Krafthand-Leser Stefan Neimcke steht mit einem S-tronic-Schaltproblem alleine da, denn Audi möchte nicht viel davon wissen. Nun schilderte er der Redaktion seinen Fall und hofft auf einen Lösungsansatz aus der Community.
Eine negative Erfahrung mussten wir machen, als wir im Februar 2023 für private Zwecke einen Audi A4 Avant 2.0-TSI (64.000 km, Baujahr 2019) mit einem S-tronic-Getriebe bei einem Audi-Vertragshändler gekauft hatten. Nach nur kurzer Zeit mussten wir nämlich eine unkomfortable Schaltung während des Schaltens von Gang 3 auf 2 (Wählhebelstellung D) und von Gang 2 auf 1 (Wählhebelstellung S) feststellen.
Das Problem macht sich mit einem stärkeren Ruck bemerkbar. Wird heftiger gebremst, nimmt auch die Härte des Rucks zu. Grundsätzlich schaltet das Getriebe sehr sauber, außer eben in den genannten Schaltvorgängen. Im Autohaus selbst konnte die Beanstandung mehrfach reproduziert und nachvollzogen werden.
Das Fahrzeug war zu diesem Zeitpunkt noch in einem kulanzfähigen Alter, ebenso lag eine aktive Gebrauchtwagengarantie vor. So vereinbarten wir einen Termin mit der Audi-Werkstatt zur Überprüfung des Getriebes und führten bei Fahrzeugabgabe eine gemeinsame Probefahrt durch. Die Werkstattmeisterin bemerkte ebenso schnell die unsauberen Schaltvorgänge.
Nach ein paar Tagen kam die Antwort des Autohauses: An dem Pkw liegt kein Mangel vor, im Ereignisspeicher war kein Fehler abgespeichert. Der Getriebeölstand wurde kontrolliert und war in Ordnung.
Trotz dieser unerwarteten und enttäuschenden Diagnose musste das Fahrzeug, da es benötigt wurde, wieder abgeholt werden. An der Schaltqualität hatte sich selbstverständlich nichts geändert. Unser Vorschlag an die Audi-Werkstatt, ein Vergleichsfahrzeug zu prüfen, konnte nicht umgesetzt werden, da keins mit dieser Motor-/Getriebevariante (Getriebekennbuchstabe TFE 0CK/0CL S tronic DL382, Motorkennbuchstabe DLVA 2,0 l 4V TFSI EA 888 GenIII) mit identischen Softwareständen verfügbar war.
Stand der Technik?
Die Enttäuschung darüber war groß, aber wir wollten nicht lockerlassen. Deshalb ließen wir in den folgenden Wochen Freunde und Bekannte (darunter ein langjähriger Kfz-Technikmeister) unsere Beanstandung prüfen. Ohne vorab preiszugeben, bei welcher Drehzahl und unter welchen Bedingungen dieser Ruck auftritt, konnten alle die Schaltprobleme bestätigen. Bestärkt in unserer Wahrnehmung, kontaktierten wir erneut unseren Ansprechpartner in der Audi-Vertragswerkstatt.
Es folgte ein zweiter Werkstattaufenthalt in Ingolstadt, bei dem das Fahrzeug erneut an die Diagnosegeräte angeschlossen wurde. Dieses Mal war ein Getriebetechniker von Audi vor Ort, um den Sachverhalt zu prüfen. Was im Detail geprüft wurde, ist uns nicht bekannt. Laut diesem Getriebeexperten aber ist die Beanstandung ungerechtfertigt.
Obwohl er den (für uns auffälligen) Schaltvorgang selbst bemerkte, deklarierte er das Schaltverhalten als „Stand der Technik“. Daraufhin bestätigte man uns schriftlich, dass das Fahrzeug keinen Fehler aufweist. Eine Bescheinigung darüber, dass jenes raue Schaltverhalten keine Folgeschäden verursacht, wollte uns auf Nachfrage jedoch keiner schriftlich aushändigen.
Da uns seitens Audi also nicht weitergeholfen wurde, waren wir gezwungen, Rechtsbeistand einzuholen. Voraussetzung dafür: eine offizielle Bestätigung der Beanstandung durch eine andere Audi-Vertragswerkstatt. Deshalb kontaktierten wir einen Audi-Servicepartner mit der Bitte um eine gemeinsame Probefahrt. Auch hier fiel dem Werkstattmeister bereits nach kurzer Fahrtstrecke die ruckartige Schaltung in den Gängen D3-D2 und S2-S1 auf – begleitet von einem metallischen Geräusch.
Diesen Befund bestätigte uns der Kfz-Profi schriftlich: „Es wurde eine gemeinsame Probefahrt über 5 km in der Stadt durchgeführt und ein metallisches Geräusch beim Herunterschalten im D-Modus vom 3. in den 2. Gang und im S-Modus vom 2. in den 1. Gang wahrgenommen.“ Damit eröffnen sich laut unserem Anwalt folgende Möglichkeiten:
- Fahrzeug über Audi zurückkaufen lassen. Dafür gibt es auch ein Angebot, das allerdings weit unter dem Einkaufspreis liegt und deshalb nicht infrage kam.
