CAN-Bus – Fehlerbilder und Diagnosetipps
Für das Erkennen von Elektronikfehlern an modernen Fahrzeugen muss der Kfz-Profi die Basics der Datenbussysteme beherrschen. Dazu gehört etwa das Wissen um die verschiedenen Spannungspegel der CAN-Low- und CAN-High-Signale an den unterschiedlichen Bustypen. Mit welchen Fehlersuchstrategien sich CAN-Busfehler einkreisen lassen, hat die Redaktion unter anderem bei Hella Gutmann recherchiert.
Reklamieren Kunden Fehler, die auf Kommunikationsprobleme des jeweiligen Datenbusses zurückgehen, können die Ursachen vielfältig sein. Das Spektrum reicht vom Masse- über einen Kurzschluss bis hin zu fehlerhaften Knotenpunkten.
Auch wenn Letzteres nicht auszuschließen ist: Ein Kurzschluss zwischen den miteinander verdrillten Datenleitungen, ein Masseschluss aufgrund defekter Kabelisolierungen oder ein Kabelbruch sind wohl die häufiger auftretenden Fehler.
Jedoch sind auch defekte Busteilnehmer, sprich Steuergeräte, als Ursache in Betracht zu ziehen. Aber wie lässt sich die tatsächliche Fehlerquelle zielgerichtet einkreisen?
Hausgemachte Probleme
Hier kann zunächst ein Blick in den Fehlerspeicher weiterhelfen. Häufig verweisen entsprechende Einträge auch auf Busfehler – zum Eingrenzen der Fehlerquelle tragen diese allerdings häufig leider nicht bei. Zum Teil ist auch Vorsicht geboten!
Denn Nachrüstradios oder andere Nachrüstkomponenten können Fehlereinträge nach sich ziehen, die für diese Fehlersuche irrelevant sind und die Funktion der am Bus angeschlossenen Systeme nicht beeinträchtigen. Vor übereilten Fehlersuchaktionen in diese Richtung ist deshalb abzuraten.
Notfalls kann ein Einbau des Originalradios Gewissheit bringen, ob das Nachrüstgerät oder andere Probleme den Fehlerspeichereintrag hervorrufen.
Wurden Audiogeräte allerdings unfachmännisch nachgerüstet, indem der jeweilige ‚Hobbymonteur’ zum Beispiel keinen geeigneten Adapter verwendet und durch sein Unwissen Buskabel getrennt oder ‚angezapft’ hat, kann das durchaus Busfehler verursachen.
Mit unangenehmen Folgen, wie die Praxis zeigt: Ist dieser Anschluss nämlich gleichzeitig ein Knotenpunkt, von dem aus ein weiteres Steuergerät (oder auch mehrere) in das Bussystem eingebunden ist, wird dieses mit dem Durchtrennen des Kabels vom Bus abgeschnitten.
So ist ein Praxisfall von einem Ford Focus bekannt, bei dem das Trennen der Busleitungen vom Originalradiostecker für den Einbau eines Aftermarketgeräts zum Aufleuchten der Airbag-Kontrolllampe führte.
Dazu muss man wissen: Sicherheitsrelevante Systeme sind in den Antriebsbus (High-Speed-CAN-Bus) integriert. Das Radio kann auch daran angeschlossen sein: etwa, um Daten mit dem Motorsteuergerät, beispielsweise für die automatische Lautstärkeregelung, auszutauschen. Im Gegensatz zum Komfortbus (Low-Speed-Bus), der auch im Eindrahtbetrieb weiterhin einen Datenaustausch sicherstellt, lässt der Antriebsbus dies nicht zu.
Sobald hier ein Problem an einer der Datenleitungen vorliegt, kommt es zum Ausfall der oder des jeweiligen Systems und/oder zu einem Aufleuchten der entsprechenden Fehlerlampe.
