Rennwagen mit Straßenzulassung
Aus der kühnen Idee des Prototypen BMW-Turbo von 1972 wurde sechs Jahre später rasante Wirklichkeit. Dabei war der Weg des Wagens nicht einfach. Eigens für seine Konstruktion und Produktion wurde die BMW Motorsport GmbH gegründet.
Geschäftsführer Jochen Neerpasch, technischer Leiter Martin Braungart und Motorenchef Paul Rosche hatten die durchschlagende Idee. Nämlich einen Rennwagen zu bauen und daraus eine Straßenversion abzuleiten. Der Plan ging auf, denn während ein Straßenauto wie der BMW 3.0 CSL damals knapp 40.000 DM kostete, beliefen sich die Kosten für einen Rennwagen auf gute 500.000 DM. Beim M1 kam die Rennversion auf 150.000 Mark und der zahmere Straßenflitzer auf knappe 50.000 Mark weniger.
Die Kunden freuten sich. Sie bekamen im Prinzip einen Rennwagen mit Straßenzulassung. Dennoch war der M1 mit einem Kaufpreis von 100.000 DM der teuerste Wagen, den man in diesen Tagen aus deutscher Produktion kaufen konnte.
Produziert wurde bei Lamborghini
Doch die Produktionsmöglichkeiten bei BMW waren dafür nicht geeignet. So fanden die Münchner bei Lamborghini im norditalienischen Sant’Agata Bolognese (scheinbar) ideale Voraussetzungen. Denn dort war die komplett auf den Bau von Sportwagen spezialisierte Produktion nicht ausgelastet. Zunächst wurden sieben Prototypen hergestellt und vorgeführt. Der Reihensechszylinder lieferte in der zivilen Version 277 PS und fand sich als Mittelmotor vor der Hinterachse wieder. Das auf die interne Bezeichnung M88 getaufte Aggregat setzt auf 3,5 Liter Hubraum, verfügt über vier Ventile pro Zylinder und wird über die komplexe, mechanische Kugelfischer-Einspritzanlage mit Einzeldrosselklappen gefüttert. Vollelektronische Zündung und Trockensumpfschmierung verraten die Gene des Rennwagens. Das Drehmoment von 330 Newtonmeter bei 5.000 Umdrehungen katapultiert den Keil in 5,6 Sekunden auf 100 und treibt ihn zu einer Höchstgeschwindigkeit von 262 km/h. Damit holte der BMW M1 bis 1983 den Titel des schnellsten deutschen Seriensportwagens.
Rosches Motorenmannschaft hauchte dem 3,5-l-Motor dann aber mit 470 PS nochmals mehr Leistung für seine eigentliche Bestimmung ein – den Rennsport. Im anstehenden Dauertest über 100.000 Kilometer mussten aus Zeitgründen alle BMW-Rennfahrer einspringen. Ronny Petersen, Hans-Joachim Stuck, Dieter Quester – in Runden von vier Stunden trieben sie den M1 abwechselnd so oft durchs Münchener Vorland, dass es Beschwerden der Landwirte hagelte.
Das hinderte den Münchner Supersportwagen aber nicht daran, einzuschlagen wie eine Rakete. Die Produktion startete: 400 Autos pro Jahr sollten gebaut werden. Doch Lamborghini steckte in Zahlungsschwierigkeiten, die Bayern bekamen kalte Füße. Mit einer ausgefeilten Logistik wurde ein Plan-B erdacht und die Produktion auf einzelne Partner verlagert. So entstand aus einem Gitterrohrrahmen von Marchesi in Modena und einer Kunststoffkarosse der Aufbau bei Giugiaros Firma Italdesign. Komplettiert wurde der Supersportler schließlich bei Baur in Stuttgart und die Münchner behielten das Recht zur Endabnahme in der bayerischen Hauptstadt. Mit dem zusätzlichen Aufwand schwanden jedoch die Produktionskapazitäten und die wichtige Kennzahl zur Homologation für den Rennsport konnte nicht erreicht werden.
Die Rennserie feierte Erfolge
Doch die Macher setzten alles daran, das Projekt am Leben zu erhalten. So entstand an einem Abend im Münchner Club „Why not“ mit Motorsportfunktionär Max Mosley die Idee der eigenen Rennserie. Mit Fahrern aus der Formel 1 sollte für Aufsehen gesorgt werden. Mario Andretti, der Formel-1-Weltmeister von 1978, lehnte zunächst ab – doch als Bargeld ins Spiel kommt, lässt er sich umstimmen. Die anderen Fahrer folgten seiner Entscheidung. Die fünf Besten des Formel-1-Freitagstrainings erhielten einen Startplatz, der Rest des Felds bestand aus ausgewählten Tourenwagenfahrern. Und die Formel-1-Stars fanden Gefallen an der Serie. Nelson Piquet wird später nach einem Freitagstraining sagen: „Vielleicht war ich hier nur so schnell, weil ich BMW fahren wollte.“
Am 12. Mai 1979 war es dann so weit. In Zolder startete das erste Rennen. Gefahren wurde in Monza, Monaco oder Hockenheim parallel zur Formel 1. Niki Lauda gewann die Meisterschaft vor Hans-Joachim Stuck und Clay Regazzoni und erhielt als Siegprämie einen M1. 1980 ging die Procar-Serie ins zweite Jahr und der Brasilianer Nelson Piquet gewann die Meisterschaft.
Schleppende Verkaufszahlen und BMWs Einstieg als Motorenlieferant in die Formel 1 ließen den BMW M1 auslaufen. 1981 endete die Produktion nach 453 Fahrzeugen. Doch nicht nur Andy Warhol, der 1979 einen M1 als BMW Art Car gestaltete, stilisierte den Sportwagen zur Ikone – der BMW M1 gilt bis heute als Superlativ.
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