Ein Kunde brachte seinen Škoda Octavia Combi 4×4 (Baujahr 2005) zum vereinbarten Termin in unsere Werkstatt. Der Auftrag lautete, eine komplette Fahrwerksvermessung auszuführen. Nach den schriftlichen Formalitäten überprüfte unser Mechatroniker als erstes den Reifendruck und führte dann eine Vermessung der Hinter- und Vorderachse nach den Vorgaben des Fahrzeugherstellers durch. Im Anschluss wollte er noch mit dem Diagnosegerät den Lenkwinkelsensor an die veränderte Achsgeometrie anpassen.
Aber bereits nach dem Anschließen des Diagnosetools und Starten des Motors leuchteten im Display des Fahrzeugs einige Fehlerlampen auf. Zudem reagierte der Lenkwinkelsensor nicht mehr und auch die Lenkunterstützung fiel aus. Nach Rücksprache mit dem Kunden demontierte der Mechatroniker den Lenkwinkelsensor und ersetzte diesen gegen ein Neuteil. Zu unserer Verwunderung ließ sich aber auch der neue Sensor nicht mit unserem Diagnosegerät an das Fahrzeugsystem anpassen.
Unser Mechatroniker überprüfte deshalb nochmals den Einbau und die Funktion des Lenkwinkelsensors und wiederholte mehrmals mittels Diagnosetool das Anpassen der Bauteile – jedoch ohne Erfolg. Aufgrund fehlender Herstellerinformationen entschlossen wir uns, den Kunden mit seinem Fahrzeug zu einer Škoda-Vertragswerkstatt zu schicken. Als diese nach eingehender Überprüfung des Fahrzeugs das beschriebene Fehlerbild ebenfalls nicht erklären konnte, wurde dem Kunden zum Austausch der Lenkung geraten. Mit Tausch auf Verdacht war der Fahrzeughalter jedoch nicht einverstanden.
Fehlerquelle eingrenzen
Einige Zeit später brachte der Kunde seinen Škoda erneut in unsere Werkstatt und beauftragte uns abermals, die Fehlerquelle zu suchen und dauerhaft zu beseitigen. Unser Mechatroniker kontrollierte jetzt alle Kabelstränge und Anschlusslitzen auf mögliche Beschädigungen und wollte somit per Ausschlussverfahren die Fehlerursache eingrenzen. Ebenso prüfte er alle Komponenten, die für die Funktion mit dem Lenkwinkelsensor und der Lenkung im Fahrzeug verbaut sind wie beispielsweise ABS oder ESP. Die Lenkung schloss er aber als mögliche Fehlerquelle aus.
Durch Zufall entdeckte der Mechatroniker bei seiner Fehlersuche an den ABS-
Komponenten am hinteren linken Radlager-Sensorring einen sichtbaren Haarriss sowie einen bereits stark aufgequollenen Magnetring am Radlager. Lag hier das Problem? Er demontierte das Radlager und tauschte dieses gegen ein Neuteil aus. Anschließend prüfte er mit dem Diagnosegerät den Lenkwinkelsensor und konnte ihn jetzt einwandfrei an das Fahrzeugsystem anpassen. Ebenso erloschen die Fehlerlampen im Display.
Informationen einer anderen Vertragswerkstatt zum Fehlerbild ergaben, dass für die Anpassung des Lenkwinkelsensors unter anderem ein Geschwindigkeitssignal vorhanden sein muss. Das fehlerhafte Radlager mit aufgequollenem Magnetring ließ aber keinen Kommunikationsaufbau mit dem Diagnosegerät zu. Ein entsprechender Fehlereintrag hätte uns sicherlich schneller zur Ursache des Problems geführt. Nach einer abschließenden Probefahrt übergaben wir das Fahrzeug wieder dem Kunden.
Zu Ende denken… Band 6 – Knifflige Fälle aus dem Werkstattalltag
1. Auflage 2015, von Georg Blenk, Rudolf Guranti und Ralf Lanzinger, 120 Seiten, zahlreiche Abbildungen, 15,80 Euro