ADAC-Experte erklärt im Krafthand-Interview, was Ursache für die erhöhte AU-Durchfallquote bei Euro-6-Dieseln von Ford sein könnte
Seit Juli 2023 wird bei der AU die Rußpartikelanzahl von Euro-6-Dieselautos gemessen. Viele fallen bei der PN-Messung durch – auffällig häufig Ford-Modelle. Woran das liegt, kann der Autobauer auf Nachfrage von Krafthand zunächst nicht bekanntgeben, da die Abstimmungen mit dem KBA derzeit noch laufen. Die Fehleranalyse sei jedoch nahezu abgeschlossen und das Team entwickle weitere Maßnahmen für die betroffenen Modelle. Inzwischen hat Ford die Garantie der ausgetauschten DPF auf drei Jahre erhöht, so ein Sprecher. Außerdem will der Autobauer mit Preisreduzierungen und erweiterten Garantieregelungen sowie Kulanzmaßnahmen und besserer Verfügbarkeit von Ersatzteilen seine Kunden unterstützen.
Fakt ist jedoch, dass er Ursache und Lösung noch immer nicht klar benannt hat. Anders ist das beim ADAC, der sich zum DPF-Problem konkreter äußert. Dr. Reinhard Kolke, Leiter des ADAC Technik Zentrums in Landsberg, erklärt im Interview, was der Automobilclub beim Öffnen von Ford-DPF herausgefunden hat.
Herr Dr. Kolke, wie liefen die Tests im ADAC Technik Zentrum mit den Dieselpartikelfiltern von Ford genau ab?
Dem ADAC wurden zwei Ford-Partikelfilter zur Verfügung gestellt, die die Abgasuntersuchung (AU) nicht bestanden hatten. Diese Filter haben wir schrittweise geöffnet und die Erkenntnisse dabei dokumentiert.
Welche Ergebnisse gab es nach den Untersuchungen?
Die SiC-Filter schienen auf der Einlassseite und auf der Auslassseite ohne auffällige Schäden. Es waren keine typischen durchgebrannten Monolite zu erkennen, ebenso keine augenscheinlichen Risse im SiC-Substrat. Die Verklebungen der rechteckigen Monolite zeigten eine gewisse Porosität, aber keine größeren Schmauchspuren, wie sie bei Mikrorissen üblich sind. Es waren auf den ersten Blick keine größeren Beschädigungen erkennbar und offenkundige Fehler am Filter konnten nicht identifiziert werden.
Was könnte Ihrer Meinung nach die Ursache für Fords Dieselproblem sein?
Ein Rußfilter (DPF) baut einen Rußkuchen auf, auf dessen Oberfläche der Ruß gefiltert wird. Durch kontinuierliche chemische Reaktion (CRT – Continuously Regenerating Trap) wird der Ruß durch NO2 bei Temperaturen um 300 °C bei der passiven Regeneration abgebaut. NO2 entsteht hinter dem DOC (Diesel Oxidations Catalyst).
Darüber hinaus wird diskontinuierlich bei Temperaturen von 600 °C durch Nacheinspritzung der Filter aktiv regeneriert. Hierfür ist eine Nacheinspritzung – also ein Dieselüberschuss – notwendig, der als HC hinter dem DOC zum Ansteigen der Regenerationstemperatur führt. Das komplexe Zusammenspiel von Filter, Abgastemperatur, NO2, HC sowie Hardware- und Softwareabstimmung kann darauf hindeuten, dass die Hardware (DOC, DPF) und das Regenerationsmodell verbesserungsbedürftig sein können.
Wenn die höhere Durchfallquote bei der AU möglicherweise doch nicht vom DPF kommt, woran könnte es dann liegen?
Ein mit Ruß überladener DPF würde durchbrennen und seine Filtereigenschaften vollständig verlieren und bei der AU auffallen. Wenn der Filter augenscheinlich intakt ist, muss das komplexe Zusammenspiel von Filter, Abgastemperatur, NO2, HC sowie Hardware- und Softwareabstimmung genau analysiert werden. Nicht auszuschließen ist, dass das Motormanagement nicht ausreichend auf die passive und aktive Filterregeneration ausgelegt ist.
Was raten Sie Autofahrern und Werkstätten, die vor einem Austausch des Filters stehen?
Lassen Sie den Filterzustand des Dieselpartikelfilters und die Funktion des Regelkreises per Diagnosetool von einer Fachwerkstatt prüfen und gegebenenfalls eine Notregeneration durchführen. Kommt man um einen Austausch des Partikelfilters nicht herum, empfiehlt es sich, einen Antrag auf Kulanzbeteiligung zu stellen. Dies ist jedoch nur über eine Vertragswerkstatt möglich. Wir sind nach wie vor der Meinung, dass man hier im Zweifel eher keinen Anspruch gegen den Hersteller hat; zumindest bei den Fahrzeugen, bei denen die Verjährungsfrist für die Gewährleistung (zwei Jahre) und die Garantiefrist abgelaufen ist.
In Betracht käme dann allenfalls ein Anspruch auf Schadenersatz, wobei hier zwei Punkte problematisch sind. Zum einen müsste man feststellen, dass die Normen drittschützenden Charakter haben, also den Kunden schützen sollen. Zum anderen müsste ein schuldhaftes Verhalten des Herstellers feststehen. In Anbetracht der komplexen Zusammenhänge bleibt einem zuletzt nur übrig, auf die Rückrufmaßnahme des Herstellers zu warten.
Wir gehen daher derzeit davon aus, dass es sich um eine Frage der Kulanz handelt. Da die Kulanzleistung jedoch nur freiwilliger Natur ist, hat es keinen Einfluss, ob ein gegebenenfalls verpflichtender Rückruf angeordnet wurde oder nicht. Im Bereich der Kulanz entscheidet der Hersteller stets eigenständig, ob er Kosten übernimmt oder nicht.
Herr Dr. Kolke, vielen Dank.