Sittenwidrige Schädigung durch den Hersteller – oder doch keine?
In letzter Zeit mussten sich gleich mehrere Oberlandesgerichte (OLG) mit verschiedenen Fällen beschäftigen, bei denen die jeweiligen Autobauer das Abgasverhalten ihrer Fahrzeuge modifiziert hatten.
Während das OLG Frankfurt beispielsweise in einem Fall, bei dem der Motor EA189 von Volkswagen eine tragende Rolle spielt (Az.: 17 U 45/19), den Tatbestand der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung als gegeben ansieht, hält das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht (Az.: 12 U 123/18) bei einem Mercedes-Benz (Typ: OM651) den Einsatz von sogenannten Thermofenstern für nicht sittenwidrig, da nicht das System vollständig durch einen anderen Abgasrückführmodus ersetzt wird, sondern nur temperaturbezogen reagiert.
Für das LG Frankenthal scheint die Frage nach den Thermofenstern hingegen noch nicht geklärt: Ob eine Software temperaturabhängig die Abgasrückführung steuern beziehungsweise abschalten darf, kann nur der Europäische Gerichtshof anhand der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 entscheiden. In dieser ist festgelegt, dass eine Abschalteinrichtung nur dann zulässig sei, „um den Motor vor Beschädigung oder Unfall zu schützen und um den sicheren Betrieb des Fahrzeugs zu gewährleisten“. Mit der Frage, ob aus genannten Gründen ein Thermofenster wirklich „notwendig“ ist, beschäftigt sich jetzt das Luxemburger Richterkollegium.
Blickt man auf den sogenannten Musterklageprozess gegen den Volkswagen-Konzern, in dem der Bundesverband der Verbraucherzentralen circa 470.000 Käufer von VW-Dieselfahrzeugen vertritt, könnten die Erfolgsaussichten geringer sein als von vielen erhofft. Denn der damit befasste Vorsitzende Richter hat Bedenken zu den Ansprüchen der betroffenen Besitzer geäußert. Für das Richterkollegium sei ein Schaden „nicht so offenkundig […] Immerhin wurden die Fahrzeuge in der großen Zahl der Fälle weiter genutzt“.
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