Offener Brief an Wissing, Habeck, Heil und Lindner

Positionspapier des GVA geht mit Politik hart ins Gericht

Bei den GVA-Mitgliedern handelt es sich vorwiegend um mittelständische Unternehmen, die sowohl im Autoteilehandel als auch der Zuliefererindustrie für die Automobilwirtschaft aktiv sind. Laut dem Verband sehen sie „Arbeitsplätze nicht wegen unternehmerischem Missmanagement, sondern verfehlter Politik gefährdet“. Bild: NaMong Productions – stock.adobe.com

In einem offenen Brief an vier amtierende Bundesminister mahnt der Gesamtverband Autoteile-Handel GVA im Kontext mit der stagnierenden Wirtschaftsentwicklung politische Fehler an und fordert in einem 10-Punkte-Plan eine Kurskorrektur. Darin geht es sowohl konkret um die Autoindustrie als auch um gesellschaftspolitische Aspekte.

In einem offenen Brief an die Bundesminister für Finanzen, für Wirtschaft und Klimaschutz, für Digitales sowie für Verkehr/Arbeit und Soziales wirft der Gesamtverband Autoteile-Handel die Frage nach einer verfehlten Politik der aktuellen und Vorgänger-Bundesregierung auf. Der GVA legt in dem umfangreichen Schreiben nicht nur den Finger in diverse gesellschafts- und wirtschaftspolitische Wunden, sondern führt in einem 10-Punkte-Plan (am Ende des Textes) auf, was sich konkret ändern müsste, insbesondere, um die derzeit schlechte wirtschaftliche Lage zu korrigieren. Im Kern der Kritik der Interessenvertreter des Teilehandels stehen

  • eine fehlgeleitete Klimapolitik auf Grundlage falscher Prämissen
  • die Abkehr von Leistungsorientierung und Eigenverantwortung
  • die überbordenden Vorgaben aus der EU.

Mit diesen drei Problemthemen, so GVA-Präsident Thomas Vollmar, sind gravierende gesellschaftspolitische Verwerfungen und ein Vertrauensverlust in den Staat verbunden. Außerdem führten sie zu volkswirtschaftlichen Schäden von vielen hundert Milliarden Euro. Zwar untermauert der Verband diese Zahlen nicht mit Fakten, doch weiß jeder um die wirtschaftlichen Probleme hierzulande. Bezüglich der Automobilindustrie wird der Verband konkreter: Anstatt der E-Mobilität mit sprunghafter Subventionierung den Vorrang zu geben, wären klare Vorgaben für die Fahrzeugindustrie (z. B. über Euro 7/Euro 8) für die Reduzierung des CO2-Ausstoßes der bessere Weg gewesen. „Dies hätte zu einem Wettbewerb der technologischen Lösungen anstatt zu einem Wettbewerb der Elektroantriebe und Batterien geführt“, erklärt Vollmar. Zumal die Fragen zur notwendigen Infrastruktur, zur Nachhaltigkeit und den Abhängigkeiten bei den Rohstoffen nach wie vor unbeantwortet bleiben. Die wirtschaftlichen Auswirkungen für die deutsche Wirtschaft sind bereits heftig zu spüren – die Fahrzeughersteller sowie deren Zulieferer bauen allein im Jahr 2024 zehntausende gut bezahlte Industriearbeitsplätze ab. Diese Einnahmen werden in den sozialen Sicherungssystemen fehlen.

Deshalb und mit Verweis auf die GVA-Mitgliedsunternehmen, die bei Teilehändlern und -zulieferern hunderttausende Arbeitsplätze sichern, jedoch wegen verfehlter Politik gefährdet seien, fordert der GVA:

Zehn Kurskorrekturen

(in Teilen von der Redaktion gekürzt)
    1. Definition einer Agenda 2030 mit signifikanten Einsparungen bei Subventionen und Sozialleistungen. Sozial ist, sozial Bedürftige richtig zu unterstützen, anstatt mit der Gießkanne jede Klientel zu bedienen.
    2. Investitionen für Schienen, Straßen und Brücken aufstocken durch Verlagern. Die dafür vorgesehenen 25 Mrd. Euro reichen nicht. Deshalb etwa 5 Prozent (ca. 10 Mrd. Euro) des nahezu 40-prozentigen Haushaltsanteils für „Arbeit und Soziales“ für diese Zwecke verlagern.
    3. Mehr Leistungsprinzip gemäß „Fordern und Fördern“, um im internationalen Wettbewerb zu bestehen. Es braucht finanzielle Anreize für Mehrarbeit, für Überstunden für längere Lebensarbeitszeit mit Steuererleichterung oder -befreiung. Eine 4-Tage-Woche sieht der GVA kritisch.
    4. Innovationsoffenheit bei Klimaschutz, da dieser nur mit einer funktionierenden Wirtschaft und mit Akzeptanz in der Gesellschaft umsetzbar ist. Daher braucht es die richtigen Ziele mit einer wohldosierten CO2-Steuer und ohne technische Lösungsvorgaben.
    5. Zurückfahren der Regulierungswut und der Eingriffe in interne Unternehmensprozesse und keine überbordenden Vorschriften, Meldepflichten und unsinnige Bürokratie.
    6. Mehr Unternehmertum und weniger Staat Die KMU machen 90 Prozent aller Unternehmen aus und steuern mehr als 50 Prozent des BIP bei – sie erfüllen mit ihrer regionalen Verbundenheit eine besonders wichtige Rolle für den gesellschaftlichen Zusammenhalt.
    7. Förderung CO2-neutraler Kraftstoffe. Das Ziel von 15 Mio. Elektrofahrzeugen bis zum Jahr 2030 ist nicht mehr zu schaffen (es wären dann ca. 11. Mio. E-Autos). Zumal wegen weggefallender Subvention, nicht ausreichender Infrastruktur und der großen Unsicherheit bei Autofahrern der E-Auto-Trend rückläufig ist. Die Gelder für die Ertüchtigung der notwendigen Stromleitungen sind besser zur Förderung der Produktion alternativer CO2-neutraler Kraftstoffe sowie der Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie zu investieren. Der Aspekt der fehlenden Nachhaltigkeit von E-Fahrzeugen, die trotz voll intakter Karosserie- und Fahrwerksstruktur bei verbrauchter oder defekter Batterie verschrottet werden müssen, wird in der öffentlichen Diskussion sowie bei politischen Entscheidungen komplett vernachlässigt.
    8. Wachstumschancengesetz ändern in ein Gesetz mit substanzieller, nachhaltiger Entlastung für die Unternehmen.
    9. Endlich ausreichende Investitionen in Bildung. Fachkräfte von morgen müssen heute ausgebildet werden – mit modernen Lehrsystemen, mit motivierten Lehrkräften und in engem Schulterschluss von Schule, Handwerk und Industrie.
    10. Signifikant beschleunigte Genehmigungsverfahren für nationale Infrastrukturprojekte (inkl. Mobilfunk- und Glasfasernetz) bei konstruktiver Einbindung von Bund, Länder und Gemeinden.