Mysteriöser Wassereinbruch
Neulich kam ein noch recht junger Kunde in unsere Werkstatt und klagte über Wassereinbruch in den Kofferraum seiner Mittelklasse-Limousine. Nach jeder Regenfahrt sei der Kofferraum von innen nass. Wir überprüften daraufhin sorgfältig den Heckscheibengummi sowie die Dichtung der Heckklappe, konnten jedoch keine Beschädigungen feststellen.
Auch die Wasserprobe, bei der ein Kollege im Kofferraum alle kritischen Stellen beobachtete, während ein anderer von außen mit einem Schlauch das Fahrzeugheck mit Wasser überflutete, brachte uns nicht weiter. Unserer Erkenntnis nach war der Kofferraum wasserdicht.
Doch nach der nächsten Regenperiode war unser Kunde wieder da – diesmal mit tatsächlich nassem Kofferraum. Als wir nach langem Suchen, Ausprobieren und simulierter Sintflut nicht mehr weiterwussten, kam ein Kollege auf eine merkwürdige Idee. Ihm waren die leistungsstarken Lautsprecher in der Hutablage und der etwas überdimensionierte Verstärker im Kofferraum aufgefallen. Er schaltete die Stereoanlage auf ohrenbetäubende Lautstärke, schloss alle Türen und beobachtete die Heckscheibe. Wir staunten nicht schlecht, als wir entdeckten, dass diese bei jedem Bassschlag ein beachtliches Stück aus ihrer Ruheposition gehoben wurde.
Bei einer erneuten Wasserprobe, diesmal mit eingeschalteter Stereoanlage, kamen wir der undichten Stelle auf die Spur: Die Auf- und Abbewegung der Heckscheibe „pumpte“ förmlich das Wasser am Heckscheibengummi entlang in den Kofferraum. Leider konnten wir unserem Kunden da nicht weiterhelfen, außer ihn mit der Empfehlung, bei Regen die Lautstärke seiner fahrbaren Disco-Anlage zu drosseln, auf die Reise zu schicken.
Dieser Zu-Ende-denken-Fall ist in folgendem Buch erschienen:
Zu Ende denken… Band 1 – Knifflige Fälle aus dem Werkstattalltag
11. Auflage 2017, von Georg Blenk, 112 Seiten, zahlreiche Abbildungen, 12,80 Euro
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