- Fahrzeug verkaufen. Hier haben wir Bedenken, da die offizielle Reparaturhistorie nun voll ist mit Beanstandungen zum Getriebe, was den Verkaufspreis drastisch sinken lässt. Außerdem wollen wir das Fahrzeug nicht in diesem Zustand auf den Markt bringen.
- Fahrzeug von einem Gutachter untersuchen lassen (kann Jahre dauern, Rechtsstreit, Gericht etc.). Das kam für uns ebenfalls nicht in Frage, da wir im schlimmsten Fall mit daraus resultierenden Kosten zur rechnen haben.
Kein Hirngespinst
Abschließend kontaktierten wir einen renommierten ZF-Vertragspartner. Dessen Diagnose und das Prüfen von Getriebeölstand und -qualität finanzierten wir aus eigener Tasche. Auch er konnte die Beanstandung bei einer Probefahrt nachvollziehen.
Der Befund lautete: „Getriebeölstand geprüft: i. O., Probefahrt durchgeführt. Beanstandung nachvollziehbar, teilweise Rückschaltungen in den 1. oder 2. Gang in unterschiedlicher Ausprägung spür- und hörbar, vor allem bei stärkerem Abbremsen. Fehlerspeicher ausgelesen, Getriebespeicher ohne Eintrag.“
Mögliche Defekte
Alle uns einfallenden Ursachen würden sehr kostspielig enden. Zum Beispiel die Kupplungen, die aber nahezu ausgeschlossen werden können, da es sich um eine Beanstandung auf beiden Teilgetrieben handelt. Wäre das Getriebeöl aufgrund einer Überhitzung (Anhängerbetrieb) verbrannt, sollte dies aber bei einer vorausgegangenen Prüfung von Getriebeölstand und Getriebeölqualität bemerkt worden sein.
Der vom Hersteller vorgegebene Getriebeölwechsel wurde jedenfalls bei 54.000 Kilometern durchgeführt. Die Software musste nicht aktualisiert werden, da sie bereits aktuell war. Ob eine Grundeinstellung der Schaltpunkte erfolgte, ist uns nicht bekannt. Eventuell liegt ein Defekt der Mechatronik vor, allerdings kam es nie zu einem Tausch.
Ebenso verwunderlich: Ein Getriebeölwechsel und eine Beurteilung der Getriebeölqualität wurden seitens Audi nie durchgeführt, zumindest wurde uns das nicht mitgeteilt. Hier hätte man mit wenig Aufwand zumindest diese Fehlerquellen ausschließen können. War hier von Anfang an bekannt, dass es keine Maßnahme gibt, diese Beanstandung abzustellen?
Trotz der verschiedenen Werkstattbesuche bei Audi konnte der Fehler nie gefunden werden. Dennoch ist er immer noch vorhanden. Das ist nicht unsere subjektive Einschätzung, sondern wurde durch mehrere (auch fachkundige) Personen bestätigt. Audi: „Vorsprung durch Technik“?
Wir waren beim Kauf des Fahrzeugs jedenfalls der Meinung, ein hochwertiges Markenprodukt zu erwerben. Leider wurden wir sehr enttäuscht und auch im Stich gelassen. Es musste sehr viel Zeit aufgewendet werden und zudem blieben wir auf Kosten sitzen. Nun sind wir im Besitz eines Autos, das nicht wirklich gut funktioniert.
Vielleicht finden sich weitere betroffene Fahrzeughalter, die bezüglich schlechter Schaltqualität unzufrieden sind und der Krafthand-Redaktion von ihren Erfahrungen berichten wollen. Eventuell gibt es auch einen Lösungsansatz oder einen nahezu identischen Fall, bei dem ein schadensverursachendes Bauteil identifiziert wurde. Ich freue mich über jede Hilfe.
Namenlose Getriebeprobleme
Dass Audi quasi nichts von dem Phänomen wissen will, verwundert – vor allem, nachdem in nahezu allen Internetforen, welche die S tronic verschiedener Modelle behandeln, genau dieser Fehler beschrieben wird. Die Reparaturversuche gingen dabei von Getriebeölwechsel und -spülung über den Tausch oder die Reparatur von Mechatronik bis zum Wechsel des ganzen Getriebes. Für frühere Versionen gab es noch eine Servicelösung, bei der eine neue Softwareversion aufgespielt wurde – meistens blieb auch das ohne Erfolg.
Obwohl Schaltvorgänge in wenigen Millisekunden ein Vorteil der S tronic sein mögen, stellt sich mir schon die Frage, ob man von einer der teuersten „Alltags“-Automarken Deutschlands nicht mehr erwarten kann. Vielleicht findet sich unter unserer Leserschaft ein ebenfalls leidgeprüfter Kfz-Profi, der Herrn Neimcke wenigstens die Aussicht auf eine erfolgreiche Reparatur geben kann?
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