Laut dem Experten für Klimaanlagen und Trainer für Thermomanagementsysteme Andreas Lamm sind die Preise des Kältemittels R134a von netto acht Euro pro Kilo auf netto 35 Euro pro Kilo gestiegen. Das entspreche einer Preissteigerung von mehr als 400 Prozent!
Unsere Facebook-User treibt das Thema offenbar auch um. Jens Möllendorf etwa lässt uns wissen: „Heute Morgen hat mir der Händler einen Preis von 369 Euro plus Steuer genannt.“ Michael Ruisinger berichtet: „Ich habe vorige Woche eine Flasche bestellt, momentan viermal so teuer wie zuletzt. Soll aber laut Großhandel noch um ein Vielfaches teurer werden.“ Markus Grünewald schreibt: „Zum Jahreswechsel werden, wie in der Verordnung 517/ 2014 vorgesehen, zirka 37 Prozent der Menge von 2015 vom Markt genommen. Dass es zu einer Preissteigerung kommt, war abzusehen.“
In der Tat liegt die Ursache, wie bereits mehrfach berichtet, an der EG-Verordnung 517/2014, die eine Reduktion der Fluorkohlenwasserstoffe (FKW) und anderer Gase mit einem hohen Treibhauspotenzial in der EU (siehe Grafik) für die Kältemittelindustrie und Importeure vorschreibt.
Lamm spricht in Folge dessen von einer „drastischen Mengenreduktion von 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr“. Das sei aber nur ein Grund für den extremen Preisanstieg für R134a.
Das größere Problem sei, dass die wichtigsten Hersteller fluorierter Treibhausgase keine Zukunft für diese Produkte im europäischen Binnenmarkt sehen und somit ihre Produktionskapazitäten auf Kältemittel verlagern, die nicht so Treibhaus schädigend sind und somit nicht der Mengenreduktion unterliegen.
Dies führe zu einer noch größeren Verknappung des Kältemittels R134a, da die Hersteller ihre Kontingente umweltschädigender Gase nicht weiterverkaufen dürfen. „Die Gasehändler erwarten zum Ende der Klimasaison 2018 weitere Preissteigerungen beim R134a auf bis zu 60 Euro pro Kilo“, sagt der Experte: „Da die Kältemittelindustrie durch langfristige Verträge an die Herstellerindustrie gebunden ist und der Aftermarket erst an zweiter Stelle kommt.“ Es sei durchaus realistisch, dass zum Ende der Klimasaison kein Kältemittel R134a zur Verfügung steht, sollte der Sommer 2018 sehr heiß werden.
Während das Unternehmen Arthur Friedrichs Kältemittel „keine Stellungnahme zu der Thematik“ abgeben wollte, bestätigt Stahlgruber auf unsere Nachfrage „aufgrund der begrenzten Einfuhrkontingente eine massive Preissteigerung“. Dank frühzeitiger Verhandlungen mit dem Lieferanten sei es dem Großhändler allerdings gelungen, das notwendige Kontingent für 2018 zu sichern. „Eine Entspannung der preislichen Situation für R134a ist für uns im Moment nicht abzusehen“, sagt Elmar Voltz von Stahlgruber.
Umrüstung von R134a auf R1234yf
Die Fachverbände der stationären Kältetechnik haben das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit und das Umweltbundesamt an einen runden Tisch eingeladen, um Horrorszenarien wie ausgefallene Kühl- und Klimaanlagen in Krankenhäusern, Supermärkten oder ICEs zu vermeiden.
Doch wie kann dem Autofahrer geholfen werden, wenn kein Kältemittel zur Verfügung steht? Hier könnte das Thema Umrüstung der Klimaanlage auf R1234yf in Zukunft eine Alternative sein. Leider gibt es nach Expertenansicht dabei einen Haken: Mit der EG-Richtlinie 2006/40/EG sind die Automobilhersteller verpflichtet, anzugeben, welches Kältemittel sie in ihre Fahrzeuge einfüllen.
Wird ein anderes Kältemittel als R134a in die Klimaanlage eingefüllt, erlischt die Typgenehmigung des Kraftfahrzeugs. Hier wäre also der Gesetzgeber gefordert, um über das Kraftfahrbundesamt Ausnahmegenehmigungen zu erwirken. Ansonsten droht das Reparaturgeschäft in eine Grauzone abzudriften.
Kältemittelanalyse macht Sinn
„Denn wenn eine Umrüstung auf das umweltfreundlichere und teure R1234yf nicht erlaubt würde, könnte die Werkstatt, wenn schon illegal, dann eine günstigere Umrüstung auf brennbare Kohlenwasserstoffe wie Propan (R290) oder Isobutan (R600a) durchführen“, vermutet der Fachmann. Der Kunde wolle seine Klimaanlage günstig repariert wissen und im Sommer nicht schwitzen.
Rein technisch funktioniere die Klimaanlage auch mit brennbaren Kohlenwasserstoffen. Doch was passiert bei einem Unfall? Und wie sieht es mit der Ölzirkulation in der Klimaanlage aus? Der Schaden durch eine nicht fachgerechte Umrüstung wäre anschließend viel höher, als wenn es mit dem getesteten Kältemittel R1234yf geschehen würde.
Das Nächste ist, dass eine Werkstatt, die ein nicht zulässiges Kältemittel in die Klimaanlage einfüllt, dieses auch nicht kennzeichnen wird. Somit werden nachfolgende Werkstätten nicht wissen, welches Kältemittel sich in der Klimaanlage befindet und würden mit ihrem Klimaservicegerät ein falsches Kältemittel absaugen und ihr eigenes Gerät kontaminieren.
„Es ist empfehlenswert, das Kältemittel vor dem Absaugen zu analysieren. Beim teuren R1234yf ist das schon lange für die Automobilindustrie Standard.“
Lamm empfiehlt Fachwerkstätten vor dem Absaugen das Kältemittel zu analysieren. Beim teuren R1234yf sei das schon lange für die Automobilindustrie Standard. Daher schreiben die deutschen Hersteller ihren Servicebetrieben vor, dass sie nur ein VDA-konformes R1234yf Klimaservicegerät in ihrer Werkstatt einsetzen dürfen.
Diese Geräte beinhalten eine interne Kältemittelanalyse, um die Reinheit des Kältemittels R1234yf vor der Absaugung zu überprüfen.
„Für R134a war dies nicht angedacht, weil man nicht erwartet hatte, dass der Preis für dieses Kältemittel so ansteigen würde.“ Hier muss die Fachwerkstatt selber entscheiden, ob sie noch in ein separates R134a-Kältemittelanalysegerät investiert.
Letztlich sollte es schnellstmöglich einen legalen Weg geben, um eine Umrüstung des umweltschädlichen R134a auf das umweltfreundlichere R1234yf zu ermöglichen. „Hier sollte die Automobilindustrie, die noch bis Mitte 2016 ihre Fahrzeuge mit R134a befüllt haben, gemeinschaftlich mit dem ZDK und dem KBA eine Lösung finden“, so der Klimaexperte, „um Werkstätten und den Werkstattkunden Schweißperlen auf der Stirn zu ersparen.“