Ist es richtig und gut für die Branche, wenn die Partikelmessung endlich kommt? Oder führt sie zu weit? Zwei Krafthand-Redakteure im Gedankenaustausch.
Viele Kfz-Profis sind genervt von der Partikelmessung und wollen nicht mitmachen. Wobei für ihre Ablehnung sicher weniger das Hickhack um die Einführung als vielmehr die Kosten für den Partikelmesser der Grund ist.
Warum das zwar legitim für die individuelle Entscheidung eines Werkstattinhabers sein kann, aber nicht, die Partikelmessung per se in Frage zu stellen, dafür haben Torsten Schmidt und Sebastian Schuster verschiedene Argumente gesammelt und ihren jeweiligen Standpunkt zum Thema dargelegt.
PRO
Ich finde es richtig, wenn es endlich losgeht – trotz der notwendigen Investitionen. Ich verstehe Werkstattinhaber zwar gut, die den finanziellen Kraftakt für einen AU-Partikelmesser scheuen. Erst recht, wenn sie nur 20 oder 30 Kunden mit einem Euro-6-Diesel haben.
Dennoch ist es kein schlüssiges Argument, zu sagen, die AU-Partikelzählung sei zu viel des Guten. Was im Auto drin ist, muss funktionieren und, sofern mit Werkstattmitteln möglich, geprüft werden – und das nicht nur per OBD, was die Überprüfung quasi in die Hände der Autobauer verlagern würde. Dann könnte man auch gleich die AU, ja sogar die komplette HU in Frage stellen.
Das kann aber nicht im Sinn der Werkstätten sein. Schließlich tragen die Untersuchungen zum Reparaturgeschäft sowie regelmäßigen Kundenkontakten bei. Und wenn sich bestätigt, was erste Erfahrungen aus Belgien zu DPF-Mängeln bei Abgasuntersuchungen zeigen, könnte die Partikelzählung Kfz-Betrieben einiges an Arbeit bescheren.
Ganz zu schweigen davon, dass die Partikelzählung einen Beitrag leistet, übermäßigen und gesundheitsschädlichen Feinstaubausstoß einzudämmen.
Beim Blick auf die Geräteamortisation darf außerdem nicht unter den Tisch fallen, dass viele (ich denke hier vor allem an Prüforganisationen) die AU-Partikelzählung nutzen, alle AU-Preise (auch für Benziner und ältere Diesel) anzuheben. Warum sollten Kfz-Betriebe das nicht ebenso tun, um ihr Geschäft rentabel zu halten?
Bei genauer Betrachtung und natürlich genug Durchsatz wird die AU kein Draufzahlgeschäft. Außerdem ist es nicht klug, immer mehr Geschäftsfelder anderen zu überlassen und Kompetenzen aus der Hand zu geben.
Nicht zu vergessen: In einigen Jahren müssen wahrscheinlich auch Benziner zur Partikelmessung. Und lassen sich dafür dann die gleichen Geräte nutzen (was immer wieder bekundet wird), relativiert sich die Diskussion um die Anschaffung eines PN-Counters sowieso.
CONTRA
Ich fühle mit meinen früheren Berufskollegen, die nicht begeistert über die Partikelzählung sind und sich teils komplett von der AU verabschieden. Wohin soll das alles noch führen?
Immer mehr Investitionen, doch höhere Preise lassen sich oft nicht oder nur unzureichend durchsetzen. Dabei unterscheide ich sehr wohl zwischen zwingend notwendigen Investitionen und denen, die unnötig Geld kosten. Zu Letzteren gehört die Partikelmessung, die es nicht zwangsläufig gebraucht hätte.
Dem Argument, dass was im Auto drin ist auch funktionieren und – sofern sicherheits- oder abgasrelevant – regelmäßig im Rahmen der HU geprüft werden muss, lässt sich entgegenhalten:
Werden auch Airbags oder Systeme wie der Notbremsassistent bei der HU einer echten Funktionsprüfung unterzogen? Nein. Hier müssen sich die Prüfer auf die Fehleranzeigen/Bordelektronik verlassen. Warum geht das beim DPF nicht?
Zumal dessen OBD-Überwachung Kilometer für Kilometer und nicht nur an einem Tag in zwei Jahren aktiv ist. Der Alltag zeigt doch, dass es damit getan wäre. Werkstätten haben es immer wieder mit Autos zu tun, deren DPF-Fehlerlampe aufleuchtet. Und das florierende Geschäft der DPF-Reinigungsfirmen zeugt davon, dass die meisten Autofahrer dann nicht einfach weiterfahren oder am System manipulieren.
Ich räume ja ein, dass mit der Partikel-AU jene Fahrzeuge auffallen, bei denen die OBD und/oder die alte Trübungsmessung nicht anschlagen. Wegen der hohen Gerätekosten und vor dem Hintergrund, dass die AU ursprünglich dafür konzipiert wurde, Autos mit übermäßigen Emissionen zu identifizieren, halte ich die Partikelzählung allerdings für unverhältnismäßig.
Auch weil die Rohemissionen von modernen Euro-6-Dieseln laut Experten vergleichsweise niedrig sind, sodass die wenigen schwarzen Schafe nicht ins Gewicht fallen. Insbesondere da die enorme Anzahl lungengängiger Partikel von Reifen und Bremsen bis dato völlig ungefiltert und ungeprüft in die Umwelt gelangen.