Streit um die Datenhoheit

OBD bald ade?

Braucht es für einen freien Zugang auf die Betriebsdaten von vernetzten Fahrzeugen – natürlich nach Einverständnis des Autofahrers – nicht einen Server und Serverbetreiber, der völlig frei von Interessen ist?

Es ist vorstellbar, dass die Daten aus den Fahrzeugen auf neutrale Server geroutet werden, auf die dann die Fahrzeughersteller und unabhängige Marktteilnehmer einen gleichberechtigten Zugriff haben. Die Schaffung einer neutralen Instanz wäre sicher eine saubere Lösung und zuträglich für den Wettbewerb. Dass sich die Fahrzeughersteller dafür erwärmen könnten, ist somit aber wohl unwahrscheinlich. Die Akteure des IAM sind daher aufgerufen, eine Alternative zum Monopol der Fahrzeughersteller zu entwickeln, die FIGIEFA (Anm. d. Red.: europäischer Interessenverband freier Teilegroßhändler) hat hier eine Führungsrolle übernommen.

Einige Fahrzeughersteller haben das Austrocknen“ der OBD-Schnittstelle als Datenquelle angekündigt.

Grundsätzlich sollte immer der Autofahrer entscheiden können, wer und in welchem Umfang Zugriff auf die Daten aus seinem Fahrzeug hat. Für die von ihm gewählte Anwendung A kann das der Fahrzeughersteller sein, für Anwendung B aber auch ein Anbieter des freien Markts.

Der Streit um Extended Vehicles, mit denen Online-Kommunikation etwa zu Diagnosezwecken möglich wird, ist die eine Sache. Darüber hinaus ist immer wieder zu hören, dass die Fahrzeughersteller die Offline-Diagnose, sprich die OBD-Dose schließen wollen. Das würde bedeuten, dass freie Marktteilnehmer keine Diagnosedaten über diese Schnittstelle auslesen können. Gibt es diese Bestrebungen tatsächlich?

In der Tat besteht die Möglichkeit, dass die Fahrzeughersteller die OBD-Schnittstelle entfallen lassen könnten. Denn das Extended-Vehicle-Konzept setzt auf drahtlose Kommunikation. Einige Hersteller haben ja auch schon das zukünftige Austrocknen“ der OBD-Schnittstelle als Datenquelle angekündigt. Die Fahrzeughersteller wären dann in ihren Bestrebungen, den Kfz-Aftermarket für sich zu monopolisieren, einen entscheidenden Schritt weiter, denn der Zugang etwa freier Werkstätten zu diesen Fahrzeugen wäre damit abgeschnitten.

Der OBD-Anschluss ist wichtig und muss Bestand haben. Zum einen bietet er Potenzial für Anwendungen des freien Markts via OBD-Dongles und zum anderen ist er ein wichtiges Backup, denn es sind Szenarien denkbar, in denen ein physischer/stationärer Zugang zum Fahrzeug notwendig sein könnte, etwa bei Ausfällen der Infrastruktur.

Wissen

Was rollt mit dem Extended Vehicle auf uns zu?

Der Begriff Extended Vehicle fällt häufig im Kontext mit vernetzten Fahrzeugen und dem Thema: Wohin werden Telemetriedaten übertragen? Geht es nach den Vorstellungen und dem Konzept der Fahrzeughersteller, sollen die Daten ausschließlich an einen Server des jeweiligen Autobauer übertragen werden. Das heißt: Ist beispielsweise bald ein Ölwechsel fällig, der Bremsbelag verschlissen oder erkennt die Onbord-Diagnose etwa einen Fehler im Einspritzsystem, erhält in jedem Fall der Automobilhersteller Kenntnis davon. Folglich sind die Hersteller in Zukunft in der Lage, dem Autofahrer mit einem Hinweis im Display (z. B. inklusive Terminvorschlag und Kostenvoranschlag zum jeweiligen Problem) in einen entsprechenden Markenbetrieb zu locken.

Ein weiteres und vielleicht noch viel größeres Problem für den freien Markt könnte nämlich entstehen, wenn über die OBD-Schnittstellen kein Zugang mehr zu den verschiedenen Fahrzeugsystemen möglich wäre. Denn es soll ernsthafte Überlegungen bei verschiedenen Fahrzeug herstellern geben, den bis dato offenen Zugang über die OBD-Schnittstelle auszutrocknen (siehe dazu auch Interview mit Hartmut Röhl). Jeder Kfz-Profi weiß, was das heißen würde. Mal schnell den Fehlerspeicher auslesen, ist dann nicht mehr möglich.

In der Cloud: Rund um das Auto der Zukunft entsteht ein Datengeschäft in Milliardenhöhe. Bild: Fotolia

Noch einmal zurück zu dem Positionspapier von ACEA und CLEPA. Viele der Mitglieder der CLEPA sind nicht nur Lieferanten der OEMs, sondern auch des freien Teilemarkts. Und dennoch stimmen sie – trotz einer möglichen Wettbewerbsverzerrung und zulasten des freien Teilemarkts – dem Positionspapier zu. Wie kommt das in der Branche der Teilehändler an und was sagt der GVA dazu? Zumal viele CLEPA-Mitglieder zugleich Mitglieder beim GVA oder auch der FIGIEFA sind.

Der GVA hat einen klaren Standpunkt zum von Ihnen angesprochenen Positionspapier. Und auch die CLEPA und ihre Mitglieder sehen dieses Positionspapier nur als Einstieg in die Diskussion über eine wettbewerbsneutrale Lösung an. Ziel bleibt die offene Telematikplattform, die allen Marktbeteiligten die gleichen Chancen einräumt. Aus unserer Sicht würden auf der bisher im Positionspapier formulierten Grundlage unabhängige Marktteilnehmer massiv an der Teilnahme am Wettbewerb im Kfz-Aftermarket gehindert und die Wahlfreiheit des Autofahrers gefährdet. Das wäre nicht im Interesse der Unternehmen des freien Markts, ganz gleich ob Teilehandel, Teileindustrie oder Werkstatt.

 

 

 

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