Den am Komfortbus angeschlossenen Systemen hingegen reicht es, wenn nur noch auf einer der beiden CAN-Signalleitungen Informationen am jeweiligen Steuergerät ankommen. Ist das der Fall, erfolgt zwar ein Fehlerspeichereintrag, dem Fahrer wird dieses Problem jedoch häufig aufgrund einer nicht aktivierten Fehlerlampe nicht bewusst – auch weil die Systemfunktionen nicht beziehungsweise nicht wahrnehmbar eingeschränkt sind.
Im Prinzip ist es also nicht zwingend erforderlich, der Ursache für den Eindrahtbetrieb auf den Grund zu gehen – etwa, weil der Diagnoseaufwand nicht im Verhältnis zum Fahrzeugwert steht. Möchte der Kfz-Profi jedoch trotzdem das Kommunikationsproblem beheben, steht er vor dem Problem: Von wo geht das Übel wirklich aus?
Voraussetzungen – Fehlersuche am CAN-Bus
Um den Fehler effektiv einzukreisen, muss sich der Fachmann Folgendes vor Augen halten: Zum Eindrahtbetrieb kommt es typischerweise, wenn eine Kabelunterbrechung oder ein Masseschluss aufgrund defekter Kabelisolierungen vorliegt. Für den Masseschluss kann aber auch eines der am Bus angeschlossenen Steuergeräte (innerer Defekt) verantwortlich sein. Natürlich trifft das auch auf einen Kurzschluss im System zu.
Ob der Kurz- oder Masseschluss vom Kabelstrang oder einem Steuergerät verursacht wird, lässt sich theoretisch einfach prüfen: Der Diagnosefachmann muss lediglich die Steuergeräte nacheinander abstecken. Verschwindet mit dem Trennen der Masse- oder Kurzschluss auf den Signalleitungen, ist das jeweilige Steuergerät dafür verantwortlich. Bleiben die Fehler stets präsent, liegt es am Kabelstrang.
Doch bei aller Effizienz dieser Fehlersuche: Praktikabel ist sie an modernen Fahrzeugen nicht – ‚hängen’ doch viel zu viele Teilnehmer an einem solchen Bussystem. Zudem sind die Steuergeräte oft nur mit viel Demontageaufwand (Verkleidungen etc.) zugänglich.
Diese Tatsache zwingt den Kfz-Profi dazu, Busfehler manuell per Oszilloskop einzugrenzen. Voraussetzung dafür ist zunächst das Deuten der Signalbilder und das Wissen um die Spannungspegel. Diese differieren nämlich vom High-Speed- zum Low-Speed-Bus. Außerdem sollte der Kfz-Profi wissen, dass sich Leitungsfehler in den verschiedenen Bussystemen am Oszilloskop unterschiedlich darstellen.
Liegt etwa ein Kurzschluss zwischen den Datenleitungen des eindrahtfähigen Low-Speed-Busses vor, verhält sich das Signal der CAN-L- zu dem der CAN-H-Leitung logischerweise nicht mehr wie im Gutbild. Anstatt spiegelverkehrt, verlaufen die Botschaften auf beiden Leitungen parallel zueinander.
Beim High-Speed-Bus hingegen verhält es sich anders. Kommt es hier zu einen Kurzschluss zwischen den Datenleitungen, stellt sich der Signalverlauf jeweils als eine nahezu gleichförmig verlaufende Linie mit nur winzigen Ausschlägen dar. Der Spannungspegel beträgt etwa 2,5 V – wobei hier je nach Hersteller Abweichungen vorhanden sein können.
Aber warum differieren die CAN-Bus-Fehlerbilder so?
Die Ursache dafür begründet sich in der unterschiedlichen Konzeption der Bustypen. Denn damit der High-Speed-Bus Informationen deutlich schneller übertragen kann, sind dessen Datenleitungen über zwei Abschlusswiderstände miteinander verbunden. Das schließt Reflexionen und Signalüberlagerungen aus und führt letztendlich zu den unterschiedlichen Fehlerbildern, wenn ein Kurzschluss anliegt.
