Interview Dekra zum Unfalldatenspeicher

Noch nicht alles geregelt

Peter Rücker, Leiter Unfallanalytik und Unfallforschung bei Dekra: „Der EDR liefert weitere Puzzleteile für die Rekonstruktion eines Unfalls.“ Bild: Dekra

Im Interview spricht ein Dekra-Experte über die Verbesserungen durch den Event Data Recorder (EDR) für die Unfallanalyse. Aber seine Aussagen zeigen auch, wo noch einiges im Argen liegt

Ab Juli 2024 ist der Event Data Recorder (EDR) Pflicht, um unfallrelevante Daten in neuen Pkw zu speichern (Krafthand berichtete in Ausgabe 9-10/2024). Aber was genau bringt er Unfallanalytikern? Dazu hat Krafthand Peter Rücker von Dekra befragt.

Herr Rücker, erleichtert der EDR die Arbeit und Analyse von Sachverständigen und Gutachtern an Unfallfahrzeugen?

Der EDR stellt nach einem Unfall Daten in standardisierter Form zur Verfügung, die Sachverständigen bei einem unfallanalytischen Gutachten durchaus helfen können. Dabei geht es um das vorkollisionäre Verhalten des Fahrzeugs beziehungsweise des Fahrzeugführers, das durch die EDR-Angaben mit den Realspuren verglichen werden kann. Bei den Daten handelt es sich etwa um Geschwindigkeitsänderungen in Längs- und Querrichtung, die Stellung von Gas- und Bremspedal, die Motordrehzahl, den Lenkwinkel, etwaige Eingriffe von ABS oder ESP, das Auslösen von Gurtstraffern und Airbags und auch darum, ob die Insassen angeschnallt waren. Mit all diesen Daten können Unfallanalytiker arbeiten – sie liefern weitere Puzzleteile für die Rekonstruktion des Unfalls, neben den Beschädigungen an Fahrzeugen oder der Spurenlage auf der Straße.

Ist der Zugriff auf Daten durch die Blackbox leichter oder kommt man gar an welche, die zuvor nicht abrufbar waren?

Der Zugriff ist insofern leichter, als es nun eben einen standardisierten technischen und gesetzlichen Rahmen dafür gibt, welche Daten in einer zeitlicher Reihenfolge genau zu speichern sind und wie sie ausgelesen werden können. Schon bisher haben die allermeisten Fahrzeuge solche Daten aufgezeichnet. Beim Zugriff waren Unfallanalytiker aber oftmals auf die Kooperationsbereitschaft von Fahrzeugherstellern angewiesen. Die ist nicht in allen Fällen gleichermaßen vorhanden, selbst wenn ein Gericht die Untersuchung der Daten angeordnet hat. Wie gesagt: Die Daten an sich sind nicht neu – aber der geregelte Zugriff kann trotzdem einen großen Unterschied ausmachen.

Gibt es Kritik, in welchen Punkten das System oder die Gesetzgebung überarbeitet werden sollte?

Es steht zur Diskussion, ab welchem Zeitpunkt die vorkollisionären Daten gespeichert werden sollen. Für die Unfallanalyse und die Ermittlungsbehörden sind ein möglichst großer Zeitrahmen sowie die eindeutige Zuordnung der Daten von Bedeutung, was Fragen hinsichtlich des Datenschutzes aufwirft. Außerdem ist gesetzlich nicht geregelt, mit welchen Mitteln die Daten ausgelesen werden sollen. Das führt dazu, dass der Einsatz öffentlich zugänglicher Diagnosewerkzeuge nicht immer zum Erfolg führt und die Kooperation mit den Zulieferern erforderlich wird.

Herr Rücker, vielen Dank.

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