Prof. Dr. Ferdinand Dudenhöffer: ‚ADAC hat seine Glaubwürdigkeit verspielt‘

Gecrasht: Nach dem Skandal um die frisierten Stimmenzahl beim ADAC-Autopreis 'Gelber Engel' plädiert Autoexperte Prof. Dr. Ferdinand Dudenhöffer im Gespräch mit Krafthand-Online für grundlegenede Reformen beim größten deutschen Automobilclub. Foto: ADAC/Oliver Anderson

Der ADAC wird den Autopreis ‚Gelber Engel‘ künftig nicht mehr verleihen. Nach der Entlassung von Michael Ramstetter als ADAC-Kommunikationsschef und Chefredakteur der Club-Zeitschrift ‚Motorwelt‘ zog der größte deutsche Automobilclub damit nun eine weitere Konsequenz aus dem Skandal um die frisierten Stimmenzahlen. Automobilexperte Prof. Dr. Ferdinand Dudenhöffer, Direktor am Car-Center Automotive Research der Universität Duisburg-Essen, plädiert im Gespräch mit Krafthand-Online für grundlegende Reformen beim ADAC.

Herr Dudenhöffer, wie groß ist der Imageschaden für den ADAC?
Ich denke, der Vertrauensverlust ist gewaltig. Es ist heute noch gar nicht abzusehen, wie groß er ist. Und zwar in drei Bereichen: Erstens in der Öffentlichkeit. Hier hat der ADAC seine Glaubwürdigkeit völlig verspielt. Zum Zweiten im politischen Raum. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel sich in nächster Zeit mit dem ADAC-Präsidium an einen Tisch setzen wird. Und drittens bei den Autobauern, denen jahrelang falsche Zahlen vorgegaukelt wurden.

Im politischen Raum machte der ADAC immer wieder mit lautstarken Forderungen auf sich aufmerksam. Kann der ADAC seine Stimme gegenüber der Politik jemals wieder mit Autorität erheben?
Der ADAC wird weiterhin ein wichtiger Gesprächspartner in diversen Gremien bleiben, aber seine Bedeutung ist erheblich geschrumpft.

Der ADAC nutzt sein gemeinnütziges Image als eingetragener Verein und das damit einhergehende Vertrauen auch dafür, um auch in Wirtschaftsbereichen wie zum Beispiel der Versicherungswirtschaft Kapital zu schlagen.
Sie sagen es! Das System des ADAC aus Wirtschaftsunternehmen und gemeinnützigem Verein ist die eigentliche Ursache für aktuelle Probleme wie nun beim ‚Gelben Engel‘. Die Misstände hätten jedoch genauso gut in anderen Bereichen des ADAC aufschlagen können, denn das System befördert solche Verwerferungen geradezu. Wie ist denn der ADAC aufgebaut? Auf der einen Seite hat man den guten Namen, der durch harte Arbeit der ‚Gelben Engel‘ bei der Pannenhilfe und auf den Straßen erworben wurde. Auf der anderen Seite wird dieser gute Name benutzt, um bedenkenlos alle mögliche Provisionsprodukte wie Versicherungen, Fahrzeugkredite oder Reisen zu verkaufen. Die Interessenskonflikte bei all diesen Aktivitäten sind immens. Dies wird nun eingehend untersucht werden müssen.
 
Wer kontrolliert den ADAC?
Es gibt beim ADAC keine Kontrollinstrumente oder -instanzen. Der Club agiert im wesentlichen durch die Vorgaben seines Präsidenten.

Sie plädieren für eine Aufspaltung des ADAC in eine Pannenhilfe und ein Wirtschaftsunternehmen. Was versprechen Sie sich von dieser Lösung?
Dafür spricht, dass der ADAC damit transparenter würde und sich wieder auf seine Kernkompetenzen konzentrieren könnte. Auch könnte der ADAC dann ehrlich gegenüber dem Kunden auftreten und sagen: Wir bestehen zum Teil aus einem Mitgliedsbereich mit Pannenhilfe, und zum anderen Teil sind wir ein Industriekonzern, der wie die Allianz, die Iduna oder die Deutsche Bank aufgestellt und zu betrachten ist. Dieser Bereich ist zum Geld verdienen da und kann durchaus auch Gewinne an den ADAC überweisen.

Sollte der Wirtschaftsbereich einen anderen Namen tragen?

Ja, unbedingt. Der Wirtschaftsbereich sollte unter einem anderen Namen firmieren. Bei einer Aufspaltung könnte der ADAC endlich ohne Interessenskonflikte geführt werden.

Ein weiterer Interessenskonflikt bahnt sich beim ADAC bereits im Werkstattbereich an. Der Automobilclub plant zurzeit, Autohäuser und Kfz-Werkstätten als ADAC-Partnerunternehmen zu zertifizieren. Bei den ADAC-Werkstatttests wurden vergangenen Sommer besonders den freien Werkstätten schlechte Zeugnisse ausgestelt. Kann der ADAC als Werkstattunternehmer andere Werkstätten überhaupt noch objektiv testen?
Ich bin sehr skeptisch, ob der Kunde einem ADAC-Siegel nach dem massiven Vertrauensverlust der vergangenen Tage künftig überhaupt noch Glauben schenkt. Ein Stempel einer unabhängigen Sachverständigenorganisation wäre in diesem Bereich sicher wertvoller.

Herr Prof. Dr. Dudenhöffer, vielen Dank für das Gespräch!

Das Gespräch führte Ralf Lanzinger