CAN-Bus-Fehler systematisch einkreisen
Um die erwähnte ‚Absteckmethode’ zu umgehen, empfehlen sich je nach Fehlersymptom verschiedene Suchstrategien. Nur so lässt sich bei einem Datenbus mit zahlreichen Teilnehmern eine defekte Datenleitung systematisch und mit vertretbarem Aufwand einkreisen.
Dazu ein Fallbeispiel: Stellt der Mechatroniker beim Auslesen des Fehlerspeichers fest, dass sich der Komfortbus im Eindrahtbetrieb befindet und eine Kabelunterbrechung vorliegt, sagt ihm das noch lange nicht, in welchem Bereich er den Fehler suchen muss. Um dieses Dilemma aufzulösen, kann er sich mit einem Trick behelfen.
Zunächst muss er jedoch mit dem Oszilloskop herausfinden, welche Datenleitung unterbrochen ist. Das ist verhältnismäßig simpel. Fehlt beispielsweise auf der CAN-High-Leitung das typische Bussignal oder genauer ausgedrückt, fehlen hier im Vergleich zur CAN-Low-Leitung einige ‚Signalausschläge’ (Nachrichten der einzelnen Steuergeräte), ist der Fehler an diesem Datenkabel zu suchen.
Und jetzt kommt der erwähnte Trick: Damit der Diagnoseprofi den Abschnitt für den Leitungsdefekt einkreisen kann, muss er einen Masseschluss zwischen Karosserie und der einwandfreien CAN-L-Leitung herstellen.
Die Folge: Dieser Fehler erzwingt einen Fehlereintrag – welcher ‚keine Kommunikation mit Steuergerät XY’ oder ähnlich lautet.
Dazu kommt es bei dem eindrahtfähigen Low-Speed-Bus nämlich, wenn beide Datenbusleitungen des jeweiligen Steuergeräts keine Kommunikation mehr zulassen – in unserem Fallbeispiel die CAN-Low-Leitung wegen des simulierten Masseschlusses und die CAN-High-Leitung wegen der ‚echten’ Unterbrechung. Hält man sich jetzt die Topologie des Bussystems vor Augen, ist klar, dass die Leitungsunterbrechung zwischen Steuergerät und Knotenpunkt liegen muss.
Wie bereits erwähnt, ist in der Praxis häufig auch das Steuergerät selbst ausschlaggebend für den Eindrahtbetrieb oder gar den kompletten Ausfall der Buskommunikation. Auch das lässt sich mit dem Oszi herausfinden. Dazu muss der Fachmann den Steuergerätestecker abstecken und an den Pins der CAN-Leitungen gegen Fahrzeugmasse messen. Kommt auf jeder der beiden Leitungen ein typisches Bussignal an, muss logischerweise die Steuereinheit selbst die Kommunikationsprobleme hervorrufen. Etwa, weil sie im Inneren einen Masse- oder Kurzschluss aufweist.
Die beschriebene Messung kann beispielsweise bei Problemen mit der Zentralverriegelung oder den Fensterhebern weiterhelfen. Sind doch hier nach wie vor Kabelschäden, Kontaktprobleme oder defekte Elektronikkomponenten an der Tagesordnung – und nicht selten legt ein Elektrikproblem in einer Tür die komplette Zentralverriegelung und andere an diesem System angeschlossene Systeme lahm. Nämlich dann, wenn kein Eindrahtbetrieb mehr möglich ist.
Bleibt noch zu erwähnen: Die Vorgehensweise bei einem Plus-, Masse- oder Kurzschluss gestaltet sich ähnlich wie bei einer Kabelunterbrechung. Wer sich damit näher beschäftigen und tiefergehend in die CAN-Bus-Diagnose eintauchen möchte, dem empfiehlt sich der Besuch einer fachmännischen Schulung.
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