen nicht mehr, um als Sachverständigenorganisation am Markt bestehen zu können. Aus diesem Grund plant die GTÜ, mit und für ihre Partner weitere Dienstleistungen anzubieten. KRAFTHAND hat nach den konkreten Schritten gefragt.
Herr Köstler, inwiefern richtet sich die GTÜ strategisch neu aus?
Aufgrund der politischen und gesellschaftlichen Entwicklung wird die Anzahl an Hauptuntersuchungen, unabhängig von ihrer hohen Bedeutung für die Verkehrssicherheit und den Umweltschutz, langfristig nicht weiter wachsen. Deshalb wird das Ringen um Marktanteile nochmals intensiver werden. Es ist durchaus auch möglich, dass die Prüforganisationen langfristig Einbußen hinnehmen müssen. Deswegen ist es uns äußerst wichtig, unsere Organisation stabil für die Zukunft aufzustellen und neue Dienstleistungen mit innovativen Tools zu etablieren, mit denen unsere Partner ihren Kunden einen vollumfänglichen Service bieten können.
Unser Technischer Dienst führt unter anderem im Rahmen der Fahrzeughomologation die Begutachtung für die EG-Typgenehmigung durch und erstellt Gutachten für Einzelbetriebserlaubnisse nach § 21 StVZO. Für diese und weitere Dienstleistungen werden unsere Partner im Laufe des Jahres 2020 mit neuen digitalen Tools ausgestattet. Dadurch stellen wir uns noch breiter auf und gehen so unseren eingeschlagenen Weg zur Erschließung weiterer Geschäftsfelder konsequent weiter. So arbeiten wir auch an einem Tool für die Bewertung und Rücknahme von Leasingfahrzeugen, um ein weiteres Beispiel zu nennen.
Und das sollen Ihre Partner in Zukunft flächendeckend können?
Unsere Dienstleistungen stehen grundsätzlich allen GTÜ-Partnern zur Verfügung. Der jeweilige Partner entscheidet, was er in sein Portfolio aufnimmt und auch, wann er das tut. Da alle unsere Dienstleistungen über ein hohes Marktpotenzial verfügen, sind diese selbstverständlich auch sehr attraktiv für unsere Partner. Wir haben uns aber noch ein weiteres Ziel gesetzt: Die Marktöffnung beim Monopol der Fahrerlaubnisprüfungen. Es ist nicht einsichtig, dass unsere qualifizierten Ingenieure mit entsprechender Ausbildung Fahrerlaubnisprüfungen nicht durchführen dürfen. Ganz besonders dann nicht, wenn Kollegen vom Wettbewerb zu uns wechseln und durch den Wechsel ihre weiter vorhandene Befugnis für diese Prüfungen verlieren.
Dieser eingeschlagene Weg geht vermutlich mit einer Art Verdrängungswettbewerb einher. Was ist Ihr Anspruch?
Ein Verdrängungswettbewerb ist nicht unser Ziel. Wir sind davon überzeugt, dass der Markt hinreichend Potential für einen weiteren Rundumdienstleister bietet. Nachdem wir bei den amtlichen Hauptuntersuchungen einen Marktanteil von 16,2 Prozent erreicht haben, ist es unser Anspruch, dass wir auch mit neuen Dienstleistungen für eine sehr hohe Produkt- und Servicequalität stehen. Denn vor allem daran messen uns die Kunden. Sie wünschen sich einen Ansprechpartner rund um das Automobil, denn das ist aus ihrer Sicht eine klare Vereinfachung und unser Ziel als Full-Service-Dienstleister.
Die Fragen stellte Kerstin Thiele.